Robinson Crusoe
kam davon nichts mehr an mich zurück.
Ferner lag noch ein Schreiben meines Nachbarn bei.
der mich herzlich beglückwünschte, daß ich noch am Leben sei, und mir über das Wachstum der Pflanzung und ihren jährlichen Ertrag berichtete. Dazu hatte er ein paar Dutzend Kreuze hineingemalt und schrieb, er habe ebenso viele Ave-Maria gebetet zum Danke für meine Errettung.
Gleichzeitig lud er mich inständig ein, doch hinüberzukommen und mein Eigentum in Besitz zu nehmen, mittlerweile aber Order zu senden, wem er meine Güter übergeben solle, falls ich ja nicht selber käme. Er versicherte mich zum Schluß seiner und der Seinen treuester Ergebenheit und schickte mir als Geschenk sieben schöne Leopardenfelle, die er vermutlich aus Afrika durch irgendein anderes Schiff bekommen hatte, das er dorthin geschickt und das offenbar eine glücklichere Reise gehabt hatte als ich.
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Er schickte mir auch fünf Kisten mit köstlichen Leckereien nebst hundert ungeprägten Goldstücken.
Mit der gleichen Flotte schickten mir meine beiden Mitverweser zwölf hundert Kisten Zucker, achthundert Rollen Tabak und den Überschuß der ganzen
Rechnung in Gold. Nun konnte ich wahrlich wohl sagen, der Ausgang, den es mit Hiob genommen, war besser als der Anfang. Es ist unmöglich, die Bewegung meines Herzens zu beschreiben, als ich diese Briefe las und daraus ersah, daß all mein Reichtum schon vor der Türe lag. Denn da die brasilianischen Schiffe immer in ganzen Flotten kommen, so brachten die Schiffe, die die Briefe befördert hatten, zugleich auch mein Gut, und die Ladung war schon wohlbehalten auf dem Tajo, ehe ich noch die Briefe in Händen hatte. Kurzum, ich wurde blaß und schwach, und wenn mir der Alte nicht geschwind eine Herzstärkung eingegeben hätte, so glaube ich, hätte die übermäßige, jähe Freude die Natur überwältigt und ich wäre auf der Stelle des Todes gewesen.
Ja, auch nachdem ich die kräftige Arznei
genommen, blieb ich doch immer noch einige Stunden lang matt, bis man einen Arzt holte, der mir, nachdem er die wahre Ursache meiner Krankheit ersehen hatte, einen Aderlaß verordnete, worauf ich mich erleichtert fühlte und wieder gesund wurde. Aber ich glaube wirklich, wäre dem Gemüt nicht auf diese Weise Luft gemacht worden, so wäre ich gestorben.
Nun war ich also im Handumdrehen Herr über mehr als fünftausend Pfund Sterling geworden und hatte in Brasilien einen Besitz, der mir so viel wie das beste
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Gut in England, nämlich tausend Pfund jährlich, einbrachte.
Kurz, ich war in einem Zustand, in den ich mich kaum zu finden und mit dem ich noch kaum etwas anzufangen wußte.
Das erste, was ich tat, war die Belohnung meines Wohltäters, des alten, redlichen Kapitäns. Ich zeigte ihm alles, was ich bekommen hatte, und sagte, ich hätte es nächst Gott, der alles so gefügt, ihm zu danken, und nun sei die Reihe an mir, es ihm zu vergelten, was ich denn auch hundertfältig tun wolle.
Ich gab ihm also erstlich die hundert Moidores wieder, schickte dann zu einem Notar und ließ einen rechtsgültigen Verzicht auf die 470 Moidores, die er mir zu schulden erklärt hatte, aufsetzen und überdies eine Vollmacht ausfertigen, kraft derer ich ihn zum Einnehmer meiner jährlichen Einkünfte aus der Plantage ernannte, nebst einer Klausel, daß er, solange er lebte, jährlich hundert Moidores daraus beziehen und sein Sohn nach ihm auf Lebenszeit halb soviel genießen sollte.
Jetzt gab es allerhand Kopfzerbrechen für mich, wohin ich mich nun wenden und was ich mit dem mir vom Himmel bescherten Segen anfangen solle, und ich hatte jetzt wahrlich mehr Last auf dem Halse als während meines Einsiedlerlebens auf der Insel, wo ich nicht mehr brauchte, als ich hatte, und nicht mehr hatte, als ich brauchte. Meine Geschäfte schienen mich nach Brasilien zu rufen. Aber ich konnte mich dazu nicht entschließen, ehe ich nicht mein Geld in sichere Hände gegeben hätte. Jetzt hatte ich keine Höhle, in der ich es verstecken konnte und wo es ohne
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Schloß und Riegel so lange liegen mochte, bis es schimmlig und schwarz wurde, ehe es ein Mensch anrührte. Anfangs dachte ich an meine alte Freundin, die Kapitänswitwe, deren Redlichkeit und Treue ich kannte. Sie war aber schon alt und arm und steckte vielleicht in Schulden. Ich sah daher schließlich keinen ändern Weg, als selber nach England zu reisen, wo ich schon irgendeinen zuverlässigen Bekannten oder Verwandten zu finden hoffte.
Es vergingen einige
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