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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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essen;
    mich nur von pflanzlicher Kost zu ernähren;
    nichts zu tun, ohne das Vaterunser zu sprechen;
    nicht zu reisen, noch die Nacht irgendwo zu verbringen;
    auch nicht zu essen, ohne Gefährten.
    Wenn ich in die Hände meiner Feinde falle
    und von meinem Bruder getrennt werde,
    mich mindestens drei Tage lang jeglicher Nahrung zu enthalten;
    niemals anders als bekleidet zu schlafen;
    schließlich, niemals unseren Glauben zu verraten
    Angesichts irgendeiner Todesdrohung.“

    Rixende drehte den Zettel um, doch nirgends fand sich eine persönliche Nachricht von ihrem Bruder, nur eine kleine komische Zeichnung, links unten im Eck: zwei Hände, die Finger auf seltsame Weise gespreizt. Ratlos wendete Rixende das Blatt hin und her.
    Dann las sie die Aufgaben und Pflichten ein weiteres Mal. Und da fiel es ihr plötzlich ein. Sie wusste noch immer nicht, was die Zeichnung besagte, aber was die beiden letzten Zeilen bedeuteten, das wusste sie genau: „ Schließlich, niemals unseren Glauben zu verraten angesichts irgendeiner Todesdrohung ...“
    Rixende spürte, wie ihr die Kehle eng wurde. Die Botschaft war eindeutig. Ihr Bruder und die Seinen würden sich nicht wehren, sie würden auch die Vorräte nicht anrühren, sondern vielmehr freiwillig in den Tod gehen. Endura.
    Ob Fulco das Unglück würde aufhalten können?

35
    Und sprach Vergil: „Mein Sohn, zur Pein mag´s gehen,
    doch nimmermehr zum Tode geht es da ...“
    Dante, Die Göttliche Komödie

    Doch Fulco hatte andere Sorgen. Nikolaus von Abbéville hatte ihm mit dem gefälschten Friedensvertrag und weiterem raffiniertem Lügengespinst einen teuflischen Streich gespielt.
    Abbéville und sein Schreiber bestritten vehement, dass es sich bei dem vorliegenden Vertrag um eine Fälschung handelte. Er, Fulco von Saint-Georges, und kein anderer, habe jeden einzelnen Buchstaben Fébus in die Feder diktiert. Geschickt vermengte Abbéville die Anklagepunkte gegen seinen Verweser. Er warf ihm vor, goldgierig zu sein, und brachte zum Schluss ein weiteres Mal Vorfälle zur Sprache, die - ohne direkte Nennung ihres Namens - eng mit Rixende zusammenhängen mussten.
    Fulco von Saint-Georges erstarrte ob all dieser Ungeheuerlichkeiten. Da er seine Liebe weder offenbar werden lassen wollte noch leugnen, verweigerte er schließlich die Aussage.
    Trotzdem lehnte der für diesen Fall zuständige Dominikanerprovinzial es ab, Fulco von Saint-Georges zu verurteilen. Er kannte Abbévilles Intrigen wohl seit langem. Saint-Georges wurde lediglich nach Avignon beordert, um das dortige Priorat zu übernehmen.
    Erneut glaubte er, dass ihm keine Wahl bliebe.
    Bereits am Tag des Heiligen Eligius, als Rixende sich noch auf dem Rückweg vom Reich der Höhlen befand, trat er sein neues Amt an, für Abbéville ein weiterer Grund zur Häme, galt der Heilige doch als Schutzpatron der Goldschmiede.

    Im ersten Zorn hatte Elias Patrice dafür gesorgt, dass die Stadt Carcassonne Einzelheiten über den gefälschten Friedensvertrag mit der Inquisition erfuhr. Bernhard Délicieux selbst teilte sie in einer feurigen Rede dem Volk mit. Welch ein Betrug! Was hatte diesen Höllenschwanz, Fulco von Saint-George, nur dazu getrieben, zu behaupten, die ganze Bürgerschaft hätte gestanden, offenkundigen Ketzern Hilfe geleistet zu haben?
    Die Wut der Leute war so groß, dass sie sich zusammenrotteten, die Dominikanerkirche zu Carcassonne belagerten und schließlich zerstörten.
    Einzig Pequigny hätte die Leute aufhalten können. Doch der Reformator Philipps des Schönen schritt nicht ein, er kämpfte gewissermaßen an zwei königlichen Fronten. Einerseits duldete Philipp nicht, dass Leben und Tod seiner Untertanen der Willkür eines einzelnen preisgegeben wurden, andererseits war der König penibel darauf bedacht, öffentlich kundzutun, dass ihm die Unterdrückung der Ketzerei sehr wohl am Herzen liege.
    Im geheimen Einverständnis mit Délicieux, den er in jeder Hinsicht für vernünftig hielt, griff der Reformator Pequigny – nachdem der casus „Saint-Georges“ endlich abgeschlossen war – zu einer List, um das Volk zufriedenzustellen. Man trommelte achtzig Leute zusammen, die das Inquisitionsgefängnis stürmen sollten, worauf Abbéville nichts anderes übrigblieb, als ihm den Schlüssel auszuhändigen.
    Mit Polignacs Hilfe verschafften sich die Reformatoren Zugang zu den Gefangenen im Loch, ließen sich genauestens von ihren Folterqualen erzählen, dokumentierten alles gewissenhaft, erstellten Listen, denen

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