Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
leise und ließ sich seinen Triumph nicht anmerken, „ungeachtet Eurer unverschämten Erklärung, dass unsere Berichte kein Vertrauen verdienen, will ich Euch heute meine Bedingungen sagen.“
Délicieux sah überrascht auf Patrice. Damit, dass der Inquisitor so rasch nachgab, hatte er nicht gerechnet. Doch Abbéville war schon aufgestanden, um aus einer kunstvoll geschnitzten kleinen Truhe ein offenbar längst vorbereitetes Pergament zu ziehen. Er entrollte es und las:
„Diejenigen, welche offenbare Ketzer sind oder als Ketzer verrufen oder durch einen rechtsgültigen Beweis schon überführt sind, erwartet ihr Schicksal; die Helfershelfer aus den Städten Carcassonne und Albi müssen die Strafe annehmen, die die Versammlung der Bischöfe mit Abstimmung des Seneschalls beschließt, jedoch sollen Konfiskationen, körperliche und erniedrigende Bußen ausgeschlossen werden.“
„Das ist vom kirchlichen Standpunkt aus sehr maßvoll“, meinte Délicieux vorsichtig, während Elias Patrice unsicher von einem zum anderen schaute.
„Zwei Auflagen müssen jedoch vor der endgültigen Absolution erfüllt werden“, sagte Abbéville und rollte das Pergament wieder zusammen. Patrice dachte bei sich, dass nun wohl der Pferdefuß folgen würde.
„Sprecht, Bruder Nikolaus“, sagte Délicieux, dem heftig der Kopf schmerzte, der aber durchaus zuversichtlich war, dass wenigstens die Tage der Exkommunikation in der Stadt gezählt waren.
„Zum einen wird die Stadt Carcassonne zum Bau einer Kapelle verpflichtet und zwar zu Ehren des Heiligen Ludwig.“
Patrice zögerte. Er tupfte sich erneut den Schweiß von der Stirn. „Das ... das kostet Geld ... das kann ich nicht allein entscheiden.“
„Natürlich“, meinte der Inquisitor mit einer großzügigen Geste. „Ich erwarte von Euch keine sofortige Zusage, Konsul, besprecht es im Senat, und sagt mir dann Eure Antwort.“
„Und was wäre die zweite Bedingung?“ fragte der Franziskaner, nun doch misstrauisch geworden, ob der fortdauernden, völlig ungewohnten Freundlichkeit des Inquisitors.
„Ich will Einsicht nehmen in die Geschäftsbücher des Castel Fabri“, sagte Abbéville schnell und ließ dabei kein Auge von Délicieux.
Patrice sprang hoch. „Unmöglich!“ rief er aus. „Rixende Fabri befindet sich auf einer Handelsreise. Bevor sie nicht zurück ist, kann Euch kein Einblick gewährt werden, Herr!“
Doch Abbéville beachtete Patrice gar nicht. Er kniff die Augen zusammen, wobei unzählige Fältchen an seinen Schläfen zum Vorschein kamen, und er sah, die Unterlippe vorgeschoben, Délicieux provozierend an.
„Auf welches Recht glaubt Ihr Euch berufen zu können, Nikolaus von Abbéville“, sagte Délicieux leise, „um Einblick in die Geschäftsbücher eines freien Bürgers Carcassonnes nehmen zu können?“
„Ich muss Euch verbessern, Bruder Bernhard: eines Bürgers, der der Ketzerei verdächtigt wird“, sagte Abbéville jetzt eisig.
Nun konnte Patrice nicht mehr an sich halten. Hochrot im Gesicht, hieb er wütend mit der Faust auf den Tisch.
„Den allein Ihr der Ketzerei verdächtigt, Herr Inquisitor!“ schrie er. „Ihr, und kein anderer! Jeder, der Castel Fabri kannte, ja die ganze Stadt wird bezeugen, dass er ein guter Katholik war ...“
„Und, dass er auch als solcher gestorben ist“, fügte Délicieux beziehungsvoll an, worauf Abbéville mit dem Zeigefinger auf ihn deutete und meinte:
„Das sagt Ihr , Kapuziner, doch Ihr wart nicht zugegen.“
„Zugegeben“, sagte dieser lächelnd und deutete auf sich. „ Ich war nicht zugegen.“ Dann deutete er auf Abbéville.
„Doch Ihr , Jakobiner, Ihr wart ebenfalls nicht zugegen. Daher müsst Ihr erst den Beweis erbringen für Euren ungeheuren Verdacht, nicht wahr?“
„Jawohl, Argwohn ist nämlich noch lange kein Beweis!“ Patrice ereiferte sich, die Hände zur Faust geballt.
Abbéville lachte schallend.
„Nein, nein. Ihr irrt beide. Der Beweis ist stets Sache des Beklagten. Ich mache Euch jedoch einen Vorschlag zur Güte, um die Gemüter wieder zu beruhigen. Ihr baut die Kapelle, und ich warte den Tag des Heiligen Ignatius ab.“
Délicieux nickte. „Gut. Das heißt also, wir können Eure Bedingungen, die Absolution Carcassonnes betreffend, sofort dem Senat unterbreiten?“
„Hm, das könnt Ihr.“ Abbéville schmunzelte noch immer. „Ich erwarte Eure Entscheidung binnen einer Woche. Habe ich Eure Zusage zum Bau der Kapelle, schließen wir einen Friedensvertrag. Danach kann der
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