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Rheinmaerchen

Rheinmaerchen

Titel: Rheinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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schöne Erfindung, ist aber, wie vieles Alte, wieder abgekommen.
    Diese Kerntruppe wurde auch erstaunlich gelehrt, Tag und Nacht stand der Oberprofoß, wovon nachher das Wort Professor gekommen, bei ihnen im Kerker, lehrte sie die verschiedenen Sprachen von Trier bis Mainz sprechen und die verschiedenen Weine durch Beschreibung, der Nüchternheit halber, kennen; der Tambourmajor lehrte sie heldenmäßige fürchterliche Stellungen, nach alten Heldenfiguren, die noch an allen Ecken standen; auch die Kunst, selbst im Schlaf mit gestreckten Beinen und martialischem Schnarchen einen gewaltigen Eindruck zu machen, erlernten sie, was gegen nächtliche Überfälle eine unfehlbare Waffe ist; dann lehrte sie, abwechselnd mit der Kunst resolut zu sterben, der Feldprediger den Umgang mit Menschen und Vieh, und der Staatstrompeter gab Unterricht, sich mit Aufblasen ein Ansehen zu geben, in der Eile die schönsten Proklamationen selbst zu machen und in Chören abzusingen. Der General selbst gab Unterricht in der Weltgeschichte aus dem gehörnten Siegfried, der schönen Magelona, der Genovefa, den vier Haimonskindern u.s.w., und da sie nun ausmarschierten, las man ihnen auf dem Marsche die Schwabenstreiche, das Lalenbuch und die Schildbürger vor, und Komma und Punktum wurde mit Trommel und Pfeife dazwischen bemerkt.
    In solcher tiefsinnigen Gelehrsamkeit marschierten sie, einer hinter dem andern, um kein Aufsehen zu machen, auf den kleinen Fußpfaden, ohne weiteren Unfall, als daß der Trommelschläger einigemal semicolor statt duo puncta und einmal Fragezeichen statt Ausrufungszeichen trommelte, wodurch große Unordnung in den Marsch kam, weil sie das linke Bein mit dem rechten verwechselten.
    In einem solchen zerstreuten Augenblick kamen sie in die Gegend, wo eben der Storch Langebein seine Schuljungen zusammenklapperte; da glaubten sie, der Tambour schlage et cetera , was das Zeichen zum allgemeinen Davonlaufen war. Mit ungemeiner Genauigkeit wurde dieses Manöver ausgeführt. Meister Langebein mußte, um nicht über den Haufen gerannt zu werden, in die Lüfte fliegen, und da sie seinen roten Schnabel für einen feurigen Kriegskometen hielten, so liefen sie in forcierten Märschen. Nun schlug zwar der Prinz Mausohr selbst Parenthesis und Claudatur ; aber vergebens; er stand allein auf der Wiese und Meister Langebein kam vor ihm niedergeflogen.
    Obschon nun der Storch Langebein sich aus den Lüften herabließ, so gab ihm doch Prinz Mausohr an Herablassung nichts nach; denn er drückte ihn Allerhöchst zärtlich an sein Herz, wobei der Storch den Schnabel auf den Rücken legte und mit zugedrückten Augen einen respektvollsten Klapperlispel ergehen ließ. Es war dieses eine Gruppe von der größten Anmut und Wirkung und ist nachher von den Bildhauern, Tänzern, Kunstbäckern und Hundepantomimen oft mit Beifall wiederholt worden. Langebein legte aber früh genug seinen Schnabel wieder in die erste Position, um nicht ein Opfer dieses schönen Augenblicks zu werden; denn Mausohr drückte stark, und die vielen blanken Knöpfe, Schnallen und Zieraten auf seiner Brust machten einen etwas starken Eindruck auf Langebeins hagere Brust, so daß ihm das Übermaß seiner Empfindung nächst gefährlich ward. Es wäre zwar ein beneidenswerter Tod gewesen, aber der Titel als Kommerzienrat war auch nicht zu verachten; denn diesen gab ihm Mausohr sogleich, da er ihn aus seinen Armen entließ; jedoch unter der Bedingung, ihm wieder eine solche Versammlungspfeife, wie das erstemal, zu bringen. Der Herr Kommerzienrat war gleich auf den Beinen, und Mausohr setzte sich auf die Trommel, welche der Tambourmajor bei dem allgemeinen Fluchtmanöver weggeworfen hatte. Diese Situation im Feldzug Mausohrs beschreibt eine schöne Stelle in dem Heldenbuch mit folgenden Worten:
    Der Held auf seiner Trommel sitzt,
Im schicksalvollen Wiesengrund,
Die Mütze sinnt, das Kopfloch blitzt,
Zum Pfeifen spitzet sich der Mund.
    Durch wenig Interpunktion,
Durch plötzliches et cetera
Und große Subordination
Kam seinem Heer die Flucht zu nah.
    Kommerzienrat! Kommerzienrat!
Die Sammelpfeife bring heran,
Und zeige dich mit schneller Tat
Als Favorit und Untertan.
    Es spricht der Held und läuft der Storch,
Die Pfeife lockt vom Heldenmund,
So süß, so milden Klang, horch! Horch!
O schicksalsvoller Wiesengrund.
    Rings aus dem Moor, rings aus dem Sumpf
Zieht kühn heran die Heldenschar
Und stellet sich mit schwarzem Stumpf
Schön uniform von unten dar.
    Die Pfeife lockt sie in

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