Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
„Runde Saal“ genannt wurde, wie ihr Patrice flüsternd erklärte. Der Prunksaal war mit herrlichen farbigen Fresken ausgestattet. Rixende sah aufeinander zu galoppierende Pferde, braune, weiße, rostfarbene, und lanzentragende Ritter aus dem Hause Trencavel in stolzer herrischer Haltung. Castel Fabri hatte ihr irgendwann vom guten Grafen Raymond-Roger erzählt, der gesagt hatte: Ich biete allen Verfolgten Wohnung, Nahrung, Schutz und Schwert! Würde dieser fremde König, zu dem sie nun auf dem Weg war, eine ebenso edle Gesinnung an den Tag legen?
Mit voller Absicht hatte Rixende ihr herrliches Hochzeitskleid angezogen, jenes saphirblaue Gewand, das durch seine Farbe das Haus Fabri repräsentierte. Das Haar trug sie offen, ohne jeglichen Schmuck und ohne Bedeckung, obwohl sie auch als Witwe ein Anrecht auf eine Haube gehabt hätte. Sie wusste um ihr gutes Aussehen und blickte stolz dem König in die Augen, bevor sie wie Patrice die Knie beugte.
Philipp der Schöne, der Rixende zwar von obenherab, aber dennoch mit einem gewissen Wohlgefallen betrachtete, forderte die beiden Bittsteller auf, sich zu erheben.
„Ihr seid also Rixende, die Frau des Aimeric Fabri, die Schwiegertochter des Castel Fabri?“
„Die Witwe des Aimeric Fabri, Euer Gnaden“, berichtigte ihn Rixende freundlich, „mein Gatte ist unter die Räuber gefallen, und ich stehe heute vor Euch, Sire, weil auch meinem verstorbenen Schwiegervater, Castel Fabri, großes Unrecht zugestoßen ist.“
„Ja“, der König nickte. „Ich habe davon gehört. Um Euren Schwiegervater Castel Fabri gab es Aufregungen. Er soll ein Ketzer gewesen sein, sagen die Dominikaner. Er war keiner, sagen die Franziskaner. Was sagt Ihr?“
Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete der König jede Reaktion der Frau.
„Er war kein Ketzer, Hoheit, sondern ein guter rechtgläubiger Katholik. Ich lege für ihn meine Hand ins Feuer.“
„Lasst in Angelegenheiten der Häresie, das Feuer lieber aus dem Spiel, Frau“, sagte der König und verzog ein wenig spöttisch die Mundwinkel. „Auch Euch verdächtigt man inzwischen der Ketzerei …“
„Ebenfalls zu Unrecht, Euer Gnaden. Die Wahrheit ist, dass die Heilige Inquisition die Güter unseres Hauses als ein wohlfeiles Lämmchen ansieht.“
„Hütet Euch vor dem Hochmut. Nur Gott selbst kennt die Wahrheit, Frau“, entgegnete ihr der König ungehalten.
„Darf ich ebenfalls ein Wort einlegen für Castel Fabri“, wagte Elias Patrice einzuwerfen.
„Nein“, herrschte ihn Philipp an. „Der Worte sind bereits genug gewechselt. Wir haben Uns eine Meinung gebildet. Schreiber, notiert meinen Richtspruch.“
Der König räusperte sich ungeduldig, bis der junge Mann endlich den Federkiel in der Rechten hielt. Dann stand er auf und verkündete mit lauter Stimme:
„In der Sache des Castel Fabri, Tuchhändler hier zu Carcassonne, stellen Wir fest, dass inzwischen nicht mehr endgültig geklärt werden kann, ob jener ein Ketzer war oder nicht. Die Anklage der Ketzerei Rixende Fabri betreffend, wird fallengelassen. Wir verfügen jedoch, nicht zuletzt, um allen Disputen um das Erbe des Tuchhändlers ein Ende zu bereiten, dass dieser unrühmliche Streit, der sich seit Jahren hinzieht, heute ein für allemal beigelegt wird. Die Güter des Castel Fabri und seiner Erbin übertragen Wir hiermit Johanna, Königin von Frankreich und Navarra. Nach Ablauf einer Woche setzen Wir einen sachkundigen Verweser ein, der den renommierten Tuchhandel des Castel Fabri zum Wohle der Krone Frankreichs weiterführen wird.“
Zuerst dachte Rixende, sie hätte sich verhört. Als sie jedoch vernahm, wie Patrice mehrere Male scharf die Luft einzog, wurde ihr klar, was des Königs Urteil bedeutete. Nicht die Inquisition, nicht Abbéville, d`Ablis oder gar der schreckliche Guidonis bekam Fabris Geschäft in die Hand, seine Häuser und Güter, nein, Johanna, die Königin!
Sie hatte offenbar die falschen Worte gewählt!
Nun zeigte es sich, dass sie gut daran getan hatte, auf Ibrahims Rat zu hören und alles so vorzubereiten, dass sie nur noch die Stadt zu verlassen brauchte.
Doch würde der König dem zustimmen?
Sorgfältig überlegte sie sich ihre nächsten Worte. Nicht der kleinste Fehler durfte ihr jetzt noch unterlaufen. Zum Zeichen des Einverständnisses mit des Königs Richtspruch sank sie auf die Knie. Ihr dunkles Haar fiel über ihre Wangen. Ganz ruhig bleiben, dachte sie unablässig, aber dennoch klopfte ihr das Herz zum Zerspringen.
„Darf
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