Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
Kontrast zu der sehr hellen Haut standen. Ein Hauch von Ferne, von Verlorenheit lag über der Fremden, wie bei einer Rosenblüte, die von Frost berührt worden war. Die schlanke, hoch gewachsene Gestalt beugte sich zu ihr und Jordre herab.
„Guten Morgen! Ich hoffe, euch geht es besser?“
„Ja – danke, hm – wo sind wir hier?“, stammelte Jordre verwirrt. Der Raum, in dem sie sich befanden, hatte keine Fenster. Außer dem Bett gab es keinerlei Möbel, auch keine Kerzen oder sonstige Lichtquellen. Trotzdem war es angenehm hell und warm.
„Ihr seid in meinem Traum.“ Die Frau lachte leise, ein bezaubernder, melodischer Laut.
„Wie ich letzte Nacht bereits sagte, mein Name ist Ledrea. Ihr habt vielleicht von mir gehört?“
„Natürlich. Du hast das Weltentor geschlossen, das vom Elfenkönig geschaffen wurde, damit sein Volk fliehen konnte. Aber alle sagten, du seiest tot, von Osmege getötet.“ Jordre starrte die Fremde offen an. Sie sah aus wie man es sich von Elfen erzählte, trotzdem wagte er nicht, ihr zu vertrauen. Es war unglaublich, einer wandelnden Legende zu begegnen. Wie sollte das möglich sein? Wenn es nun eine List von Osmege war?
„Es hätte nicht viel gefehlt, um mich zu den Jenseitswächtern zu schicken. Zum Glück bin ich nicht erst seit gestern auf der Welt, um genau zu sein, ich wurde bereits fünf Mal wiedergeboren.“ Ein Schatten legte sich über das schöne Gesicht, doch Ledrea fuhr rasch fort: „Es war eine grausame Erfahrung, jedes Mal aufs Neue. Irgendwann lernt man dabei, besser auf sich aufzupassen. Osmege hatte mich niedergeschlagen und wollte mich gerade mit seinem Zauber vernichten, dafür musste er sich allerdings einen Moment lang konzentrieren. Das reichte für mich, ich konnte fliehen, hierher. Dies ist ein, hm, stofflich gewordener Traum, den ihr beide nun teilt.“
„Ich verstehe nicht“, murmelte Pera kopfschüttelnd.
„Ich verstehe es selbst nicht, aber es funktioniert. Damals wollte ich nur fliehen, egal, wohin. Meine Magie erlaubt mir nicht, einfach mit der Kraft meiner Gedanken irgendwo hinzugehen, also wollte ich mich an einen Ort träumen, an dem ich nicht spüren würde, was Osmege mir antut. Und plötzlich war ich IN meinem Traum ... ich weiß bis heute nicht, ob mein Körper vernichtet wurde und nur meine Seele – oder ein Teil davon – in dieser Welt verblieben ist. Ich kann nach Anevy gehen, jederzeit, ich kann Dinge bewegen und mitnehmen. Oder vielleicht träume ich lediglich, dass ich dies alles tue?“
Noch verwirrter starrten Pera und Jordre sich an. War die Elfe verrückt?
„Würde das dann bedeuten, dass wir beide ebenfalls tot sind und nur mit dir gemeinsam träumen, wir würden uns unterhalten? Ich fühle mich eigentlich zu müde für einen Traum, und meine Kopfschmerzen scheinen auch recht wirklich“, sagte Jordre schließlich.
Ledrea lachte. „Bemüh dich nicht, ich denke schon seit etlichen Jahren über dieses Rätsel nach, Antworten habe ich zu viele gefunden. Bleiben wir bei den wichtigen Fragen. Ihr seid die Gefährten der Steintänzerin, nicht wahr?“ Sie lächelte, als Pera und Jordre nur erschrocken schwiegen.
„Es ist offensichtlich. Ihr seid von mächtiger Famár-Magie beschützt und getarnt, aber keine Famár ist bei euch. Ich habe flüchtig eure Gegenwart gespürt, und das war nur möglich, weil ich euch schon kannte ... Lassen wir das.
Zufällig weiß ich, dass die mächtigste Wasseratmerin gerade durch das Land tobt und für Unruhe sorgt – weit fort von dem Bergpass, an dem ich euch fand. Chyvile neigt nicht zu unnötigen Risiken, wenn sie noch ein wenig so ist wie damals, doch sie scheut keine Gefahr, sobald es einen wichtigen Grund dafür gibt. Das einzige, was in diesen Tagen des Niedergangs wichtig sein kann, ist die Steintänzerin. Also, willkommen, Gefährten der Tänzerin. Wie kann die letzte Elfe dieser Welt euch zu Diensten sein?“
„Wir ... nun, wir müssen nach Merpyn, um die Steintänzerin zu finden“, sagte Pera zögernd.
„Dann lasst uns rasch frühstücken und aufbrechen. Ich denke, Eile ist geboten.“ Ledrea klatschte kurz in die Hände, das Bett verschwand. Pera und Jordre saßen nun an einem gedeckten Tisch auf bequemen Sitzkissen.
„Träume sind nützlich“, sagte die Elfe mit leerem Lächeln, und sah verloren in die Ferne, „Niemand sollte ewig im Traum verweilen.“ Eine einzelne Träne rann über ihr schönes Gesicht.
Pera und Jordre senkten schweigend die Köpfe. Was hätten sie der Elfe auch
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