Riley - Die Geisterjägerin - Noël, A: Riley - Die Geisterjägerin - N.N. 3 (nach "Radiance" - The Riley Series)
lassen. Das Ganze zu verstehen und sich entsprechend zu verhalten waren wohl zwei unterschiedliche Dinge. Ich war eindeutig noch nicht dreizehn, weil ich dafür noch nicht bereit war und es auch nicht verdient hatte.
»Der äußere Schein ist für dich sehr wichtig. Versuch nicht, das abzustreiten – du weißt genau, dass du ständig Menschen nach ihrem Äußeren beurteilst. Wie hast du mich genannt, als wir uns kennen lernten?« Er sah mich an und wollte mich offensichtlich dazu bringen, es auszusprechen und es zuzugeben. Ja, es stimmte. Ich nannte ihn damals Loser und Streber, und manchmal tue ich das auch heute noch. Aber ich weigerte mich, ihm das zu sagen. Ich wollte keine Spielchen mehr. Ich wollte, dass es aufhörte, dass dieses erniedrigende Gespräch endlich vorüber war und ich mich auf den Heimweg machen konnte.
»Wie auch immer – ich glaube, wir beide wissen, wie
du mich genannt hast. Worum es aber eigentlich geht, ist …« Er legte eine Pause ein, um mich darauf hinzuweisen, dass nun etwas Wichtiges kam, worüber ich gründlich nachdenken sollte. »Du solltest begreifen, dass der äußere Schein nur ein Ausdruck davon ist, wie wir uns selbst sehen .«
Hä?
Ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Jetzt schenkte ich ihm meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Gedanken erschaffen etwas, richtig?« Er wartete darauf, dass ich nickte oder ihm auf irgendeine Weise zustimmte, also tat ich es. »Wenn man das berücksichtigt, kann man daraus schließen, dass die Art und Weise, wie man sich selbst sieht, eine direkte Wirkung darauf hat, was aus einem wird und wie die anderen einen sehen.«
Ich blinzelte. So ganz verstand ich das nicht.
»Nimm Aurora zum Beispiel. Aurora sieht sich selbst nicht nur als Mitglied der Menschheit, sondern als Teil aller Menschen. In ihren Augen gibt es keinerlei Grenzen welcher Art auch immer zwischen ihr selbst und allen anderen. Daher sieht man die Schönheit von allem, wenn man sie anschaut. Ihr Teint ist eine Mischung aus allen Gesichtsfarben, die es gibt, und bei ihrem Haar verhält es sich ebenso – es umfasst das gesamte Farbspektrum und verändert sich ständig. Aber du, Riley, du bist so sehr darauf fixiert, dass du für alle Ewigkeit zwölf bleiben könntest, wie du es selbst beschreibst. Du steckst fest in deinem Zorn und bist wild entschlossen, irgendeine
Abkürzung auf deinem Weg zu finden, so dass du dir letztendlich selbst damit schadest. Du steigerst dich so sehr hinein, dass du dich selbst gefangen hältst. Wenn du wirklich erwachsen werden willst, dann musst du dich selbst als Erwachsene sehen können. Und – nimm es mir nicht übel – du musst auch anfangen, dich wie eine Erwachsenen zu verhalten. Das bedeutet, keine Gefühlsausbrüche und Wutanfälle mehr. Unterm Strich betrachtet bist es du selbst, die sich blockiert, Riley.«
Autsch.
Ich will ehrlich sein – diese Worte taten mir richtig weh. Und ich fühlte mich gedemütigt und beschämt. Vor allem deshalb, weil ich die Wahrheit nicht erkannt hatte, obwohl sie kaum zu übersehen war.
»Du kannst es nicht erzwingen, Riley. Auf die Weise, wie du es versucht hast, wirst du nichts erreichen. Im Hier und Jetzt gibt es keine Geburtstage – hier wird man erwachsen, wenn man bereit dazu ist.«
Ich seufzte. Das klang fast genauso wie das, was Ever in ihrem Traum zu mir gesagt hatte. Ich schaute Bodhi an. »Aber du hast mir einmal gesagt, dass ich im Handumdrehen die Ebene 1.5 hinter mir lassen könnte, wenn ich weiterhin gute Arbeit leistete! War das etwa auch eine Lüge?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Das war keine Lüge. Das war und ist hundertprozentig wahr. Aber bisher hast du dir Sorgen um die Seelen gemacht, die du über die Brücke gebracht hast. Du hast dich dabei zwar in Gefahr
begeben und bist trotz meiner Warnung auf eigene Faust losgezogen, aber der große Rat war bereit, darüber hinwegzusehen, weil es trotz allem klar war, dass du dich wirklich darum bemüht hast, diesen armen Seelen ein Weiterkommen zu ermöglichen. Und ich denke, dass dir letztendlich auch Satchel am Herzen lag, denn seine Geschichte ist wirklich sehr traurig. Aber ich glaube, wir wissen beide, dass du dich in erster Linie so ins Zeug gelegt hast, um dir selbst weiterzuhelfen. Deine Beweggründe waren eigennützig, Riley, und es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass es dafür keine Belohnung gibt.«
Ich starrte auf meine Füße und erinnerte mich daran, was die ganze Sache eigentlich ins Rollen gebracht hatte
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