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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Narbonne entzogen - wegen der beständigen ungesetzlichen Belästigungen, denen sie durch die Inquisitoren ausgesetzt waren - und sie wieder auf die Bischöfe übertragen. Doch, was die Ketzer von Albi betrifft, so ...“
    „... kennt Bonifatius keine Gnade!“ vervollständigte Patrice den Satz. „Ich weiß, ich weiß. Dass die Juden ebenfalls unter dem Inquisitionseifer zu leiden haben, ist mir bekannt. Doch mein Freund Castel Fabri war weder Jude noch ein Ketzer, sondern Katholik. Und dennoch ist jetzt ganz Carcassonne exkommuniziert! Eine Stadt kann kein größeres Unglück treffen! Keine Taufe, keine Trauung, kein Gottesdienst mehr! Unsere Altäre und Kanzeln sind ihres Schmucks entkleidet. Und unsere Toten verscharrt man ohne Sang und Klang. Wird das Urteil nicht endlich aufgehoben, so bedeutet das den Untergang unserer Stadt. Erste Auswirkungen zeigen sich schon jetzt – die Geschäfte sind stark rückläufig, der Wochenmarkt ist so gut wie tot, keiner will mehr mit uns zu tun haben. Wir sind verflucht.“
    Der Franziskaner nickte. „Wir sollten zumindest in dieser Sache noch einmal mit Abbéville selbst reden“, sagte er, „denn hier hat er schließlich das letzte Wort zu sprechen, nicht wahr!“
    Patrice war einverstanden.

    Abbéville hatte im gleichen Atemzug, in dem er seinem Verweser befohlen hatte, die Witwe Fabri nicht aus den Augen zu lassen, einen Kundschafter auf beide angesetzt. Er misstraute Saint-Georges nicht erst seit der letzten Auseinandersetzung. Natürlich hätte er jederzeit einen anderen Prior einsetzen können, einen, der ihm als Verweser in jeder Hinsicht willfährig gewesen wäre. Doch meinte er - denn er sah sich selbst mit allen Wassern gewaschen - dass Saint-Georges durchaus noch brauchbar sein könnte - und zwar als Sündenbock für den Fall, dass Rom aus irgendeinem Grund Abstand nähme von der Politik der unerbittlichen Verfolgung der Ketzer. Das konnte über Nacht geschehen, eine Sache verliert oder gewinnt schließlich mit dem Mann, der ihr vorsteht – in diesem Fall mit dem Heiligen Vater.
    Im Grunde seines Herzens hielt der Inquisitor recht wenig von den Päpsten, auf die keinerlei Verlass war, weil sie sich oft schneller die Klinke in die Hand gaben, als die Bauern das Hemd wechselten. Er war sogar so hochfahrend, sich einzubilden, mit dem jeweiligen Pontifex spielen zu können. Die einzig wirkliche Befriedigung fand Abbévilles Geist darin, sich nächtens vorzustellen, dass er nach seinem Tode selig – und vielleicht später sogar heiliggesprochen würde. „Der Heilige Nikolaus von Abbéville“, hieße es dann, zur Unterscheidung vom Bischof von Myra. Das war es, wonach der Inquisitor strebte, und für dieses Ziel gab er alles – und offenbar gereichte auch alles seinem Ehrgeiz zum Nutzen.
    Nun setzt eine Seligsprechung oder Beatifikation ein besonders vorbildhaftes Leben oder eine Handlung voraus, die Gott und der Kirche zur höchsten Ehre gereichen. Mit der Entdeckung des katharischen Hüters und seines Geheimnisses gedachte Abbéville diese Hürde zu überspringen. Niemand würde ihn davon abhalten können, die katharische Irrlehre ein für allemal von dieser Erde zu tilgen, damit das reine und erhabene Licht der göttlichen Lehre der Kirche endlich wieder ungetrübt erstrahlen konnte.
    Er allein würde diesen Planissoles, den Hüter, fangen und die Geheimen Worte an sich bringen!

    Da klopfte Fébus an seine Tür und meldete Délicieux und Patrice.
    Überrascht sah Abbéville hoch.
    Mit einem gewissen Behagen stellte Délicieux fest, dass es im Turm der Justiz angenehm kühl war. Die dicken Mauern hielten die Hitze ab, die sich seit Wochen wie eine undurchdringliche Glocke über die Stadt gelegt hatte, obendrein hatte Abbéville die Holzläden zugezogen und dafür ein Öllicht angezündet. Er bat die beiden Männer, Platz zu nehmen, und fragte nach ihrem Begehr.
    „Wir sind gekommen, Bruder Nikolaus, um endlich die Bedingungen für eine Absolution zu erfahren. Carcassonne leidet. Auch Euch kann nicht daran gelegen sein, die Stadt zu ruinieren, indem Ihr die Exkommunikation noch länger aufrecht haltet, nicht wahr? Die Menschen haben aufgehört, sich vor der Hölle zu fürchten, sie fürchten sich vor Euch, Abbéville, vor der Inquisition!“
    Patrice hatte bei des Franziskaners Worten ununterbrochen genickt, jetzt wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Abbéville hatte die Brauen hochgezogen und sich nachdenklich das Kinn gerieben.
    „Gut“, sagte er

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