Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
dafür.
Seine Freundin hatte nicht so viel Glück gehabt.
Verdammt, das war eine Untertreibung von verfickt noch mal epischen Ausmaßen. Melissas Mutter war eine fleißige Kirchgängerin, zugleich aber eine dauerbesoffene Heuchlerin. Das eigentliche Problem war aber ihr Stiefvater. Er war ein widerlicher, cholerischer Bastard. Lucas Campbell zitierte gerne die Bibel und zog über die Liberalen her. Und natürlich verurteilte er so ziemlich alles an Melissas Lebensstil, insbesondere ihr Interesse an der »Musik des Teufels«.
Wayne war also kaum überrascht gewesen, als Lucas und Melissas allzu bereitwillige Schnapsarschmutter sie zu Beginn des Schuljahres in die MUSI abgeschoben hatte, die Ronnie Rayguns Administration als absolut akzeptable alternative Schulform einstufte. Wayne hatte rein gar nichts dagegen tun können.
Zumindest hatte er das gedacht.
Der Anruf war in der vergangenen Nacht gekommen und hatte ihn kurz nach Mitternacht aus dem Schlaf gerissen. Sein Vater klopfte an seine Tür und verkündete mit ziemlich wackeliger Stimme, dass Melissa am Telefon war und mit ihm reden wollte. Wayne sprang vom Bett auf, schlüpfte in seine Boxershorts, öffnete die Tür und rauschte an seinem verblüfften Vater vorbei. Er hob den Hörer am Zweittelefon in der Küche ab und sagte: »Melissa, mein Dad ...«
Und dann hörte er das Geräusch, das sein Herz beinahe zum Stehen brachte. Dieses Schniefen. Alle seelischen Qualen der Welt schienen darin widerzuklingen. Dann begann sie mit leiser und zitternder Stimme zu sprechen. »Wayne, bitte komm ... komm her und h-hol mich.« Sie weinte und Waynes Brust schien zu zerspringen. »Bitte ... ich liebe dich ... bitte ...«
Er warf seinem Vater einen finsteren Blick zu, der im Bogen zwischen Küche und Flur stand. Die Augen seines Alten blickten ihn übernächtigt an, seine Brauen schienen eine besorgte Frage zu formulieren.
Wayne zuckte die Achseln und drehte sich weg. »Melissa, was ist los mit dir? Bist du –«
»Ich bin i-immer noch an diesem v-verfickten Ort.« Noch mehr Tränen. Weiteres Schniefen. Dann riss sie sich zusammen und erklärte: »Ich sollte das nicht tun. Ich habe mich nach der Sperrstunde raus zum Telefon im Flur geschlichen. Wayne, es ist schrecklich hier. Viel schlimmer, als du dir das vorstellen kannst. Bitte komm und hol mich hier raus.«
»Was? Wie soll ich –«
Dann atmete sie erschreckt ein. »Oh nein. Ich muss gehen. Jemand kommt.«
Wayne öffnete den Mund, um weitere Fragen zu stellen, aber schlagartig war die Leitung tot.
Er zerstreute die Bedenken seines Vaters mit einer ausgedachten Geschichte und ging wieder ins Bett. Aber das bisschen Schlaf, das er noch bekam, war unruhig. Er verbrachte den Großteil der langen Nacht damit, an die dunkle Decke zu starren und Pläne zu schmieden. Am nächsten Morgen überredete er seinen besten Freund dazu, mit ihm gemeinsam Melissa aus der MUSI zu befreien.
Steve kippte sich einen kräftigen Schluck Southern Comfort hinter die Binde und hustete, während er fast an dem warmen Whiskey erstickt wäre. Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und bot Wayne die Flasche an.
Wayne nahm sie entgegen und parkte am Randstreifen. Er schüttete sich Whiskey in den Mund und starrte das große weiße Schild an. Mit seiner Zunge goutierte er den beißenden Geschmack.
Er seufzte tief und gab die Flasche an Wayne zurück.
Dann beantwortete er endlich die Frage seines Freundes.
»Ich weiß nicht, wie wir sie da rausholen, Mann. Noch nicht. Aber ich schwör’s dir, wir werden diesen Laden nicht ohne Melissa verlassen, so oder so.«
2: Unterwerfung
(Submission; Sex Pistols, 1977)
Das Büro der Schulleiterin war groß und protzig ausgestattet. Die zahlreichen Möbelstücke wirkten durch die Bank massiv und hochwertig. Der Boden bestand aus hochglanzlackiertem Hartholz. Viele Gemälde, alles Originale, schmückten die Wände. Sie waren für pervers hohe Beträge im Rahmen einer Telefonauktion angeschafft worden. Ein gemauerter Kamin dominierte eine Seite des Raums. In ihm prasselte jetzt ein Feuerchen. Ein großer Vorleger aus Bärenfell lag vor den lodernden Flammen auf dem Boden. Bücherregale aus dunklem Holz stellten eine Serie teurer Lederbände zur Schau.
Anna kam es wie ein Büro vor, in dem sich ein mächtiger Ölmagnat oder jemand aus der Wall Street wie zu Hause fühlte. Irgendein fetter Überflieger, der gerne zeigte, was er hat. Die Sorte Mann, bei dem immer eine Zigarre im Mundwinkel
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