Rolf Torring 010 - Die Feuer-Priester
ich Hoddge zu, der ihr am nächsten saß. Doch ehe der Kapitän aufspringen konnte, ertönte wieder der Ruf in den Büschen und mit jubelndem „Hermann, o Hermann", eilte Frau Ellen auf den Busch zu, aus dem dieser Ruf erklungen war. Auch die Tempeltänzerin konnte sie nicht mehr aufhalten.
„Hierbleiben, es ist eine Falle!" schrie ich ihr entsetzt nach, aber die junge Frau kannte in diesem Augenblick keine Vorsicht. Keine Sekunde stockte ihr Fuß, und im nächsten Augenblick war sie zwischen den Zweigen verschwunden. Und dann stieß sie einen gellenden Schreckensschrei aus, dem aus vielen Kehlen ein höllisches Hohn- und Triumphgelächter folgte. Die Feuerpriester hatten es verstanden, sich jetzt in Vorteil zu setzen. „Sie haben ihm das Gedächtnis zurückgegeben", sagte Hoddge, „damit konnten wir allerdings nicht rechnen. Hoffentlich kommt jetzt Torring, er muß es doch gehört haben."
„Und vielleicht läuft er dabei den Priestern in die Hände", meinte ich besorgt, doch Hoddge schüttelte den Kopf. „Er weiß doch aus diesem Gelächter, daß sie hier sind, da wird er schon die nötige Vorsicht walten lassen. Aha, unser Ober-Bonze hat die Augen aufgeschlagen, jetzt werde ich mit ihm sprechen."
Der Oberpriester lag ganz still in der mächtigen Faust Pongos, die sein Genick umklammert hielt. Als ich zu ihm hinblickte, schweiften seine Augen gerade von der breiten Klinge des Haimessers an seiner Kehle an Pongos riesiger Gestalt hinauf und blieben an dem gräßlichen Gesicht unseres schwarzen Freundes hängen. Und trotz aller Beherrschung, die er zeigte, zuckte jetzt doch ein Ausdruck maßlosen Schrecks über seine scharfen Züge. Aber schnell hatte er sich wieder in der Gewalt, drehte den Kopf und blickte uns kalt an. Hoddge sprach ihn an. Ruhig hörte der Priester zu, dann schloß er die Augen, wie um das Gehörte zu überdenken, und antwortete dann einige Worte. Hoddge wandte sich mir strahlend zu.
„Er ist einverstanden, daß er gegen das Ehepaar ausgetauscht wird", sagte er erfreut; auch hat er die Bedingungen angenommen, daß der Austausch in aller Sicherheit für uns vor sich geht."
„Na", meinte ich mißtrauisch, „wir müssen uns doch noch sehr überlegen, wie wir uns am besten gegen Verrat schützen können. Sagen Sie ihm, daß Rolf nicht angegriffen wird, wenn ich ihn jetzt rufe, denn allein möchte ich die Verantwortung nicht übernehmen." Hoddge sprach mit dem Oberpriester, und dieser rief laut einen Befehl, der irgendwoher aus den Büschen erwidert wurde.
„Es ist alles in Ordnung", sagte Hoddge, „Torring kann jetzt ruhig kommen."
Ich erhob mich, um Rolf zu rufen, da tauchte er bereits dicht vor mir auf.
„Ich lag hinter jenem Busch", sagte er ruhig, „hätte mich nicht fangen und auch nicht sehen lassen, wenn ich mich nicht überzeugt hätte, daß wir nur durch Verhandlungen mit dem Oberpriester zum Ziel gelangen können. Lieber Hoddge, sagen Sie ihm, bitte, folgendes: „Die Priester müssen sich zurückziehen, und bei Tagesanbruch soll das Ehepaar Valentini von einer beliebigen Anzahl Wächter gebracht werden. Wir brechen dann mit dem Oberpriester auf und gehen bis zur Hütte des,Heiligen am Strom'. Dort werden wir wohl bald einen Sampan finden, der uns nach Bangkok bringt. Die Wächter folgen uns mit dem Ehepaar, und der Austausch findet erst im letzten Augenblick statt. Wenn er darauf eingeht, dann können wir uns als gerettet betrachten."
Hoddge sprach längere Zeit mit dem Gefangenen. Dann rief der Oberpriester einige Sätze laut in die Büsche, und sofort entstand dort eine lebhafte Bewegung. Unwillkürlich zogen wir sofort unsere Pistolen, aber da merkten wir, daß sich die Geräusche zum Fluß hin entfernten. Die Feuer-Priester zogen sich also zurück. Und Hoddge rieb sich erfreut die Hände. „Alles in Ordnung", meinte er, „in einer halben Stunde kommen drei Wächter mit unserem Ehepaar. Sie haben aber den Auftrag, die beiden Valentinis sofort zu töten, wenn wir irgend etwas gegen den Oberpriester unternehmen. Na, das wollen wir ja nicht. Und der Austausch soll an der Hütte des alten Siamesen, dieses Heiligen, erfolgen. Uff, ich hätte wirklich nicht gedacht, daß dieses schwere Werk so bald und so gut gelingen würde." „Jubeln Sie nicht zu früh", meinte Rolf ernst, „ich habe immer noch das Gefühl, daß unsere Gegner irgendeine Hinterlist gegen uns im Schilde führen. Ich bin erst ganz beruhigt, wenn wir mit den Valentinis Siam verlassen haben."
„Nanu",
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