Roeslein tot
Mord selbst im Giftschrank der Gärtnerei versteckt. Bei der nächstbesten Gelegenheit wollten Sie die Handschuhe vernichten, haben sie aber in der allgemeinen Aufregung vergessen. Unser Labor hat Rost und Pflanzenfaserreste am Gummi gefunden. Die weitere Überprüfung wird zeigen, dass es sich um Rosenholzfasern handelt.«
Der Jens ist völlig überrumpelt. Ich weiß ja, dass er tatsächlich keine Ahnung vom Verbleib der Handschuhe hatte, aber der Stuhlinger hält ihn sicher für einen guten Schauspieler.
»Im Giftschrank wollen Sie die Handschuhe gefunden haben? Das ist unmöglich!«, ruft der Jens empört. »Ich lege sie doch immer auf den Tisch neben die Kasse. Mir ist natürlich aufgefallen, dass sie dort nicht mehr liegen, aber ich dachte, meine Frau hätte sie weggeworfen.«
»Herr Schultes. Bitte«, weist ihn der Stuhlinger zurecht. »Es gibt mehrere Zeugen, die dabei waren, als die Handschuhe gefunden wurden. Sie lagen im abgeschlossenen Schrank und kamen erst zum Vorschein, nachdem Ihre Frau die Schranktüre aufgesperrt hatte. Frau Schultes beteuerte glaubhaft, sie habe den Schrank zuletzt vor dem Mord geöffnet. Und der Einzige, der es nach dem Mord getan haben kann, sind Sie.«
Man merkt dem Jens deutlich an, dass er sich in die Enge getrieben fühlt. Aber er weiß wie ich, dass er die Wahrheit sagt. Deshalb kämpft er verbissen weiter.
»Ich habe keinen blassen Schimmer, wie die Handschuhe dort hingekommen sind. Ehrlich. Und wie soll da Rost rangekommen sein? Ich nehme sie nur zum Putzen.«
Das stimmt, soweit ich weiß. Ich bin über den Rost genauso erstaunt wie der Jens. Kann es sein, dass der Sprenger auch das bewerkstelligt hat? Vielleicht hatte er bei seinem Besuch etwas Rostiges dabei und hat die Handschuhe damit vollgeschmiert? So muss es gewesen sein.
Der Stuhlinger glaubt dem Jens kein Wort und bringt das auch deutlich zum Ausdruck.
»Ich würde sagen, der Rost stammt von der Brechstange, mit der Sie Herrn Schladerer getötet haben. Dann haben Sie ihn mit diesen Handschuhen unter den Rosen versteckt, daher die Pflanzenfasern.«
»Das ist doch purer Unsinn! Kein Mensch würde Gummihandschuhe anziehen, um sich vor Rosen zu schützen. Die stechen da glatt durch. Für so etwas muss man Lederhandschuhe nehmen, das weiß doch jeder Lehrling. Ich habe mit dem Mord am Sepp rein gar nichts zu tun.«
»Herr Schultes, Ihre Argumente klingen nicht sehr überzeugend. Es tut mir leid, aber ich muss Sie wegen des dringenden Tatverdachts im Mordfall Schladerer vorläufig festnehmen. Herr Kriminalhauptmeister Wellmann wird Sie über Ihre Rechte und Pflichten als Beschuldigter belehren.«
Der Stuhlinger scheint sich seiner Sache ja ganz schön sicher zu sein. Auch ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Jens schuldig ist. Er hätte vom Tod des alten Gärtners genug Vorteile gehabt, wenn der Mord unentdeckt geblieben wäre. Aber dass er jetzt ausgerechnet wegen der Handschuhe verhaftet wird, die der Sprenger versteckt hat, ist schon eine Ironie des Schicksals.
Siebzehn
Die Polizei hat einen Hauptverdächtigen. Mir soll es recht sein, wenn der Jens für immer aus der Gärtnerei verschwindet. Aber die schmutzigen Handschuhe, mit denen der Olivenbaum umgetopft wurde, und das Treffen zwischen dem Sepp und dem Pfarrer gehen mir nicht aus dem Sinn. Ich sende noch mal ganz besonders inständige Moleküle an den Bergahorn hinter dem Pfarrhaus. Gerade übt die Organistin »Großer Gott, wir loben dich«, und der Ahorn summt gedankenverloren mit.
»Baum, vergiss bitte kurz das Himmelreich, sperr deine Stomata ganz weit auf und hör mir zu. Versuch, dich ganz genau an das Treffen zwischen dem Herrn Pfarrer und dem Sepp zu erinnern. Du musst doch wenigstens ein bisschen was von dem verstanden haben, worüber sie in der Kirche redeten.«
»Ach weißt du, das hat mich damals ja gar nicht so interessiert. Aus der Kirche klingt ohnehin alles so gedämpft und undeutlich heraus, dass man nur raten kann, worum es gehen könnte.«
»Und was hast du geraten? Es ist wichtig!«
»Irdische Dinge sind nie wichtig. Meinst du wirklich, ich würde wegen deiner Zudringlichkeit das Beichtgeheimnis verletzen? Außerdem wären das nichts als schwammige Mutmaßungen.« Der Ahorn schaudert, wenn er an den Schwamm denkt, der sein Holz an dem schattigen, feuchten Standort immer wieder attackiert.
»Ich wäre dir unheimlich dankbar, wenn du mich an deinen Mutmaßungen teilhaben lassen könntest. Es geht immerhin um einen
Weitere Kostenlose Bücher