Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
vor drei Jahren vergeblich um die Kaiserkrone beworben hatte, war sonst eher zurückhaltend und spröde, darüber, dass der Strom aus den Konfiskationen der Gebiete des Languedoc nicht versiegte, wachte er jedoch höchstselbst und zwar mit Argusaugen. Kürzlich, auf einem Ausritt, hatte er sogar eine Andeutung gemacht, dass bei den Tempelrittern sicherlich noch mehr zu holen wäre, als bei den Ketzern. Sie würden immer mächtiger, und er, Nogaret, solle doch einmal darüber nachsinnen, wie man die stolzen Mönche, die einzig dem Papst verantwortlich waren, ein wenig zur Räson bringen könnte. Unverkennbar steckte hinter dieser Aufforderung nichts anderes als die Angst Philipps, eines Tages das große Vermögen zurückzahlen zu müssen, das er den Templern schuldete.
Über Bonifatius waren sie einer Meinung, der König und sein Legat. Die Kirche hatte Dienerin des Staates zu sein, wie sie es unter den Nachfolgern Konstantins gewesen war. Doch wie dachte Johanna, die Königin, darüber? Nogaret schüttelte leise den Kopf. Nein, sie war keine Rose ohne Dorn oder keine Taube ohne Galle, wie manche meinten, sondern ebenso geldgierig wie ihr Gatte, rachsüchtig obendrein. Er hatte die eine oder andere Erfahrung mit der Königin bereits hinter sich. Sie war fromm, sehr fromm sogar. In früher Jugend hatte sie aus Navarra fliehen müssen, war dann am Hofe des Königs von Frankreich erzogen worden und im Alter von elf Jahren mit dem jungen Prinzen Philipp vermählt, der zwei Jahre später - siebzehnjährig - zum König gekrönt wurde. Die mit in die Ehe gebrachten Grafschaften Champagne und Navarra hatten die Krone Frankreichs beträchtlich gestärkt. Sie hatte ihm sechs Kinder geboren und war dennoch ständig an seiner Seite, begleitete ihn auf all seinen Reisen. Der König liebte sie über alles, und die beiden stritten kaum, und wenn, dann selten vor Zeugen. Dafür gerieten sich ihre Beichtväter um so häufiger in die Haare. Die Spannung, die zwischen beiden herrschte, war kaum mehr auszuhalten. Und hier, dachte Nogaret, hier liegt der Schwachpunkt meines Planes. Philipps Beichtvater war Dominikaner und ein verschlagener Fuchs obendrein. Blieb das, was der König ihm unter dem Beichtsiegel anvertraute, auch wirklich geheim? Nogaret hatte da so seine Zweifel. Man musste vorsichtig zu Werke gehen, sehr vorsichtig.
Seufzend legte Nogaret die Bittbriefe in eine Kassette und schloss sie ab. Nein, er würde nicht nicht sofort zu Philipp zu eilen, sondern einen günstigen Augenblick abwarten, um ihn unter vier Augen zu sprechen. Am besten irgendwo im Freien, denn in Fontainebleau hatten nicht nur die Pfaffen große Ohren, sondern sogar die Wände.
Mit Erstaunen vernahm der König drei Tage später die Kunde von den drei Petitionen. Groß, blond und blauäugig, einen dunklen Samtmantel um die Schultern, sah er auf Nogaret herab und lauschte ihm begierig.
„Die Bittbriefe haben natürlich nicht den gleichen Wortlaut, doch sie meinen dasselbe, Sire. Der eine ist vom Senat Eurer Stadt Carcassonne, der zweite vom dort ansässigen Lektor der Franziskaner, dem berühmten Bernhard Délicieux, und der dritte – ich wage es kaum zu sagen ...“ Nogaret hatte Mühe das freudige Funkeln seiner Augen zu verbergen.
„Nur frisch heraus damit, wer ist der dritte Schreiber?“
„Sire ... der dritte Brief kommt von einem der Inquisitoren höchstpersönlich, Fulco von Saint- Georges.“ Der Berater des Königs hatte den letzten Satz beinahe geflüstert.
„Wie? Hören Wir recht? Von einem der Inquisitoren? Lest ihn vor.“
Nogaret zog das Schreiben aus seinem Umhang hervor. Als er geendet hatte, sog der König die Luft ein.
„Dieser Brief ist so heiß wie ein Backstein im Ofen.“
Nogaret nickte. „Eine ausgezeichnete Möglichkeit, in Rom ... äh, einzugreifen. Glaubt Ihr nicht auch, Sire?“ wagte der Berater, seinen Plan vorsichtig anzusprechen.
„Mehr als das, Nogaret. Eine gute Gelegenheit für Uns. Wir werden im nächsten Jahr die südlichen Provinzen besuchen und dabei auch in Carcassonne nach dem Rechten sehen. Nicht sofort ... Wir wollen nichts übereilen. Im Sommer, denken Wir, ja im nächsten Sommer ... Bis dahin sollen sie Frieden geben, dort unten. Schreibt in diesem Sinne an meinen Seneschall. Gui Capriere hat dafür Sorge zu tragen, dass das Vermögen dieses Castel Fabri bis zu Unserem Besuch unangetastet bleibt. Die Inquisition soll die Finger davon lassen und auch die Witwe nicht weiter behelligen, die die
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