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Roeslein tot

Roeslein tot

Titel: Roeslein tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marketa Haist
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optisch ein bisschen besser zusammenpassen, und dass ihm eine Krawatte nicht schaden würde. Krawatten trägt er nämlich nie. Da ist er richtig explodiert: Ich würde ein Vermögen für überkandidelte Launen auf den Kopf hauen. Ich sei geldgierig, ein richtiges Luxusweibchen, und ich hätte den Franz nur geheiratet, um ihn so richtig auszunehmen. Er dagegen müsse sich jeden Cent vom Mund absparen, aber das fände er gut, da lerne man Selbstdisziplin. Trotz aller Verliebtheit fand ich die Vorwürfe ziemlich unverschämt. Schließlich hatte ich das Wellness-Hotel ganz allein bezahlt, und er war dem Luxus bis dahin überhaupt nicht abgeneigt gewesen. Irgendwie hat sich die Sache hochgeschaukelt, ohne dass es einer von uns wirklich wollte. Und dann ist er einfach abgereist. Koffer gepackt und zu Fuß zum Bahnhof. Ich bin noch eine Nacht im Hotel geblieben, weil mich mein Mann erst am nächsten Tag erwartet hat. Obwohl die beflügelnde Wirkung der Liebe natürlich dahin war, wollte ich mir von diesem Rüpel nicht die Laune verderben lassen. Den Abend habe ich zuerst im Wellness-Bereich verbracht und dann an der Bar. Erst um zwei Uhr nachts bin ich ins Bett gegangen. Ich wollte dieses luxuriöse Ambiente so lange auskosten wie möglich. Das Hotelpersonal wird das sicher bezeugen.«
    »Wellmann, überprüfen Sie das bitte«, ordnet der Stuhlinger an und richtet noch eine letzte Frage an die Eisingerin: »Wann genau hat Herr Schultes Sie verlassen?«
    »Das muss so gegen fünf Uhr nachmittags gewesen sein. Was er dann gemacht hat, weiß ich nicht.«
    »Frau Eisinger, ich muss Sie bitten, mit uns zur Dienststelle zu kommen und Ihre Aussage zu Protokoll zu geben.«
    Die Eisingerin hält es anscheinend nicht für nötig, dem Eisinger Tschüss zu sagen. Brav wie ein Lämmchen folgt sie dem Stuhlinger und dem Wellmann zum Auto.
    Als die beiden altvertrauten Gestalten am Dienstagmorgen in der Gärtnereieinfahrt aus ihrem Wagen steigen, sieht der Stuhlinger ausgesprochen zufrieden aus. Der Wellmann nicht so ganz. Ich glaube, im Grunde hält er den Jens für einen jungen sympathischen Kerl, der es nur zu was bringen wollte, genau wie er selbst. Andererseits wäre es ihm nicht unrecht, wenn das Ehepaar Schultes ein wenig auseinanderrücken würde. Wellmanns Ausdünstungen geben ein beredtes Zeugnis vom Widerstreit der Emotionen in seinem Innern, gerade jetzt, wo er doch einen möglichst kühlen Kopf behalten sollte. So zu empfinden, das ist schlecht. Das weiß der Wellmann natürlich. Ein guter Kriminalist muss sich zwar in einen Verbrecher hineinfühlen, wenn es um das Aufdecken seiner Machenschaften geht, aber doch nicht bei der Verhaftung! Jetzt will sich der Wellmann bloß nichts anmerken lassen, aber den Weihnachtskaktus kann er natürlich nicht täuschen. Den Stuhlinger auch nicht, denn seine Körpersprache verrät selbst jemandem, der keine Empfangsorgane für chemische Signale besitzt, mehr als genug. Das ist etwas, was der Wellmann als Polizist unbedingt noch lernen sollte: sich nicht in die Karten gucken zu lassen.
    »Reißen Sie sich zusammen, Wellmann. Ich habe fast den Eindruck, dass Sie sich in diesen Fall ein bisschen mehr hineingesteigert haben, als Ihnen guttut.«
    Der Wellmann schluckt und schweigt.
    Der Jens hackt gerade in der einzigen Blütensträucherreihe der Gärtnerei. Die armen »Unkräuter«, wie sie von den Menschen genannt werden, stoßen in ihrem letzten Stündlein spitze Notschreie aus, sodass man der Berichterstattung von Flieder und Forsythie kaum richtig folgen kann. Natürlich tun mir die armen Geschöpfe leid. Trotzdem möchte ich mitbekommen, was dort gesprochen wird.
    »Herr Schultes, wir haben da ein paar Unstimmigkeiten gefunden. Was Sie uns bisher erzählt haben, deckt sich nicht mit den Aussagen anderer Personen. Ich habe mir Ihre Bahntickets noch einmal genau angesehen. Die Stempel sind alle nur aus Norddeutschland. Wie kann es sein, dass Sie in Bayern gar nicht kontrolliert wurden?« Als der Jens nur mit den Schultern zuckt, fährt der Stuhlinger fort: »Dann haben wir noch ein Bild von Ihnen an die Baumschule ›Timm von Ehern‹ gemailt, und Herr Jespersen antwortete, die Person auf dem Foto sei nicht der junge blonde Westfale, den er neulich durch den Betrieb geführt hat.« Jetzt macht der Stuhlinger zur Abwechslung selbst mal eine dramatische Pause. »Sie waren gar nicht in Hamburg. Sie hatten gelogen. Sie haben die drei Tage von Dienstag bis Donnerstag mit Frau Eisinger in Bad

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