Rheinmaerchen
liegen;
Wenn ihr alle seid herein,
Räume ich euch Betten ein.
Ihr kommt wohl zur rechten Zeit,
Von hier sind gereiset heut
Erst der Neckar und die Lahn,
Ich weis’ euch die Betten an,
Wo sie lagen ausgestrecket,
Sie sind alle frisch gedecket.
Leise! leise! plätschert nicht;
Weckt den Vater Rhein mir nicht;
Er da in der Mitte lieget,
Und nachdem er eingewieget
Ameleychen hold, ein Kind,
Selbst jetzt stille Träume spinnt;
Folget mir in einer Kette,
Stoßet nicht an jenes Bette
Auf korallenroten Füßen,
Goldsand füllt die blauen Kissen,
Ameley, die Prinzessin,
Schlummert drin.
Und nun schlüpften die Jünglinge und Nymphen, eines nach dem andern, bei dem Wassermann zur Türe hinein, und er zählte sie alle. Sieh! da kam auch ein siebzehnter und ein achtzehnter; aber der wachsame Wassermann erwischte die beiden bei den Ärmeln, und da blieb ihm das Jäckchen und Hemdchen in den Händen, und der alte Karpfe mit seiner listigen Frau kriegten eine solche Ohrfeige mit dem Ruder, daß sie sich auf den Rücken legten, was bei uns Fischen ein Zeichen des Todes ist.
Nun könnt ihr euch gar nicht denken, welche Herrlichkeit da zu sehen war; die Nymphen machten einen halben Kreis und gaben nur mit Winken sich ihr Entzücken zu verstehen. Wir waren unter einem gläsernen Gewölbe, und über uns sahen wir das Gewässer mit Millionen bunter Fische, die sich mit ihren glänzenden Schuppen an das Glas anlegten und mit ihren Goldaugen hereinsahen, so daß die ganze Decke wie tausend Regenbogen durcheinander schimmerte; wo sich die Fische wegbewegten, sah man wieder zwischen wunderbaren Felsen die Sterne und den Mond durch die dunkle Flut leuchten, es war nicht zu beschreiben wie schön. Ja, wenn aller blaue Himmel eine Wiese wäre, und alle Sterne bunte Blumen, und alle Wölkchen Lämmer, und der Mond ein Schäfer, und die Sonne ein goldener Brunnen, und die Morgenröte eine erwachende Hirtin, und die Abendröte ein ermüdeter Jäger, und die Liebe zöge wie ein Lüftchen durch die Blumen und bewegte sie, und die bunten Bänder der Hirtin spielten in ihr, und die Locken des Jägers wehten in ihr, und der goldene Brunnen spränge und ergöße sich durch die Wiesen, und die Lämmer tränken aus ihm und der Schäfer stellte einen bunten Stab in den Brunnen vor die Augen der Lämmer, und alles wäre selig, und ihr läget unschuldig wie euer Ameleychen in der Wiege und sähet alles das im Traum: so wäre es doch nicht halb so schön, als was ich da sah.«
»Nun, nun,« sagte der Fischer, »du machst es auch gar zu schön; Fische bleiben doch Fische, und Wasser Wasser.« – »Ach!« sagte Marzibille, »es ist mir nur lieb, daß es schön ist; ich wollte, es wäre noch tausendmal schöner, wegen Ameleychen, das nun einmal dort ist; aber erzähle fort, Goldfischchen! ich vergehe vor Ungeduld, von meinem lieben Kinde zu hören.«
»So sah es aus, wenn man über sich sah,« fuhr Goldfischchen fort, »ein solcher Himmel lag über Ameleychen und den übrigen Kindern. Aber als ich hinabsah, da ging mir das Herz erst auf, und wäre ich schier vor Freuden aus dem roten Schuh gesprungen! Rundherum ging eine breite Stufe nach der andern hinab, und auf allen standen im Kreis herum eine Wiege, ein Bettchen am andern, und wir sahen in einen offenen Himmel von tausend schlummernden Kindergesichtern; auf der einen Seite des Kreises schlummerten alle Mägdlein, auf der andern alle Knaben. Tief unten aber stand auf der einen Seite ein schönes Bett von lauter Korallen, darauf schlummerte die Prinzessin Ameley; auf der andern Seite stand ein Bett von Felsenstein mit Goldsand gefüllt, darauf schlief der alte Vater Rhein, ein gar ehrwürdiger, großer und starker Greis, sein langer grüner Schilfbart hing von seinem Lager herab über eine artige gläserne Wiege, und, ach Frau Marzibille! wer schlummerte in dieser Wiege?« – »Ach mein blondes Ameleychen«, schrie die Fischerin und weinte vor Freude.
»Ja, Ameleychen schlummerte da«, sagte Goldfischchen, »und lächelte im Traume und hatte rote Bäckchen, wie hier, und hatte seine Händchen gefalten, wie hier, und seine Kleiderchen lagen ordentlich und reinlich zusammengelegt auf dem kleinen Schemel, der bei seinem Bette stand, wie hier.«
»Ja, es war immer ein gutes und frommes Kind«, sagte jetzt der Fischer und weinte auch.
Was das Goldfischchen weiter von den Wundern erzählt, die es bei dem alten Vater Rhein gesehen.
»Nun aber«, fuhr Goldfischchen fort, »muß ich euch auch noch sagen,
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