Rivalin der Götter erbin3
gewesen, trotzdem hatte er mir erlaubt, ihm beizuwohnen. Ich war mir der Ehre bewusst. Zu diesem Zeitpunkt hatten mir selbst die Tränen gefehlt.
Und ich hatte gesehen, wie Lord Itempas seine Hand auf Nahadoths Schulter legte, während dieser reglos neben Si’ehs Leiche kniete. Nahadoth hatte die Hand nicht abgeschüttelt. Durch solch kleine Gesten werden Kriege beendet.
»Wir werden uns zurückziehen«, sagte Yeine nach einem Moment der Stille. »Naha und Tempa und ich. Vollständig dieses Mal. Die Schäden zu reparieren, die der Mahlstrom angerichtet hat, wird viel Arbeit erfordern. Im Moment müssen wir all unsere Kraft aufbringen, um dieses Reich zusammenzuhalten. Die Narbe, die Er gerissen hat, wird sich nie ganz schließen.«
Sie seufzte. »Und mir ist auch endlich klar geworden, dass unsere Anwesenheit im Reich der Sterblichen zu viel Leid verursacht, selbst wenn wir versuchen, uns nicht einzumischen. Also werden wir unseren Kindern diese Welt überlassen – den Gottkindern, wenn sie zu bleiben wünschen, ebenso wie euch Sterblichen und den Dämonen, wenn welche übrig geblieben sind oder neue geboren werden sollten.«
Sie hob die Schultern. »Wenn die Gottkinder über die Stränge schlagen, bittet die Dämonen, sich um sie zu kümmern. Oder macht es selbst. Ihr seid nicht mehr machtlos.«
Ich nickte langsam. Sie musste meine Gedanken erraten oder in meinem Gesicht abgelesen haben. Ich wurde unvorsichtig.
»Er liebte Euch«, sagte sie leise. »Das konnte ich sehen. Ihr habt ihn fast um den Verstand gebracht.«
Nun lächelte ich doch. »Das beruhte auf Gegenseitigkeit.«
Wir saßen da, betrachteten die Wolken und den See und das zerbrochene Land, während uns unvorstellbare Gedanken durch den Kopf gingen. Ich war froh, dass Yeine da war. Datennay bemühte sich, und ich begann ihn zu mögen, doch an manchen Tagen fiel es schwer, den Schmerz unter Kontrolle zu halten. Die Herrin über Leben und Tod verstand das, da war ich mir sicher.
Als sie sich erhob, stand ich ebenfalls auf. Wir sahen uns in die Augen. Es überraschte mich immer wieder, wie klein sie war. Ich war der Meinung, sie hätte wie ihre Brüder sein sollen, groß und furchteinfößend, sodass man ihre Herrlichkeit bereits anhand ihrer Gestalt erahnen konnte. Zu solchen Ergebnissen kam man nun einmal, wenn man dachte wie eine Amn.
»Wieso hat es begonnen?«, fragte ich. Und weil ich wusste, wie Götter dachten, und diese Frage zu einer Unterhaltung über das Universum, den Götterkrieg oder etwas völlig anderes hätte führen können, fügte ich hinzu: »Si’eh. Wie haben wir ihn sterblich gemacht? Wieso hatten wir eine solche Macht über ihn, mit ihm? Lag das an …«
Es fiel mir schwer, das zuzugeben, aber die Schreiber hatten mich untersucht und meinen Verdacht bestätigt. Ich war ein Dämon, allerdings war das Risiko, dass durch mein Blut ein Gott sterben würde, zu vernachlässigen, auch hatte ich weder Magie noch andere Besonderheiten. Mutter wäre sehr enttäuscht gewesen.
»Das hatte nichts mit Euch zu tun«, sagte Yeine sanft. Ich zwinkerte. Sie sah weg und schob die Hände in die Taschen, eine Geste, die mir fast das Herz brach, da auch Si’eh das so oft getan hatte. Er hatte ihr sogar ein wenig ähnlich gesehen. Absichtlich? So wie ich Si’eh kannte, ja.
»Aber was …«
»Ich habe gelogen«, sagte sie. »Wir haben uns nicht vollständig aus dem Reich der Sterblichen zurückgezogen. Es wird auch in der Zukunft Zeiten geben, in denen wir keine andere Wahl haben werden, als zurückzukehren. Unsere Aufgabe wird es sein, die Gottkinder zu unterstützen, wenn die Zeit der Metamorphose für sie anbricht. Wenn sie selbst zu Göttern werden.«
Ich zuckte überrascht zusammen. »Wenn sie … was werden? Wie Ka’hel?«
»Nein. Ka’hel wollte die Natur dazu zwingen, obwohl er noch nicht bereit war. Si’eh war bereit.« Sie seufzte tief. »Ich verstand das erst, als Tempa sagte, dass es Si’ehs Bestimmung war, zu dem zu werden, der er geworden war. Seine Verbindung mit Euch, der Verlust seiner Kräfte … vielleicht sind dies die Anzeichen, auf die wir das nächste Mal achten sollten. Vielleicht war das aber auch nur bei ihm so. Er war schließlich das älteste unserer Kinder und das erste, das dieses Stadium erreichte.«
Sie sah mich an und hob die Schultern. »Ich hätte gern den Gott gesehen, zu dem er geworden wäre, obwohl ich ihn dann verloren hätte, auch wenn er nicht gestorben wäre.«
Nur langsam,
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