Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Gasse nach Cotllioure hinein.
„Herr Clément! So wartet doch!“ rief Rixende hinter ihm her. Doch er ließ sich nicht aufhalten und war nach kurzer Zeit im Gewirr der verwinkelten Gassen verschwunden.
„Das ist mehr als seltsam“, meinte Rixende, als sie zu Simon zurückgekehrt war. „Ich könnte schwören, es war es, auch wenn er sich inzwischen den Bart abgenommen hat.“
Sie setzten sich wieder, und Rixende erzählte dem Bruder von dem neugierigen Mann und – weil Martial nicht in der Nähe war und auch sonst niemand zuhörte - endlich auch von Fulco, dem Inquisitor, der sie bis vor die Tore Cotllioures gebracht hatte.
Kaum hatte Rixende ihren Bericht beendet, packte sie Simon am Arm und schüttelte sie.
„Wie? Du bringst mir einen von denen hierher? Bist du von Sinnen?“ stieß er hervor, leichenblass im Gesicht. Seine Hände zitterten beträchtlich.
„Aber er würde dir niemals etwas zuleide tun, Simon. Glaub mir, und außerdem weiß er überhaupt nichts von dir, nichts von den Eltern, nichts von deinem Freund Aton. Ich habe ihm kein Wort darüber gesagt!“
„Ach was!“ schnauzte er sie an. „Es stimmt schon. Gott hat den Frauen dies gegeben: Das Flennen, Schwätzen und das Weben! Rixende, du bist so einfältig, so töricht wie ein Kind. Wie kommst du bloß darauf, dass ein Dominikaner dir die Wahrheit sagen könnte? Du kennst sie nicht, sie sind mit allen Wassern gewaschen. Gäbe es keine Sünden mehr auf dieser Welt, so würden sie neue erfinden! Dort drüben, hinter der Bucht, sieh nur“, Simon sprang auf und deutete auf eine hohe dunkle Mauer am Fuße des sonnenbeschienenen Berges, die von einem strengen Glockenturm überragt wurde, „dort befindet sich ihr hiesiges Kloster. Bilde dir nur nicht ein, dass jener Fulco dich vor den Toren Cotllioures verlassen hat. Ganz bestimmt ist er dort abgestiegen, um weitere Ränke zu schmieden – und dieser Clément, wie du ihn nennst, ist sein Kundschafter, ihn hat er vorausgeschickt!“
Simons Augen funkelten böse. Rixende fing leise an zu weinen, weil sie spüren konnte, wie die Mauer des Argwohns zwischen ihnen beiden wuchs und wuchs und wie die Angst, durch ihr leichtfertiges Handeln auch noch den Bruder verloren zu haben, all ihre Glieder lähmte.
Aber Simon achtete nicht auf ihre Tränen. Er war noch immer nicht fertig, sie zu schelten.
„Sie hat dich irregeführt, die hochwürdige Geistlichkeit, die selbst mit Teufelsstricken vom Papst gebunden ist. Ja, der Heilige Vater“, Simons Stimme wurde nun geradezu höhnisch, „man sagt, er halte Sankt Peters Schlüssel in seinen Händen, doch weshalb hat er dann seine Lehre aus der Schrift herausgeschabt? Das Zauberbuch, aus dem man den Katholiken schon bei der Taufe einschärfen lässt, nur ja nicht Gottes Gabe zu kaufen oder zu verkaufen – ich meine damit den Kauf geistlicher Ämter -, muss ein Geschenk des Teufels sein, denn er selbst hält sich doch nicht daran. Ist er habgierig, sind alle habgierig, lügt er , lügen alle !“ Simon hatte sich arg in Rage geredet. Nun holte er tief Luft, bevor er fortfuhr, ein wenig versöhnlicher mit ihr zu sprechen.
„Ach, Rixende, nach dem Tod deines Mannes und dem, was dem Onkel zugestoßen ist, hättest du damit rechnen müssen, dass man dich beschattet. Statt dessen bringst du einen dieser Hunde auch noch hierher! Und ich habe mir eingebildet, du könntest eines Tages zu uns gehören! Ha!“
„Schweig“, fauchte ihn nun Rixende an, die Mengarde vor Augen hatte, und wischte sich entschlossen die Tränen ab. „Halte inne auf der Stelle. Deine Vorwürfe sind ungerecht. So einfach ist die Sache nicht. Aimeric war ein herzensguter Mann, aber ich liebte ihn nicht. Ich wusste gar nicht, was Liebe bedeutet, bevor ich Fulco kennenlernte. Aber wir sind uns bislang nicht nahegewesen. Niemals im Leben würde ich diesem Mann, zu dem ich zu recht Vertrauen gefasst habe, preisgeben, woher ich komme, wer unsere Eltern waren oder was du tust. Ich schwöre es dir, Simon!“
„Du sprichst hehre Worte, Schwester. Doch was wirst du alles sagen, wenn sie dich foltern, wenn sie dir die Daumenschrauben anlegen oder dich ... Nein, nein du hast keine Ahnung, Mädchen. Wirklich keine Ahnung! Allein der Gedanke daran, was Leute wie dieser Saint-Georges mit dir anstellen werden, brennt wie ein Fieber in mir!“
„Ich habe keine Angst“, sagte Rixende stolz. „Aber du, weshalb bist du nur so selbstgerecht? Warst du schon immer so? Ich spüre, dass wir uns gar
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