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Ritual - Höhle des Schreckens

Titel: Ritual - Höhle des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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besänftigende Worte zu, sodass sie sich schließlich ohne Gegenwehr Handschellen anlegen ließ. Pendergast half Shurte, den Sheriff auf das Sofa vor dem Kamin zu betten. Corrie hatte Platz in einem bequemen Lehnstuhl gefunden.
    Der Agent bat Shurte, aus einem der auf dem Gelände geparkten Streifenwagen den Erste-Hilfe-Koffer zu holen, und als der Officer nach wenigen Minuten zurückkam, besprach er mit ihm die Verletzungen des Sheriffs. »Er hat eine erhebliche Risswunde im linken Ohr und eine Fraktur der Elle. Dazu dürften ein Trauma der Schlundmuskulatur und verschiedene Zerrungen und Prellungen kommen. Es wäre gut, wenn Sie ihn weitgehend schmerzfrei stellen könnten.«
    Dann kümmerte der Agent sich um Corrie. Er redete leise auf sie ein, und als sie nickte, verband er ihre Hand- und Fußgelenke und versorgte die Schnittwunden an ihren Armen, im Nacken und im Gesicht.
    Nach einer Viertelstunde war alles getan, was sie unter den gegebenen Umständen erledigen konnten. Nun blieb ihnen nur noch, auf den Rettungswagen zu warten.

80
    Die Wärme des Kaminfeuers, der Kamilleduft, der aus dem dampfenden Teebecher aufstieg, und das Sedativum, das Pendergast ihr gegeben hatte, versetzten Corrie in einen Zustand, in dem sich die Wirklichkeit in eine Art Traumwelt verwandelte. Sogar ihre Verletzungen schienen ein Teil dieser irrealen Welt zu werden; sie nahm ihre Schmerzen kaum noch wahr. Dass sie so hektisch an ihrem Teebecher nippte, war im Grunde nur der Versuch, sich irgendwie zu beschäftigen, um gar nicht erst ins Grübeln zu verfallen. Es brachte nichts, über das nachzudenken, was sie erlebt hatte, denn all das schien so unlogisch zu sein, wie Alpträume es eben sind: die nicht enden wollende Hatz durch ungezählte Höhlen und an Steilwänden empor, genauso wie die unerklärliche Mordlust, die Miss Kraus jäh befallen hatte. Es lohnte sich nicht, in sinnlosen Schreckensträumen so etwas wie Folgerichtigkeit zu suchen.
    Die beiden Trooper, die im hinteren Teil des Wohnzimmers saßen, standen offensichtlich unter Schock. Wenn sie die Namen richtig verstanden hatte, hieß der eine – der mit dem verbundenen Bein – Williams. Der andere – Rheinbeck – hatte anscheinend eine Kopfverletzung davongetragen, der eben erst angelegte Verband war schon wieder mit Blut getränkt. Hazen lag mit halb geschlossenen Augen auf der weich gepolsterten Couch, er war vor lauter Verbänden kaum zu erkennen. Pendergast schaute neugierig zu Winifred Kraus hinüber, die die Trooper einen nach dem anderen mit giftigen Blicken musterte. Der Agent war gespannt, wie sie reagieren würde, wenn er ihr die bittere Wahrheit sagte. Leicht wird das nicht werden, dachte er.
    Nach einer Weile brach er das lähmende Schweigen, das wie eine unausgesprochene Drohung über dem Wohnzimmer lastete. »Miss Kraus«, sagte er mit ruhiger, mitfühlender Stimme, »es tut mir sehr Leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Ihr Sohn tot ist.«
    Winifred Kraus zuckte wie unter einem heftigen Schlag zusammen. Sie wimmerte nur leise vor sich hin, aber in diesem halb erstickten Klagelaut lag so viel Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, dass alle betroffen wegsahen.
    Pendergast gab sich wie gewohnt sachlich, aber es war ihm anzumerken, wie schwer es ihm fiel, seine Hiobsbotschaft zu übermitteln. »Es war unvermeidlich. Er hat nicht verstanden, was wir von ihm wollten, sondern uns immer wieder angegriffen. Die Attacken wurden so bedrohlich, dass es letztendlich ein Akt der Selbstverteidigung wurde, Ihren Sohn zu töten.« Die alte Lady wiegte sich wimmernd in ihrem Schaukelstuhl und murmelte einer Litanei gleich wieder und wieder dieselben Worte: »Mörder, Mörder!«
    Corrie starrte Pendergast irritiert an. »Ihren Sohn?«
    Der Agent nickte. »Sie selbst waren es, die mir den entscheidenden Hinweis gegeben hat. Durch Ihre Bemerkung, dass Miss Kraus in jungen Jahren einen…sagen wir: einen lockeren Lebenswandel geführt habe. Folglich wurde sie irgendwann schwanger. Normalerweise wäre sie damals an einen Ort geschickt worden, an dem niemand wusste, wer sie war und woher sie kam.« Er wandte sich zu Miss Kraus um und fragte mit leiser, mitfühlender Stimme: »Aber Ihr Vater hat Sie nicht weggeschickt, nicht wahr? Ihm ist etwas anderes eingefallen, um das Problem zu lösen und mit dem fertig zu werden, was er als seine persönliche Schande empfand.«
    Winifred Kraus senkte den Kopf, bittere Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Sheriff Hazen sog scharf die Luft ein, als

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