Ritual - Höhle des Schreckens
Sheriff ließ sich an seinem Schreibtisch nieder und warf einen missmutigen Blick auf die verkratzte Kunststoffplatte. Tad Franklin belegte den Drehsessel mit Beschlag. Und so blieb für den Fremden nur der harte, unbequeme Holzstuhl übrig, auf den Hazen gewöhnlich Zeugen platzierte, die partout nicht mit der Sprache rausrücken wollten. Der Mann in Schwarz verzog keine Miene, schlug ein Bein übers andere und sah den Sheriff erwartungsvoll an.
»Schenken Sie unserem Gast einen Becher Kaffee ein!«, wies Hazen den Deputy grinsend an. Viel konnte nicht mehr in der Bürokanne sein, aber eine halbe Tasse würde es schon noch werden.
»Sehr freundlich von Ihnen«, konterkarierte der Fremde Hazens hinterhältige Attacke, »aber ich trinke nur Tee. Vorzugsweise grünen.«
Tad wurde aus dem Mann nicht schlau. Ein Sonderling. Oder vielleicht ein Schwuler?
Hazen runzelte die Stirn, verlagerte das Körpergewicht und murmelte: »Jeder, wie er’s mag.«
Der Fremde zog mit einer geschmeidigen Bewegung ein Ledermäppchen aus der Brusttasche des schwarzen Anzugs, klappte es auf und hielt es Hazen unter die Nase.
Der Sheriff sah sich den Dienstausweis lange an, dann lehnte er sich seufzend zurück. »FBI. Scheiße. Hätt ich mir fast denken können.« Er warf dem Deputy einen warnenden Blick zu. »Ab jetzt haben die Oberverdachtschöpfer das Sagen, Tad.«
»Ja, Sir.« Aber ganz schien es der Deputy noch nicht zu glauben. Der Mann in Schwarz sah seiner Meinung nach nicht wie ein FBI-Agent aus. Was freilich nicht viel heißen wollte, weil ihm noch nie einer begegnet war.
»Also gut, Mister…« Hazen ließ den Satz in der Luft hängen, aber das Fragezeichen war unüberhörbar.
»Special Agent Pendergast.«
»Pendergast? Hm. Ich hab leider ein schlechtes Namensgedächtnis.« Hazen zündete sich eine Zigarette an und begann, hektisch zu paffen. »Sie sind wegen des Krähenmords hier?«
»Ja.«
»In offiziellem Auftrag?«
»Nein.«
»Also aus Eigeninitiative?«
»Einstweilen, ja.«
»Zu welcher Dienststelle gehören Sie?«
»Nach dem Stellenplan zum FBI-Büro in New Orleans. Aber ich habe mit meiner Dienststelle ein – sagen wir: spezielles Arrangement getroffen.« Sein Lächeln wirkte so unschuldig wie das eines Babys.
»Und wie lange gedenken Sie, hier zu bleiben?«, erkundigte sich der Sheriff.
»Bis zum Ende meines Urlaubs.«
Hazen richtete sich steil auf. »Sie sind im Urlaub? Pendergast, das entspricht nicht den Regelungen für die Zusammenarbeit von Polizeibehörden. Da muss ich vorher das Einverständnis der örtlich zuständigen Agency einholen. Wir sind doch kein Club Méditerranée für Abenteuerurlauber!«
Pendergast ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann fragte er: »Hätten Sie mich denn lieber in offizieller Mission hier, Sheriff Hazen?«
Als er keine Antwort bekam, fuhr er fort: »Ich werde mich nicht in Ihre Ermittlungen einmischen, sondern unabhängig operieren. Selbstredend werde ich Sie regelmäßig konsultieren und über gewonnene Erkenntnisse ordnungsgemäß informieren. Etwaiger Lorbeer gehört von vornherein Ihnen, ich mache mir nichts aus Lobhudeleien. Alles, worum ich Sie bitte, ist der übliche höfliche Umgang unter Kollegen.«
Sheriff Hazen runzelte die Stirn. Dass er sich dabei den Buckel kratzte, tat dem Stirnrunzeln keinen Abbruch. »Was den Lorbeer angeht, auf den bin ich nicht scharf. Mir geht’s nur darum, den Mistkerl zu schnappen.«
Pendergast nickte zustimmend.
Hazen dachte zwei tiefe Züge lang nach. »Also gut, es ist Ihre Sache, wo Sie Ihren Urlaub verbringen. Aber ich bitte mir aus, dass Sie sich bedeckt halten und den Presseleuten gegenüber nicht zu redselig sind.«
»Natürlich nicht.«
»Wo wollen Sie wohnen?«
»Was würden Sie mir denn empfehlen?«
Der Sheriff lachte schallend. »Viel Auswahl haben Sie da nicht. Die alte Winifred Kraus ist die Einzige, die hier Zimmer vermietet. Sie sind mit dem Bus daran vorbeigekommen: Kraus’ Kavernen, das alte Haus in den Maisfeldern, etwa eine Meile westlich von hier. Sie wird bestimmt keine Ruhe geben, bevor sie Sie in ihre Höhlen geschleppt hat. Womit Sie dann dieses Jahr sicher der erste Besucher wären.«
»Danke«, sagte Pendergast, stand auf und griff nach der Reisetasche.
Hazen zögerte. »Ich werd Sie hinfahren. Sie haben ja kein Auto dabei.«
»Oh, ich gehe gern zu Fuß.«
»Ach, wirklich?« Hazen grinste. »Wir haben schon wieder über vierzig Grad draußen, und Sie tragen, ehrlich gesagt, nicht
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