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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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101)
     
    – Desto schlimmer, antwortete Onkel Prudent, auf diesem ungeheuren Gebiete hätten wir vielleicht Gelegenheit –
    – Wenigstens, wenn er um die Bergkette nicht über Birma im Osten oder über Nepal im Westen fährt.
    – Ich möchte darauf wetten, daß er über dieselben gehen wird.
    – Jedenfalls!« ließ sich da eine Stimme vernehmen.
    Am folgenden Tage, am 28. Juni, befand sich der »Albatros« über der Provinz Zyang gegenüber jenen gewaltigen Bergmassen. An der anderen Seite des Himalaya lag das Gebiet von Nepal.
    Wenn man von Norden kommt, schneiden nacheinander drei Gebirgsketten den Weg nach Indien.
    Die beiden nördlichen, zwischen denen der »Albatros« wie ein Schiff zwischen ungeheuren Klippen dahinglitt, sind die ersten Stufen des Grenzwalles im Süden von Central-Asien. Der Kuen-Lün und nach diesem der Karakorum bezeichnen zuerst dieses längliche und mit dem Himalaya parallel verlaufende Thal, ungefähr in jener Höhenlage, in welcher sich die Stromgebiete des Indus im Westen und des Brahmaputra im Osten abgabeln.
    Welch’ wunderbares orographisches System! Hier ragen über zweihundert schon gemessene Gipfel auf, von denen siebzehn fünfundzwanzigtausend Fuß übersteigen! Vor dem »Albatros« erhob sich der Mount Everest auf achttausendachthundertvierzig Meter Höhe; ihm zur Rechten der Dawalaghiri, achttausendzweihundert Meter hoch; zur Linken der Kinahanjunga, achttausendfünfhundertzweiundneunzig Meter, der also seit den letzten genaueren Messungen des Mount Everest nur noch die zweite Stelle einnimmt.
     

    Ueberall weißglänzende Gipfel. (S. 107.)
     
    Offenbar hatte Robur nicht die Absicht, über jene Gipfel hinwegzugehen, sondern er kannte zweifelsohne schon die verschiedenen Pässe des Himalaya, unter Anderen den Ibi-Yamin-Paß, den die Gebrüder Schlagintweit 1856 in einer Höhe von sechstausendachthundert Metern überschritten haben; wenigstens hielt er entschlossen auf diesen zu.
    Jetzt kamen einige ängstliche, selbst sehr beschwerliche Stunden, und wenn die Verdünnung der Luft auch nicht einen solchen Grad erreichte, daß man zu eigens dafür construirten Apparaten hätte greifen müssen, den Sauerstoff in den Cabinen zu erneuern, so wurde die Kälte doch höchst beschwerlich.
    Auf dem Vordertheile stehend und die kräftige Gestalt in einen Mantel gehüllt, leitete Robur alle Manöver. Tom Turner hielt die Barre des Steuerruders fest in der Hand. Der Maschinist überwachte aufmerksam seine Batterien, von deren Säuren glücklicher Weise ein Einfrieren nicht zu befürchten war. Die zur allergrößten Umdrehungsgeschwindigkeit angetriebenen Schrauben gaben einen schärfer werdenden Ton, der trotz der höchst dünnen Luft laut vernehmbar blieb. Das Barometer fiel auf zweihundertneunzig Millimeter, was eine Höhe von siebentausend Metern anzeigte.
    Wie prachtvoll lag dieses Chaos von Bergriesen hier vor den erstaunten Blicken ausgebreitet! Ueberall weißglänzende Gipfel, keine Seen, aber gewaltige schimmernde Gletscher, die bis auf zehntausend Fuß Höhe hinabreichen. Kein Gras, außer einigen dürftigen Kryptogamen an der Grenze des vegetabilischen Lebens, nichts von jenen wunderschönen Fichten und Cedern, die sich an den unteren Abhängen der Kette in herrlichen Wäldern vorfinden; nichts von gigantischen Farren und endlosen Schmarotzerpflanzen, die sich, wie im Unterholz der Dschungeln, von Baum zu Baum hinziehen. Kein Thier, weder wilde Pferde, noch Yaks oder tibetanische Rinder; dann und wann nur eine Gazelle, die sich bis nach diesen Oeden hinein verirrt hatte; keine Vögel, außer einzelnen jener Pärchen Raben welche sich bis zu den letzten Schichten der athembaren Luft erheben.
    Nachdem er diesen Paß durchschritten, begann der »Albatros« wieder hinabzusteigen. Als sie dessen Ausgang passirten, hatten die Reisenden, jenseits der Region der Bergwaldung, eine grenzenlose Landschaft vor sich, die sich in weitem Umkreise vor ihnen ausdehnte.
    Jetzt trat Robur an seine Gäste heran und sagte mit liebenswürdigem Tone:
    »Da haben Sie Indien, meine Herren!«

Zehntes Capitel.
Worin man sehen wird, wie und warum der Diener Frycollin ins Schlepptau genommen wurde.
    Der Ingenieur hatte nicht die Absicht, seinen Apparat über die wundervollen Gefilde von Hindostan hinwegzuführen. Jedenfalls wollte er nur den Himalaya übersteigen, um zu beweisen, über welch’ außerordentliche Fortbewegungsmaschine er verfügte, und um davon selbst Diejenigen zu überzeugen, welche

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