Risiko!
war, hatten seine Eltern ihm ihr Haus überlassen. Er wusste, dass sie seit Patricks Verschwinden nicht mehr dort wohnen konnten. Obwohl er inzwischen seit zwei Jahren als vermisst galt, hatten sie nichts an seinem Zimmer verändert.
Ray hatte kurz nach dem Einzug Patricks Sachen in Kartons geräumt und sie auf den Boden gebracht. Doch bis heute hatte er nicht entschieden, was er mit dem Haus machen sollte. Die Erinnerungen an seinen Bruder belasteten ihn zwar, aber sie vertrieben ihn nicht aus dem gemeinsamen Elternhaus. Vielmehr hielt ihn gerade diese Erinnerung da, als wollte er an Ort und Stelle sein, falls Patrick eines Tages zurückkehrte.
Andererseits klammerte er sich vielleicht deshalb an Heim und Herd, weil ihm klar war, dass er es in Zukunft nicht mehr haben würde. Und als er im Geiste die Liste der Immobilien durchging, die Neville & Storey ihm anboten, und sie mit seinem geräumigen Haus im Kolonialstil verglich, war er sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt eine Veränderung wollte.
Also sagte er zu Anton: “Ehrlich gesagt, hänge ich an meinem Haus. Meine Eltern sind nach Phoenix gezogen, und ich habe mehr Platz, als ich jemals brauchen werde. Und ich mag die ruhige Gegend.”
“Na ja, und außerdem dürfte es so gut wie abbezahlt sein, oder?”, sprang ihm Jess bei, der gerade mit der Gabel ein Stück Fisch aufspießte.
Ray nickte. Morgen wollten sie wieder angeln gehen. Menga hatte ihnen versprochen, sie zu Fanggründen zu schippern, wo man besonders große Rotbarsche angeln konnte. Ray überlegte jedoch, nicht mitzufahren und stattdessen den Tag mit Sydney zu verbringen. Denn ihr Urlaub näherte sich unweigerlich dem Ende.
Die “Indiscreet” sollte übermorgen in Coconut Caye eintreffen, daher war keine Zeit zu verlieren. So gesehen war es gar keine Frage mehr, ob er mit den anderen mitfahren oder doch lieber bei Sydney bleiben wollte.
“Wen interessiert denn, ob das Haus abbezahlt ist? Ray ist jung und dazu ein begehrter Single.”
Ray verdrehte die Augen.
Doug knuffte ihn in die Rippen. “Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass er da wohnt, wo die heißen Bräute sind, statt sich in einem langweiligen Vorort zu vergraben.”
“Dich interessiert doch gar nicht, ob er heiße Bräute aufreißen kann oder nicht. Du willst verkaufen, sonst gar nichts”, sagte Kinsey und knuffte ihrerseits Doug in die Rippen.
“Na ja, das schon”, gab er schmollend zu, und alle lachten. Alle außer Lauren und Anton, der sich jedoch immerhin ein halbherziges Lächeln abrang.
Ray konnte sich nicht entsinnen, je zwei Menschen gesehen zu haben, die sich so offensichtlich unwohl miteinander fühlten wie die beiden. Und das, obwohl sie bis vor wenigen Monaten noch unzertrennlich gewesen waren!
Er musste unweigerlich daran denken, wie es wohl zwischen Sydney und ihm in ein paar Wochen aussehen würde. Ob sie sich als Freunde begegnen könnten, wenn sie ihren heißen Urlaubsflirt hinter sich hatten und beide wieder in ihr normales Leben zurückgekehrt waren?
Andererseits bezweifelte er, dass sein Leben überhaupt wieder normal werden konnte, nachdem er erkannt hatte, was ihm die letzten acht Jahre gefehlt hatte.
“Falls es dich beruhigt: Wenn ich verkaufe, dann nur über euch.”
“Das wollen wir aber auch schwer hoffen. Mein Partner Neville und ich werden nicht aufgeben, bevor wir dir nicht etwas Anständiges verkauft haben.” Um seiner Drohung den gebührenden Nachdruck zu verleihen, hob Doug die Gabel in die Höhe und blickte zu Anton.
“Moment mal!”, mischte Sydney sich ein und blickte verärgert zu Doug und Anton. “Ich muss die Herren Neville und Storey doch sehr bitten. Wir leben in einem freien Land, und hier kann jeder Mensch selbst entscheiden, wo er wohnen möchte und wem er die Provision für seinen Hausverkauf zukommen lassen will. Ihr mögt ja zusammen Fußball spielen, aber dadurch seid ihr zwei nicht automatisch die besten Makler für Rays Haus.”
Ray gefiel die Art, wie sie ihn verteidigte. Lächelnd zwinkerte er ihr zu. “Keine Angst, so leicht kriegen die mich nicht rum.”
Sydney blickte theatralisch gen Himmel, bevor sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. “Ja, ja, ich weiß, der große, starke Ray kann prima auf sich selbst aufpassen.”
“Ich habe da meine Zweifel”, schaltete sich Poe ein, die ihren leer gegessenen Teller beiseiteschob und sich genüsslich streckte. “Nach dem, was Sydney uns gestern Abend erzählt
Weitere Kostenlose Bücher