Rheinmaerchen
fielen nun über sie her und prügelten sie braun und blau, legten sie dann ohnmächtig auf den Esel, der seinen Weg nach Hause verfolgte.
Indessen war Murmeltier mit ihrer Herde schon nach Hause gekommen und stand mit ihrem Spinnrocken unter der Türe im Abendschein. Da kam der Jäger, der ihr die Birnen abgekauft, zu Pferde angeritten, stieg ab und band sein Pferd an das Fenstergitter. Geschwind lief Murmeltier hinein und sagte der Frau Wirx, wer da sei. Sie kam mürrisch heraus; aber der Gedanke daß der Mann, der die Birnen so gut bezahlt, viel Geld haben müsse, machte sie kriechend und freundlich. »Was verlangt der gnädige Herr Ritter?« sagte sie, »wer ist Er? womit kann ich dienen?« Er sprach:
Ich bin Konrad, der müde Mann,
Und sprech Euch um Nachtherberg an.
Da sagte Frau Wirx:
Um Silber und um Gold
Könnt Ihr haben, was ihr wollt.
Da stieg der Jäger ab und sprach zum Murmeltier:
Nun, Jungfrau, liebste Jungfrau mein!
Schenkt mir einen Becher kühlen Wein ein.
Da jagte Frau Wirx das Murmeltier zankend in den Keller nach Wein, den sie bald brachte und dem Jäger mit den Worten darreichte:
Ach Ritter, liebster Ritter mein!
Hier nehmt von mir den kühlen Wein.
Der Ritter aber wollte nicht zuerst trinken und reichte ihr den Becher mit den Worten zurück:
Trink erstlich ab, du roter Mund!
Dann leer ichs Glas bis auf den Grund.
Murmeltier trank ein wenig ab und gab ihm den Becher freundlich wieder, den er austrank. Die Frau Wirx aber jagte sie in die Küche und sagte, sie solle nicht so frech sein. Als der Ritter mit ihr allein war, sprach er zu Frau Wirx:
Frau Wirthin, liebe Frau Wirthin mein!
Ist dies fürwahr Euer Töchterlein?
Sie sagte:
Es ist nicht sowohl mein Töchterlein
Als mein Küchensudel, mein schmutzig Schwein.
»Nun,« sagte der Ritter, »wollt ihr sie mir heute nacht auf meine Kammer geben, so sollt ihr Geld und Gut haben, so viel Ihr wollt.« – »Ihr könnt tun, was ihr wollt«, sagte die böse Frau Wirx. »Nun, so laßt sie mir ein Fußbad machen und heraufbringen«, sprach der Ritter Konrad und ging nach seiner Stube.
Frau Wirx nahm nun eine hübsche Badewanne aus dem Schrank und gab sie dem Murmeltier mit dem Befehl, sogleich ein Fußbad mit Kräutern für den Ritter zu machen und ihm zu bringen. Als sie nun in den Garten ging, Majoran zu brechen, setzte sich auf einmal eine Amsel, die zahm im Haus herumzufliegen pflegte, vor sie auf einen Baum und sang:
In dem Badwännlein bist du hergetragen,
Darin mußt du ihm die Füße zwagen;
Dein Vater starb in Leid und Not,
Deine Mutter grämet sich zu Tod.
O weh! du armes Findelkind!
Weißt nicht, wer Vater und Mutter sind.
Aber sie verstand seine Sprache nicht und wunderte sich nur, daß der Vogel, der sonst immer geschwiegen hatte, so gesprächig geworden war; denn er wiederholte ohne Unterlaß die nämliche Weise. Nun kam der gute Biber und sagte ihr, was die Amsel gesungen, und sie verwunderten sich beide darüber, denn sie verstanden es nicht. Murmeltier aber ward sehr traurig über den Gesang und machte sich allerlei wunderliche Gedanken.
Als sie nun das heiße Wasser über die Kräuter in der Küche ins Badwännlein goß, kam die Mutter Wirx und sagte ihr: »Marsch! packe dich hinauf zu dem Gast, und daß du mir nicht wieder herunterkömmst; du mußt mir heute nacht bei ihm bleiben; er will es haben und giebt mir hundert Goldstücke dafür.« – »Ach!« weinte Murmeltier, »er wird mich doch nicht kränken und beleidigen, er war so freundlich gegen mich!« Da flog die Amsel wieder her und sang ihr Lied, worüber sie in große Sorge geriet und nach ihrem Strauß sah, den ihr der Müller gegeben, ob er ihr irgend eine Gefahr andeute; aber der Strauß war frisch und blühend, und sie fürchtete sich nun nicht mehr; aber weinen mußte sie doch aus einer geheimen inneren Schwermut.
Als sie das Bad hinauftragen wollte, zupfte sie der Biber nochmals am Rock und sprach: »Liebes Murmeltier! vergiß mich nicht, vergiß mich nicht; es steht etwas Großes bevor, denn die Amsel singt noch immer.« Sie nahm Abschied von ihm –
Und trug nun das Badwännlein
Wohl in des Herren Kämmerlein;
Sie fühlt hinein, obs nicht zu warm
Und weint dazu, daß Gott erbarm.
Der Ritter sprach: »Warum weinst du dann,
Schein ich dir nicht ein guter Mann?«
Sie sprach: »Ihr scheint ein frommer Mann,
Ich wein über unserer Amsel Sang,
Ich war im Garten und brach das Kraut,
Da sang die Amsel hell und laut:
‘In dem Badwännlein ist sie
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