Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
sie tatsächlich hier anrufen, bleiben wir höflich, haben aber keine Zeit. In Ordnung, Liebes?«
    »Natürlich, Tom.«
    »Und falls sie so dreist sein sollten, an der Tür zu klingeln, lassen wir sie nicht herein. Keine Sorge, ich werde Madame Annette vorwarnen.«
    Héloïse runzelte nachdenklich ihre sonst so glatte Stirn unter dem blonden Haar. »Was ist los mit ihnen?«
    Die Frage war so arglos, daß Tom lächeln mußte. »Mein Gefühl sagt mir…« Er zögerte. Gewöhnlich sprach er mit ihr nicht über seine Ahnungen, aber in diesem Fall wäre es nur zu ihrem Schutz. »Die beiden scheinen mir nicht normal.« Tom senkte den Blick auf den Teppich. Was war schon normal? Darauf wüßte auch er keine Antwort. »Ich glaube, sie sind nicht verheiratet.«
    »Na und, wenn schon?«
    Tom lachte, griff nach der blauen Schachtel Gitanes auf dem Couchtisch und zündete sich mit ihrem Dunhill-Feuerzeug eine Zigarette an. »Ganz recht, mein Schatz. Aber warum beobachten sie mich? Hab ich dir nicht gesagt, daß ich meine, ich hätte ihn, womöglich auch beide, vor kurzem auf einem Flughafen gesehen? Und sie hätten mich angestarrt?«
    »Nein, hast du nicht.« Sie klang sehr überzeugt.
    »Nicht daß ich meine, es wäre wichtig… Aber ich schlage vor, bei eventuellen Annäherungsversuchen höflich auf Distanz zu gehen. Okay?«
    »Ja, Tomme. «
    Er lächelte. »Hat früher schon Leute gegeben, die wir nicht mochten. Kein großes Problem.« Tom stand auf, ging um den Couchtisch herum und zog Héloïse an der Hand hoch, die sie ihm entgegenstreckte. Er nahm sie in die Arme, schloß die Augen, genoß den Duft ihres Haars, ihrer Haut. »Ich liebe dich. Ich will nicht, daß dir etwas zustößt.«
    Héloïse lachte. Sie lösten sich voneinander. »Belle Ombre scheint mir mehr als sicher.«
    »Hier kommen sie jedenfalls nicht herein.«

2
    Tags darauf fuhren Tom und Héloïse nach Fontainebleau, um die Tickets zu kaufen – Royal Air Maroc, wie sich herausstellte. Eigentlich hatten sie mit Air France fliegen wollen.
    »Die beiden Linien sind eng vernetzt«, sagte die junge Frau im Reisebüro, ein neues Gesicht für Tom. »Hotel Minzah, ein Doppelzimmer, drei Übernachtungen?«
    »Hotel Minzah, ja«, erwiderte Tom auf französisch. Bestimmt könnten sie einen Tag länger bleiben, wenn es ihnen gefiel. Das Minzah galt derzeit als Tangers beste Adresse. Héloïse war in einen Laden um die Ecke gegangen, sie wollte Shampoo kaufen. Tom ertappte sich dabei, daß er immer wieder zur Tür sah während der langen Minuten, die das Mädchen zum Ausstellen der Flugscheine brauchte, und daß er aus irgendeinem Grund an David Pritchard dachte. Dabei rechnete er nicht ernsthaft damit, daß der Mann hereinkommen werde. Hatten er und seine Frau nicht genug mit dem Einzug in ihr Landhaus zu tun?
    »Kennen Sie Marokko, Monsieur Ripley?« fragte die junge Frau und sah lächelnd zu ihm auf, während sie ein Ticket in den großen Umschlag steckte.
    Interessierte sie das wirklich, fragte sich Tom. Er lächelte höflich zurück. »Nein. Aber ich freue mich darauf.«
    »Rückflug offen. Wenn Sie sich in das Land verlieben, können Sie also noch eine Weile bleiben.« Sie gab ihm den Umschlag mit dem zweiten Ticket.
    Tom hatte schon einen Scheck ausgestellt. »Gut. Vielen Dank, Mademoiselle.«
    »Bon voyage!«
    »Merci.« Tom ging zur Tür. Bunte Plakate bedeckten die Wände: Tahiti, blaues Meer, ein kleines Segelboot und – ja, dort – das Bild, bei dem Tom zumindest im stillen stets lächeln mußte: Phuket, eine Insel vor Thailand, wie er wußte, denn er hatte es nachgeschlagen. Das Poster zeigte ebenfalls blaues Meer, gelben Strand, eine zum Meer hin geneigte Palme, gebeugt durch Jahre im Wind. Keine Menschenseele weit und breit. »Schlechten Tag gehabt? Schlechtes Jahr? Fuck it – Phuket!« Das wäre ein guter Werbespruch, dachte Tom. Würde jede Menge Urlauber anlocken.
    Héloïse hatte gesagt, sie werde im Geschäft auf ihn warten, daher wandte sich Tom draußen nach links. Der Laden lag hinter der Kirche von Saint Pierre.
    Und dort vor ihm – Tom biß sich auf die Zunge, um nicht laut zu fluchen – waren David Pritchard und seine – Mätresse? Sie kamen auf ihn zu. Tom sah sie zuerst, durch den anschwellenden Strom der Fußgänger (es war Mittag, Essenszeit), aber Sekunden später hatten die Seltsamen Zwei auch ihn bemerkt. Tom sah weg, stur nach vorn. Zu dumm, daß er den Umschlag mit den Flugscheinen noch in der Linken trug, so daß sie ihn sehen

Weitere Kostenlose Bücher