Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
Erdatmosphäre.
Überdies empfing das Schiff zwei gerichtete Funksignale.
Die Signale machten alles klar. Rammroboter Nr. 143 mußte sich noch nicht einmal entscheiden, welches von beiden er beantworten sollte, denn ihre Quellen waren weniger als einen Kilometer voneinander entfernt. Tatsächlich stammten sie von den zwei auf Mount Lookitthat gelandeten Kolonieschiffen, die durch ein ausladendes Gebilde miteinander verbunden waren – dem Hospital –, so daß sie nicht länger Raumschiffe, sondern die seltsam aussehenden Türme einer Art Bungalowsiedlung waren. Doch der Rammroboter wußte das nicht, und das war auch nicht nötig.
Es waren Funksignale. Rammroboter Nr. 143 nahm Kurs auf die Umlaufbahn.
Der Boden vibrierte unter seinen Füßen, und aus allen Richtungen kam ein gedämpftes, stetes Donnern. Jesus Pietro Castro schritt die verschlungenen, labyrinthartigen Gänge des Hospitals entlang.
Auch wenn er schrecklich in Eile war, hatte er dennoch nicht ein einziges Mal daran gedacht loszurennen. Immerhin war er hier ja nicht in einer Sporthalle. Statt dessen bewegte er sich mehr wie ein Elefant, der zwar nicht rennen, aber schnell genug gehen konnte, um einen fliehenden Menschen zu zertrampeln. Jesus Pietro hatte den Kopf gesenkt, und er machte so große Schritte, wie er nur konnte. Seine Augen funkelten unheimlich unter den dichten Augenbrauen, die ebenso weiß waren wie sein buschiger Räuberschnurrbart und sein volles Haar, was insgesamt einen starken Kontrast zu seiner dunklen Haut bildete. Als er an Beamten der Vollstreckungspolizei vorübereilte, nahmen sie Haltung an oder sprangen ihm aus dem Weg wie Fußgänger vor einem heranrasenden Bus. War es sein Rang, den sie fürchteten, oder seine kräftige, massige Gestalt? Vielleicht wußten sie es noch nicht einmal selbst.
An dem großen Steinbogen, der den Haupteingang des Hospitals bildete, blickte Jesus Pietro nach oben und sah einen hell strahlenden, blau-weißen Stern. Im selben Augenblick, da er ihn entdeckte, verlosch der Stern, und nur Augenblicke später verstummte das alles durchdringende Donnern.
Ein Jeep wartete auf Jesus Pietro. Das war gut. Hätte er sich erst einen rufen müssen, hätte das jemandem sehr leid getan. Er stieg ein, und der Fahrer hob sofort ab, ohne auf den entsprechenden Befehl zu warten. Das Hospital mit seinen Mauern und Sicherheitsfeldern fiel rasch hinter ihnen zurück.
An Fallschirmen segelte das Paket des Rammroboters herab. In der Luft befanden sich noch weitere Wagen; ständig änderten sie ihren Kurs, während die Fahrer zu raten versuchten, wo genau das Paket zu Boden sinken würde. Daß es nicht weit vom Hospital entfernt niedersegeln würde, war klar. Der Rammroboter hatte mit Sicherheit auf eines der beiden Schiffe gezielt, zwischen denen das Hospital wie ein Lebewesen gewachsen war.
Aber der Wind war heute ungewöhnlich stark.
Jesus Pietro runzelte die Stirn. Der Fallschirm würde über den Klippenrand hinweggeweht werden. Er drohte auf dem Alpha-Plateau niederzugehen, wo die Crew ihre Häuser errichtet hatte und wo keine Kolonisten geduldet wurden.
Und das tat er auch. Die Wagen flogen ihm hinterher wie ein Gänseschwarm und folgten ihm über die vierhundert Fuß hohe Klippe hinweg, die das Alpha- vom Beta-Plateau trennte, wo Obstplantagen sich mit Feldern und Weiden abwechselten. Auf Beta gab es keine Häuser, denn die Crew duldete nicht, daß Kolonisten in ihrer Nähe wohnten; allerdings durften Kolonisten dort arbeiten.
Jesus Pietro griff nach dem Funkgerät. »Achtung«, sagte er. »Rammroboter-Paket Nr. 143 landet im Beta-Sektor … 22 ist in der Nähe. Schickt vier Staffeln hinter uns her. Unter gar keinen Umständen irgendwelche Wagen aufhalten oder Crewmitgliedern in die Quere kommen; Kolonisten, die sich im Umkreis eines Kilometers vom Paket aufhalten, sind jedoch sofort festzunehmen. Sie werden nur zum Verhör festgehalten, und danach seht ihr zu, daß ihr wegkommt!«
Das Paket schwebte über einen halben Morgen Zitronenbäume hinweg und landete am anderen Ende der Plantage.
Einer der letzten Rammroboter hatte die genetisch veränderten Vorfahren der Obstbäume mitgebracht – zusammen mit noch einigen anderen Produkten terranischer Bioingenieurskunst. Diese Bäume besaßen eine natürliche Immunität gegenüber Parasiten. Sie konnten überall wachsen, zumal sie sich auch mit anderen Bäumen ihrer Art nicht um Licht oder Wasser stritten und sich so gegenseitig im Wachstum behinderten. Die
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