Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
das Herz gekrampft. Der erste Tote in Yosis Namen. Inani lächelte nur und spielte weiter mit dem kühlen Wasser. Noch drei weitere folgten, bevor ihr Verfolger endlich kam.
„Hier bist du also, verdammte Hexe!“, brüllte er quer über den Platz. Er war offenbar wütend darüber, dass sie solch lange Zeit mit ihm gespielt hatte … Normalerweise beherrschte er sich besser. Wie schön es war, ihn wiederzusehen! Die Menschen wichen kreischend zurück, bis genug Freiraum entstanden war. Inani erhob sich gelassen, wischte ihre Hände am Rock ab.
„Sei gegrüßt, Priester. Du bist recht langsam“, sagte sie lächelnd, und griff über die Schulter. Ein schön gewundener Holzstab ruhte nun in ihrer Hand. Yosis Buch war mittlerweile am Rand der Nebelpfade geborgen. Dort war es in Sicherheit, selbst, wenn sie heute sterben sollte. Diese Gefahr schätzte Inani allerdings als nicht sehr groß ein.
Oh, sie wollte nicht übermütig oder gar leichtsinnig werden, sie wusste, dass die Geweihten von Roen Orm sehr sorgfältig ausgebildet wurden. Doch Janiel hatte seit dem Krieg gegen Lynthis nicht mehr gegen Feinde gekämpft und war noch nie, soweit Inani wusste, mit Magie und Schwert gegen eine Hexe angetreten.
Janiel warf seinen dunklen Umhang ab und offenbarte das sonnengelbe Emblem auf seiner Brust. Mit gezogenem Langschwert näherte er sich dem Brunnen.
In der vordersten Reihe der gaffenden Zuschauer schrie eine Frau laut auf, krümmte sich und sackte tot zu Boden.
„Zu langsam war ich, um diese Menschen zu retten, ja. Aber wenn ich dich vernichtet habe, wird die Welt von einer schrecklichen Plage befreit sein. Was hat diese Frau dir getan, dass du sie töten musstest?“, rief er anklagend.
Inani parierte seinen Angriff und schlug gewandt mit ihrem Stab zurück.
„Sie war krank. Ihre Leber hätte sie in den nächsten Wochen qualvoll zugrunde gehen lassen. Ich habe ihr Leiden verkürzt. Dasselbe gilt für alle anderen. Ihr Opfer war notwendig. Glaub es mir, ich habe mir viel Zeit gelassen, um kein blühendes Leben zu zerstören. Dies ist der Weg der Pya.“
Sie umtänzelten einander, deckten sich immer wieder mit schnellen Schlagfolgen ein, ohne dass es einem gelang, den anderen zu treffen. Er war schnell und besaß durch Kraft und größere Reichweite den Vorteil, mit dem er Inanis Erfahrung ausgleichen konnte.
„Es steht dir nicht zu, über das Leben von Menschen zu entscheiden, dies darf nur Ti, unser Gott. Du bist eine Mörderin, eine verfluchte Hexe!“, zischte er, als eine weitere Frau in sich zusammensank.
Inani stieß beide Fäuste vor, und ein magischer Energiestoß aus reiner Feuermagie traf ihn ungeschützt in der Brust. Er stürzte schreiend zu Boden. Jämmerlich. Ein vorzüglicher Schwertkämpfer war er, selbst wütend und unbeherrscht konnte er ihr standhalten. Bloß, was war mit seiner Magie? Er besaß so viel Kraft, sie leuchtete so stark, dass es Inani beinahe blendete, warum nutzte er sie nicht? Es schien fast, als wüsste er gar nicht, wie stark er wirklich war.
„Wir Töchter der Nacht sorgen für das Gleichgewicht auf der Welt. Wo Licht ist, muss Schatten sein, wo Leben ist, auch der Tod.“
Der Geweihte riss die Hände empor, Lichtblitze lösten sich aus seinen Fingern. Doch Inani wich behände aus, die Blitze zerrissen harmlos die Erde.
„Ohne euch wird das Leben auf dieser Welt ein Zeitalter der Ordnung und des Friedens sein!“, erwiderte er voller Zorn, rappelte sich auf und griff erneut mit dem Schwert an.
„Ordnung und Frieden wird herrschen, sobald die Menschen dies wünschen, mein Freund. Vielleicht wirst du lange genug leben, um dies begreifen zu können.“
Immer mehr Tote stürzten reihum zur Erde. Ihre Angehörigen schrien verzweifelt, voller Angst und Entsetzen.
„Wir werden alle sterben!“, kreischte jemand.
Diese Worte lösten die Trance, in der die Menge sich befand. Massenpanik griff um sich, und sie rannten, weinten, flüchteten in alle Richtungen, vorbei an dem kämpfenden Paar.
„Du bist noch lange nicht soweit, mein Lieber“, sagte Inani irgendwann seufzend.
„Ein guter Krieger, aber deine magischen Fähigkeiten sind unterentwickelt, dazu fehlt es dir an Selbstvertrauen.“ Sie ließ den Stock fallen, wirbelte blitzschnell um die eigene Achse und stand im Rücken ihres Feindes, bevor der begriffen hatte, was geschah. Sie schlug ihm mit der flachen Hand in den Nacken, kraftlos sank er in sich zusammen. Bewegungsunfähig lag er am Boden, gebannt von ihrem mit Magie
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