Riskante Geschäfte
Zum erstenmal wurde Mrs. Havelock ein wenig unsicher. Sie ging noch näher zu ihrem Mann, während die beiden »Sekretäre« ihre Tragtaschen aufnahmen und vortraten. Major Gonzalez zog an dem Reißverschluß einer jeden. Die prallgefüllten Taschen sprangen auf und zeigten ihren Inhalt: sie waren randvoll von sauber gebündelten, amerikanischen Banknoten. Major Gonzalez breitet die Arme aus: »Alles Hundert-Dollar-Noten! Echte! Eine halbe Million! Das ist in Ihrem Geld, sagen wir, einhundert-achtzigtausend Pfund! Ein kleines Vermögen! Und es gibt noch so viele schöne Orte in der Welt, an denen sich's leben läßt, Herr Oberst! Vielleicht würde mein Auftraggeber sogar noch weitere zwanzigtausend Pfund zulegen, um die Summe abzurunden. In einer Woche könnten Sie Bescheid haben. Ich brauche nur einen Zettel mit Ihrer Unterschrift, alles andere regeln dann die Anwälte. Nun, Herr Oberst« - das Lächeln wurde gewinnend -, »wollen wir ja sagen und es mit Handschlag bekräftigen? Dann bleiben die Taschen hier, und wir überlassen Sie Ihrem Abendessen.«
Jetzt blickten beide Havelocks in einer Mischung aus Ärger und Abscheu auf den Major. Man konnte sich gut vorstellen, wie Mrs. Havelock am nächsten Tag die Geschichte weiter erzählen würde. »So ein gewöhnliches, schmieriges Männchen! Und diese scheußlichen Plastiktaschen, vollgestopft mit dem Geld! Timmy war großartig! Sagte ihm einfach, er solle sich samt seinem Dreckszeug packen und verschwinden!«
Oberst Havelock verzog angewidert den Mund und sagte: »Ich glaube, ich war deutlich genug, Herr Major. Der Besitz ist um keinen Preis zu verkaufen. Außerdem teile ich nicht die allgemeine Gier nach amerikanischen Dollar und ersuche Sie jetzt dringend zu gehen.« Oberst Havelock legte seine erkaltete Pfeife auf den Tisch, als wollte er seine Ärmel hochrollen. Jetzt verlor Major Go nzalez' Lächeln erstmals seine Verbindlichkeit. Zwar lächelte der Mund weiter, aber nun war es eine bösartige Grimasse. Leise sagte er: »Herr Oberst, ich war es, der nicht deutlich genug war. Ich bin beauftragt, Ihnen zu sagen, daß wir, falls Sie diese großzügigen Bedingungen nicht annehmen sollten, zu anderen Maßnahmen schreiten müßten.« Mrs. Havelock bekam plötzlich Angst. Sie faßte nach dem Arm ihres Mannes. Der Oberst legte beruhigend seine Hand auf die ihre und sagte mit schmalen Lippen: »Bitte, lassen Sie uns jetzt allein, Herr Major, oder ich verständige die Polizei.«
Major Gonzalez' rosa Zungenspitze kam zum Vorschein und leckte langsam über die Lippen. Alle Freundlichkeit war aus seinem Gesicht gewichen. »Der Besitz ist also zu Ihren Lebzeiten nicht zu verkaufen, Herr Oberst? Ist das Ihr letztes Wort?« Leise schnippte er hinter seinem Rücken in Richtung der
Männer, deren Revolverhände daraufhin unter die Gürtelgegend ihrer Kalypsohemden fuhren, wobei die scharfen Tieraugen auf des Majors Finger gerichtet blieben.
Mrs. Havelock hob die Hand zum Mund. Der Oberst wollte die Frage bejahen, aber seine Kehle war wie ausgetrocknet. Geräuschvoll schluckte er. Es konnte nicht sein! Dieser lausige kubanische Gauner bluffte doch nur! Er brachte es fertig, heiser: »Jawohl, so ist es!« zu sagen.
Major Gonzalez nickte kurz. »Wenn es so ist, Herr Oberst, dann wird mein Auftraggeber die Verhandlungen eben mit dem nächsten Besitzer weiterführen - und das ist in diesem Fall Ihre Tochter.«
Die Finger schnippten zum zweitenmal. Major Gonzalez trat seitwärts aus der Feuerlinie. Aus den bunten Hemden stießen die braunen Affenhände vor, aus den häßlichen, stumpf schnauzigen Metallstücken flammte der Tod - wieder und wieder, bis die beiden Körper leblos auf dem Boden lagen. Major Gonzalez bückte sich und kontrollierte die Einschüsse. Dann schritten die drei kleinen Männer rasch durch den weiß-rosa Salon und die mahagoniegetäfelte Halle und traten durch die Vordertür ins Freie.
Ohne jedes Anzeichen der Hast stiegen sie in den schwarzen Ford Consul mit der einheimischen Nummerntafel und fuhren in mäßigem Tempo die lange Royal-Palms-Avenue hinunter, der Major am Steuer, die beiden Revolvermänner aufrecht in den Rücksitzen. An der Abzweigung nach Port Antonio hingen die durchschnittenen Telefondrähte wie Lianen im Baumgeäst. Mit viel Vorsicht und Geschick lenkte Major Gonzalez den Wagen die schlechte Landstraße hinunter bis zur glatten Küstenstraße. Dort erst gab er Gas und war zwanzig Minuten nach dem Mord an den Ausläufern des kleinen
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