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Ritter und Raufbolde

Ritter und Raufbolde

Titel: Ritter und Raufbolde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauss
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wesentlich schlechtere Fluchtmöglichkeiten und muss entschlossen kämpfen.
    In diesem Sinne verweist ein Dialog zwischen zwei Schlachtteilnehmern, der uns in der Preußenchronik des Peter von Dusburg zum Jahr 1260 überliefert ist, auf zwei wesentliche Aspekte des Reiterkriegertums:
    Als sich die Brüder und das ganze Heer daraufhin zur Schlacht vorbereiteten, um die durch Christi Blut erlösten Seelen aus den Händen der Feinde zu befreien, sagte ein adliger Pomesianer namens Matti, Sohn des Pipin, auf die Frage des Marschalls Bruder Heinrich, wie man die Feinde angreifen solle: „Wir wollen unsere Pferde weit zurücklassen, sodass uns keine Aussicht bleibt, zu ihnen zurückzukehren, und wollen zu Fuß angreifen; dann wird das Volk ohne die Hilfe der Pferde in der Schlacht standhalten, sonst aber ohne Zweifel die Flucht ergreifen.“ Diesem Rat widersprachen die Ritter des Dänenkönigs aus Reval und viele andere mit dem Hinweis, sie könnten wegen des Gewichts der Waffen ohne Pferde nicht lange im Kampf aushalten. 9
    Das Pferd war also ein wichtiges Kampfmittel; es ermöglichte im Grunde erst den Einsatz von schwer gepanzerten Reitern. Dieser Kämpfertyp war ohne Pferd schlicht und einfach nicht einsetzbar.
    |121| Das ritterliche Schlachtross
    Das Pferd war das einzige Tier, das im Mittelalter speziell für den Krieg gezüchtet wurde: Das Schlachtross, lateinisch dextrarius , begegnet uns unter dieser Bezeichnung erstmals im 12. Jahrhundert. Es diente ausschließlich zum Einsatz in der Schlacht und wurde dafür gezüchtet und ausgebildet: Diese Tiere mussten stark genug sein, um Reiter und Ausrüstung, die gegebenenfalls auch die Panzerung für das Pferd (Rossharnisch) selbst umfassen konnte, zu tragen; darüber hinaus sollten sie schnell und ausdauernd sein, um dem Angriff Energie zu verleihen und auch längere Kampfhandlungen zu überstehen. Schlachtrösser waren extrem teuer und daher wurde oftmals in speziellen Schätzungsverfahren vor dem Kampfeinsatz ihr Wert bestimmt, da der Reiter im Verlustfall Anspruch auf Kompensationszahlungen durch seinen Kriegsherrn hatte.
    Das Pferd – und vor allem das Kriegspferd – war im Mittelalter wie gesagt aber viel mehr als eine Waffe und ein Hilfsmittel zur Flucht: Es war ein Statussymbol des Kriegeradels. Dieser war nämlich in seinem Selbstverständnis ein Reiteradel. Die Bedeutung des Pferdes für den Ritter lässt sich etwa daran ersehen, dass diese Tiere in den Ritterromanen des Hochmittelalters als Begleiter und Gefährten der Helden verstanden und mit Namen versehen wurden.
    Wer hoch zu Ross sitzt, kann tief fallen
    Hoch auf dem Pferd erhob sich der mittelalterliche Ritter über seine Umgebung. Dies galt für die gesellschaftlichen Gruppen, die sich kein Pferd leisten konnten, im Alltag wie für die Fußkämpfer im Krieg. Die physische Erhöhung deckte sich im |122| Selbstverständnis des Standes mit der herausgehobenen sozialen Stellung des Rittertums.
    Dieser Zusammenhang wird in einer Chronik zu Kaiser Ludwig IV. – besser bekannt als Ludwig der Bayer – zur Schlacht von Mühldorf 1322 deutlich. In dieser Schlacht standen sich Ludwig und der Österreicher Friedrich der Schöne im Streit um die Krone des Reiches gegenüber; die Österreicher unterlagen, und der bayerische Chronist weiß dies mit viel Häme zu berichten:
    Die auf prächtig geschirrten Pferden gar stolz herangekommen waren, lagen im tiefsten Elend da [...] O armselige Österreicher! Das soll euer Lohn sein: Zu Pferde kommt ihr, und auf Kähnen kehrt ihr zurück. 10
    Wer sein Pferd verliert, büßt auch seinen Status als adliger Kämpfer ein. Die Sieger reiten, die Verlierer schippern heimwärts. An der Art des Transportmittels erkennt man den Status eines Mannes – und nur das Reiten ist für den Adligen standesgemäß.
    Das Streitross eignete sich aus verschiedenen Gründen zum Statussymbol: Kriegspferde waren sehr teuer. Sie wurden speziell für den Einsatz im Krieg gezüchtet und ausgebildet. Sie wurden an Feuer und Lärm gewöhnt, sodass der Theologe und Gelehrte Albertus Magnus († 1280) in seiner Schrift Über die Tiere zu den Schlachtrössern schreiben konnte:
    Diese Pferde erfreuen sich am Klang der Musik, sie werden durch den Klang der Waffen erregt und wollen mit anderen Schlachtrössern kämpfen. 11
    Hier wird ein Bild von Kriegspferden gezeigt, das sicherlich ebenso von der zeitgenössischen höfischen Dichtung wie von der Kriegswirklichkeit geprägt ist. Im Krieg war es kaum

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