Robinson Crusoe
umherstreifte, zu meiner Bestürzung den Schein eines Feuers am Strande sah, etwa zwei Meilen von mir entfernt. Ich war furchtbar erschrocken; denn auf dieser Seite der Insel hatte ich noch niemals Wilde gesehen.
Ich lief in höchster Angst zurück in mein Wäldchen, aus dem ich mich nicht hinauszurühren wagte; aber auch hier hatte ich keine Ruhe, aus Furcht, diese
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Wilden könnten, wenn sie durch die Insel streiften, mein noch stehendes oder schon gemähtes Korn finden, daraus schließen, daß Menschen auf der Insel wären, und nicht eher ruhen, bis sie mich gefunden hätten. Diese Angst trieb mich geradenwegs zu meiner Burg zurück, und nachdem ich dafür gesorgt hatte, daß alles so wild und natürlich wie nur möglich aussah, zog ich die Leiter hinter mir hoch.
Drinnen rüstete ich alles zur Verteidigung. Ich lud meine Kanonen, alias Musketen, sowie all meine Pistolen und beschloß, mich bis zum letzten Atemzug zu verteidigen. Ich vergaß nicht, mich dem Schutz Gottes zu empfehlen, mit dem innigsten Gebet, mich aus den Händen dieser Barbaren zu erretten. Und so verharrte ich zwei Stunden, wurde aber dabei furchtbar begierig auf Nachrichten von draußen, da ich ja keine Spione aussenden konnte.
Nachdem ich noch eine Weile gewartet und
gegrübelt hatte, was zu tun sei, hielt ich es nicht länger aus, hier in Ungewißheit zu sitzen. Ich legte also meine Leiter an den Hügel, wo, wie ich erzählt habe, ein flacher Vorsprung war, zog sie hinter mir hoch, legte sie nochmals an und stieg so auf den Gipfel des Hügels. Ich nahm mein Fernglas heraus, legte mich platt auf den Bauch nieder und schaute nach der Stelle hin. Ich sah sogleich nicht weniger als neun nackte Wilde um ein kleines Feuer herumsitzen, das sie angezündet hatten, nicht um sich zu wärmen, denn das hatten sie nicht nötig, da es außerordentlich heiß war, sondern offenbar um ihr barbarisches Fressen von Menschenfleisch, das sie sich tot oder lebendig mitgebracht hatten, zu braten. Sie hatten
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zwei Kanoes bei sich, die sie auf den Strand gezogen hatten, und mochten wohl, da es Ebbe war, auf die Flut warten, um wieder abzufahren. Es läßt sich schwer vorstellen, wie furchtbar mich dieser Anblick erregte, vor allem, sie auf meiner Seite der Insel und mir so nahe zu sehen. Aber als ich mir klarmachte, daß sie nie anders als mit der Strömung der Ebbe kommen konnten, beruhigte ich mich wieder etwas in dem Gedanken, daß ich während der ganzen Flutzeit allemal ungefährdet ausgehen dürfte.
Wie ich gedacht, so geschah es. Sobald die Flut nach Westen daherrollte, sah ich sie allesamt in die Boote springen und wegrudern oder -paddeln. Ich muß noch bemerken, daß sie eine Stunde oder länger vor ihrer Abfahrt zu tanzen anfingen; ich konnte ihre Stellungen und Gebärden durch mein Glas gut erkennen. Ich sah auch, daß sie vollkommen nackt waren und nicht den geringsten Fetzen auf dem Leibe hatten: aber ob es Männer oder Frauen waren, konnte ich nicht unterscheiden.
Sobald ich sie auf demWasser und wegfahren sah, nahm ich zwei Gewehre über meine Schultern und steckte zwei Pistolen in meinen Gürtel und meinen großen Säbel ohne Scheide an die Seite und lief in aller Eile zu dem Hügel, von wo ich sie zuerst erblickt hatte. Als ich dort angelangt war. allerdings erst nach nicht weniger als zwei Stunden (denn ich konnte nicht allzu schnell laufen, weil ich so mit Waffen beladen war), entdeckte ich, daß noch drei weitere Kanoes mit Wilden hier gewesen waren; denn ich sah sie alle zusammen nach dem Festland hinüberrudern.
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Dies war ein furchtbarer Anblick für mich, besonders als ich dann am Strande die
Schreckensspuren ihrer gräßlichen Mahlzeit fand, das Blut, die Knochen und Stücke Fleisch von
menschlichen Körpern, die diese Ungeheuer mit Fröhlichkeit, Tanzen und Springen gefressen und verschlungen hatten. Ich wurde so vom Ekel gepackt, daß ich nur noch darauf dachte, wie ich die nächsten, die hierherkämen, mochten es auch noch so viele sein, übern Haufen schießen könnte.
Eines wurde mir klar, daß die Besuche, die sie der Insel abstatteten, nicht allzu häufig waren, denn fünfzehn Monate lang sah ich keinen von ihnen wieder, auch keine Fußstapfen oder andere Spuren von ihnen.
Denn in der Regenzeit wagten sie sich sicher nicht hinaus, zum mindesten nicht so weit. Dennoch schwebte ich die ganze Zeit über in Unruhe und Furcht, daß sie doch plötzlich kommen könnten. Und dabei erfuhr ich an mir, daß die
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