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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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den der Stiftspropst seit langem wegen der Vorgänge rund um seine Kirche hatte, beherrschte die Gedanken des Kirchenmannes. Dennoch war eine Decke angebracht: Die beiden Opfer trugen außer je einem T-Shirt keinerlei Kleidung.
    Dieser Einsatz hatte das Zeug dazu, zu einer Legende in der Polizeiinspektion Landshut zu werden. Wahrscheinlich würde er sogar den Fall übertreffen, der bislang der Spitzenreiter war. Bei diesem war die Polizei von den Nachbarn zu einer Altbauwohnung gerufen worden, aus der gellende Hilferufe zu hören gewesen waren. Die Beamten hatten im Schlafzimmer eine breitbeinig mit Seidentüchern aufs Bett gefesselte Frau gefunden und einen zusammengebrochenen Schlafzimmerschrank. In den Trümmern des Schranks hatte Batman gelegen, mit zwei gebrochenen Beinen und einem Fledermausanzug aus billigem Polyester, der unterhalb des Bat-Gürtels eine strategische Aussparung hatte.
    Die Polizisten hatten sich bei diesem Einsatz vorbildlich verhalten, nur der Einsatzleiter hatte sich die Bemerkung nicht verkneifen können, dass es beim nächsten Mal genügen würde, das Bat-Symbol an die Wolken zu strahlen, um die Polizei zu Hilfe zu rufen.
    »Wir nehmen Ihnen jetzt die Knebel ab«, sagte Peter zu den jungen Leuten. Er und Flora zogen sich Gummihandschuhe über. Peter musste der Versuchung widerstehen, sie schnalzen zu lassen. »Für die Augenbinden brauchen wir Spezialisten …«
    »Augenbinden!«, murmelte Flora und bückte sich.
    Der junge Mann und die junge Frau waren mit hochgelegten Füßen an das metallene Geländer gefesselt worden, das die wenigen Stufen zum Portal hinaufführte. Als Fesseln hatten die Beinkleider der beiden herhalten müssen. Die Hände hatte der Täter ihnen mit Paketklebeband hinter dem Rücken zusammengebunden. Über den Mündern klebte je ein weiterer großzügiger Streifen Paketklebeband – sowie über den Augen. Sie abzulösen würde nicht ohne Schmerzen vor sich gehen, aber das sollten die Sanitäter machen. Der junge Mann trug außerdem einen dünn ausrasierten Bart. Es half nichts: Auch wenn Peter und Flora die Augen verklebt ließen, musste doch der Knebel entfernt werden, und so würde der arme Teufel eine ruckartige Trockenrasur über sich ergehen lassen müssen. Es würde der vorhandenen Pein einen weiteren Schmerz hinzufügen: Die linke Wange des jungen Mannes war geschwollen, wo ein heftiger Schlag ihn getroffen haben musste, und schillerte blutunterlaufen unter dem Paketband hervor.
    Er stöhnte, als Peter das Paketband abriss, dann spuckte er ein Stück durchgespeichelten Stoff aus. Peter zog eine Braue in die Höhe. Es war ein schwarzer Tanga. Um den Mund herum färbte sich die Haut des Mannes rot. Viel war von seinem dünnen Bart nicht übrig geblieben.
    Flora hatte die junge Frau ebenfalls befreit, doch diese war so hysterisch, dass Peters Partnerin ihr den Knebel mit spitzen Fingern aus dem Mund ziehen musste. Er entpuppte sich als Männerslip, bei weitem weniger attraktiv als der Tanga, aber ebenso nass. Der Täter hatte Symmetrieverständnis bewiesen beim Einsetzen der Knebel. Das Goldkettchen mit dem Kruzifix daran, das um den Hals der jungen Frau hing, hatte er nicht an sich genommen.
    »Und jetzt?«, fragte Stiftspropst Tiodoro und sah Peter missmutig an.
    »Jetzt holen wir die Spurensicherung, nehmen den Tatort ab, bringen die beiden hier ins Krankenhaus, lassen ein Protokoll aufnehmen, was ihnen zugestoßen ist, und bedanken uns bei Ihnen, wenn Sie im Lauf des heutigen Vormittags zu uns rüberkommen, um Ihre Zeugenaussage zu machen.«
    »Nehmen Sie eine von den unzähligen anderen Zeugenaussagen, die ich euch schon gegeben habe«, sagte der Stiftspropst.
    »Nicht ins Krankenhaus«, stieß die junge Frau hervor. »Und bitte keinen Rettungswagen!«
    Peter zuckte mit den Schultern. »Sie sind womöglich unterkühlt, Sie müssen …«
    »Mein Freund ist Rettungssanitäter«, erwiderte sie.
    Flora zog eine Augenbraue hoch. »Und er?« Sie wies auf den jungen Mann.
    Dieser wand sich vor Verlegenheit. »Ich bin kein Rettungssanitäter«, murmelte er.
    Peter vermied es, seine Kollegin anzublicken, weil sein Lachen sonst laut aus ihm herausgeplatzt wäre.
    Eine Stunde später war der Himmel grau, die Martinskirche ein Schattenriss vor der beginnenden Dämmerung und der Tatort geräumt, alle Spuren gesichert und das unglückliche Pärchen ins Krankenhaus verfrachtet. Der Stiftspropst war seufzend in Richtung Pfarrhaus gestapft. Peter konnte ihn verstehen. Der

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