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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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Sigfrids Körper erlosch, und der Leichnam des Helden wie ein dunkler Schatten regungslos im Wasser liegenblieb. Plötzlich strömte eine schreckliche, verzehrende Hitze durch seine Adern. Die Wut brannte in dem kühlen Kopf, und er verlor die Klarheit seines Denkens. Ein Blitz schien ihn getroffen zu haben. Der blendende Schein spiegelte sich in dem fließenden Wasser. Die Hunde heulten auf und flohen von seiner Seite. Die Gesichter der Männer wurden blaß, als sie ihn ansahen. Er stand grau und wie zu Eis erstarrt im dunkelvioletten Licht des lodernden Himmels. Folker sank auf die Knie, Giselher, Rumold und auch Dankart bekreuzigten sich. Hagen streckte die Hand nach Gunter aus, aber sein Bruder wich mit aufgerissenen Augen entsetzt vor ihm zurück und begann heftig zu zittern. Über ihnen krächzten die Raben, aber ihr Ruf kam schon aus weiter Ferne:
    »Stellt die Tafel auf... füllt die Krüge mit Met... ein Held kommt in die Halle...«
    Erst der schauerliche Klang der eigenen Stimme, die von den Felsen als Echo widerhallte, drang in Hagens Bewußtsein. Noch unter dem Einfluß der Wut konnte er nicht stillstehen, sondern sprang hinunter in den Bach, wo Sigfrid im Wasser lag. Er nahm den Toten auf beide Arme, ohne das Gewicht zu spüren, und trug ihn zu den Jägern, die ihn in namenlosem Schrecken anstarrten.
    »Entzündet die Fackeln!« rief Hagen. »Es wird dunkel. Bindet ihn auf ein Pferd und bringt ihn mit unserer Jagdbeute zurück, denn jetzt wird die Königin bereit sein, zu dem Fest zu erscheinen.« Er legte die Leiche auf das trockene Gras, stellte den Fuß auf Sigfrids Rücken, zog den Speer heraus, hob ihn hoch und stieß ihn mit der stumpfen Seite in die Erde.
    Niemand bewegte sich. Es dauerte eine Weile, bis Hagen begriff, daß keiner wagte, sich ihm zu nähern. Er ging mit großen Schritten unter die Bäume und sah von weitem zu, wie Gunter sich langsam dem Toten näherte. Der König der Burgunder kniete neben seinem Rivalen. Hagen sah, wie die Schultern seines Bruders bebten, als er Sigfrids Leiche umdrehte und versuchte, mit seiner Tunika Gras und Schlamm von Sigfrids Gesicht zu wischen. Hagen glaubte, Worte zu hören, aber Gunter sprach so leise, daß auch er nichts verstand. Der König hob schließlich die Hand. Giselher, Irtwin und Gernot traten näher, und zusammen hoben sie den Leichnam hoch. Seine Arme hingen schlaff herunter, als die Männer ihn auf ihre Schultern legten. Der rechte Arm prallte gegen Irtwins Rücken. Der junge Mann schrie auf und sprang zur Seite, sodaß die anderen stolperten und beinahe gefallen wären. In der einsetzenden Dunkelheit sah Hagen nur noch die schattenhafte Gestalt, die mit den vier Männern zu einem achtbeinigen Pferd zu verschmelzen schien, das den Kopf hängenließ. Er wartete unter den Bäumen, bis alle ihm den Rücken zugewandt hatten und Sigfrids Leiche folgten. Keiner blickte zurück, als fürchteten sie zu sehen, wie er ihnen folgte.

    *

    Das sanfte Licht der Abendsonne schien auf die große Halle. Gudrun saß auf ihrem Platz und beobachtete die Mägde. Einige reinigten die Bänke, streuten frische Kräuter und Stroh unter die Tische, andere füllten die großen Krüge aus rotem römischen Ton mit Wein. Hin und wieder stand Gudrun auf und hielt unruhig Ausschau nach den Jägern.
    Brünhild hatte ihr Zimmer den ganzen Tag über nicht verlassen. Gudrun hatte ihr etwas zu essen und zu trinken bringen lassen, aber Gunters Frau rührte nichts an. Gudrun wußte nicht, ob Brünhild noch lebte oder bereits tot war, ob sie schlief oder in ihrem Zimmer einen tödlichen Walkürenzauber vorbereitete. Nur der eine Gedanke tröstete sie, daß wenigstens Sigfrid unverwundbar war, und Sigmund noch immer bei Costbera und ihren Kindern spielte, während sich Schwanhild in der sicheren Obhut von Hildkar und Olwin befand. Wenn Brünhild etwas Böses tun wollte, dann würde sie bestimmt Gudrun angreifen...
    Gudrun umfaßte den goldenen Dolchgriff und wünschte, sie hätte wie Hagen die Möglichkeit, heute abend bei dem Fest ein Kettenhemd und eine Waffe zu tragen.
    Plötzlich ertönte ein lauter tiefer Schrei. Der unverhüllte Schmerz ließ Gudrun erschauern. Sie sprang auf und rannte hinaus. Sie folgte dem Aufschrei, der nicht endete, und hörte, wie Holz unter heftigen Schlägen splitterte und brach.
    Gudrun hatte fast die Stallungen erreicht, als das Tor aufsprang und Grani in den Hof galoppierte, stieg und gequält laut wieherte. Vor seinen Nüstern stand weißer

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