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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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hart es ist, versklavt zu sein, und wie menschenunwürdig das Dasein der Sklaven ist.
    Ein anderes Vorurteil dagegen ist zu streichen: Aversionen gegenüber dem Händlertum. In der Oberschicht war man allgemein der Ansicht, Kaufleute seien Lügner und Diebe. Wurde dieses Urteil aber von der breiten Bevölkerung geteilt? In seinem Brief an die Philipper bedient sich Paulus auf weite Strecken einer kaufmännisch gefärbten Sprache – verbreitet finden sich Verben des Wechselns und Verrechnens, die gebraucht werden, um Paulus’ Gedanken über die Christengemeinde zu vermitteln. Damit ist nicht nur auf die Herkunft des Apostels aus dem Händlermilieu verwiesen, sondern auch auf die Tätigkeit seines Publikums in diesem Bereich und dessen durchaus positive Einschätzung. Die Purpurkrämerin Lydia (Apostelgeschichte 16,14 f.) gehörte in diesen Kreis, und auch hier fehlen negative Konnotationen. Die Kaufleute selbst waren stolz auf ihre Fähigkeiten, wie auch dieser im Fernhandel Tätige:
     
    Wenn es dir keine Mühe ist, der du vorübergehst, verweile und lies dieses. Ich jagte oft über die große See auf Schiffen mit schnellen Segeln und erreichte viele Länder. Dies ist das Ende, das mir die Parzen einst bei der Geburt gesponnen. Hier habe ich alle Sorgen und Mühen niedergelegt. Hier fürchte ich weder die Sterne noch die Wolken noch die wilde See, noch fürchte ich, dass meine Ausgaben meinen Verdienst übersteigen. (
CIL
IX 60, Brindisi)
     
    Neben den Fernhändlern gab es die Kaufleute vor Ort, die im Nahbereich entweder mit lokal produzierten Gütern handelten oder Ware en gros einkauften und zum Ortspreis verkauften. Wie Inschriften bezeugen, sahen sich diese Kaufleute als Gegenbild der Vorstellung vom trügerischen, unehrlichen Händler, die im Überlieferungsgut der Elite umgeht. Lucius Nerusius Mithres, Händler in einer Kleinstadt, hielt fest:
     
    Ich verkaufte Waren, die die Leute brauchen konnten, meine Ehrlichkeit wurde immer und überall gepriesen, das Leben war gut … ich bezahlte immer meine Steuern, ich war freimütig in allem, so gerecht wie ich konnte zu jedermann, mit dem ich zu tun hatte. Ich half so gut ich konnte denen, die meine Hilfe suchten. Unter meinen Freunden war ich hochangesehen … (
CIL
IX 4796, Vescovio, Italien)
     
    Praecilius, ein Geldwechsler
(argentarius)
in Cirta, Mitglied also der hochsuspekten Klasse der Bankiers, schreibt, dass er immer das Vertrauen seiner Kunden besessen habe und stets aufrichtig und gut gewesen sei:
     
    Hier schweige ich und beschreibe mein Leben in Versen. Ich erfreute mich eines leuchtenden Rufs und der Höhe des Wohlstands. Praecilius mit Namen, gebürtig aus Cirta, war ich ein geschickter Bankier. Meine Ehrlichkeit war wunderbar, und ich hielt es immer mit der Wahrheit; ich war höflich zu allen, und wem stand ich nicht in seinem Kummer bei? Ich war immer fröhlich, und gastlich gegenüber meinen lieben Freunden; eine große Veränderung kam in mein Leben nach dem Tod der tugendhaften Valeria. Solange ich konnte, erfreute ich mich der Freuden des heiligen Ehelebens; ich feierte hundert glückliche Geburtstage in Tugend und Glück; aber der letzte Tag ist gekommen, an dem nun der Geist meine erschöpften Glieder verlässt. Im Leben verdiente ich die Titel, die ihr lest, da Fortuna es wollte. Sie hat mich nie verlassen. Folgt mir auf gleiche Weise; hier erwarte ich euch! Kommt! (
CIL
VIII 7156, Constantine, Algerien)
     
    Gegen Gewinne hatten die Kaufleute natürlich nichts einzuwenden und dankten den Götter dafür:
     
    Geweiht drei Tage vor dem dritten Tag des Juni während des Konsulats von Dexter (zum zweiten Mal) und Fuscus. Geweiht dem Merkur, dem mächtigen Geber von Gewinn und Erhalter von Gewinn. Gaius Gemellius Valerianus, Sohn des Gaius, aus dem Bezirk Oufentina, Mitglied des Vier-Männer-Komitees mit polizeilicher Gewalt, Gerichtspräfekt, mit Cilonia Secunda, seiner Ehefrau und Valeria und Valeriana Secunda, seinen Kindern. Er errichtete dies in Erfüllung eines Gelübdes und weihte es an einem Ort, den die Gemeindebehörden genehmigt haben. (
CIL
V 6596 =
ILS
3199, Fontanetto da Po, Italien)
     
    Den Kaufleuten fehlte es mithin nicht an Selbstsicherheit. Natürlich legt sich die Vermutung nahe, dass die Beziehungen in bestimmten Fällen auch angespannt sein konnten, doch die Zeugnisse von Artemidor und anderen stehen in Einklang mit dem positiven Bild, das die Erfahrungen des Paulus den normalen Bürgern vermitteln, die mit solchen

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