Rolf Torring 021 - Unter Fanatikern
Lage jetzt doch so schwierig, daß er wohl kaum siegreich bleiben würde. Die Lamas konnten ihn ja von zwei Seiten angreifen, und auf der schmalen, steilen Treppe war an ein richtiges Entfalten seiner übermenschlichen Kräfte nicht zu denken.
Mit tödlicher Langsamkeit verrannen die Minuten in qualvoller Spannung. Schon jetzt wurde ja über unser Leben entschieden, denn nach unserem Fluchtversuch würden die Fanatiker kaum zögern, uns sofort abzuurteilen. Und dem Urteil würde auch bestimmt sofort die Vollstreckung folgen.
Endlich kehrten einige Priester in hellster Aufregung zurück. Lebhaft sprachen sie auf den höheren Lama ein, der sich dann wieder mit dem Abt lange unterhielt. Endlich wandte er sich an uns. Seine Miene war wutverzerrt, und mit rauher Stimme stieß er hervor:
„Ihr Gefährte droht, den Gefangenen zu erwürgen. Dann wäre Ihnen ein schrecklicher Tod gewiß. Er hat den Eingang in den Steinblock von innen verschlossen und hält den Priester als Schild nach unten vor sich. Wir werden Sie jetzt in den Tempel des strafenden Gottes fuhren, und Sie werden Ihrem Gefährten befehlen, herauszukommen. Nur dann können Sie auf Gnade rechnen."
„Oh, wir wollen gar keine Gnade," sagte Rolf kühl, „wir wollen nur Gerechtigkeit. Geben Sie uns unsere Waffen und die Freiheit wieder, dann ist auch unser Gefangener frei."
„Für Ihr Eindringen in unsere Stadt müssen Sie bestraft werden," knirschte der Priester, „Sie verschlimmern nur Ihre Lage, wenn Sie den Gefangenen nicht herausgeben."
Rolf lächelte.
„Unsere Lage ist schon schlimm genug," meinte er, und ich glaube, daß wir sie nur verbessern können, wenn wir auf unserem Willen beharren. Also nochmals, Waffen und Freiheit gegen die Freiheit des gefangenen Priesters."
Wieder besprach sich der Priester lebhaft mit dem Abt. Dann sagte er kurz:
„Darüber wird der Höchste entscheiden. Wir werden Sie jetzt an einen sicheren Ort bringen, und morgen erhalten Sie den Bescheid. Aber ich gebe Ihnen gar keine Hoffnung. Lieber soll der Gefangene sterben, als daß Sie ohne Strafe davonkommen. Die Entweihung unserer heiligen Stadt fordert Sühne."
Das waren nun allerdings keine sehr angenehmen Aussichten, aber wir ließen uns keinen Schreck anmerken, sondern Rolf bekam es sogar fertig zu lachen. Und freundlich meinte er:
„Nun, vielleicht überlegt es sich Ihr Oberster doch noch, ob das Leben seines Priesters nicht mehr wert ist als unsere Bestrafung. Und sagen Sie ihm auch, daß der Tod durch die Faust unseres Pongo nicht sehr angenehm ist."
„Dann werden Sie einen Tod erleiden, wie ihn noch niemals Menschen gestorben sind," zischte der Priester wütend, „wir lassen nicht mit uns spaßen"
„Oh, mir war es auch sehr ernst," sagte Rolf, „ich habe Ihnen einen vernünftigen Vorschlag gemacht und ich hoffe, daß Ihr Oberster ihm auch zustimmen wird "
„Kommen Sie," befahl der Priester kurz; offenbar war ihm die Ruhe Rolfs doch unangenehm.
Mehrere Lamas packten uns an den Armen und zogen uns hinaus. Durch mehrere Gassen ging es, dann wurde ein mächtiges Tor geöffnet, und wir traten in einen hellerleuchteten Saal, der ebenfalls völlig leer war, dessen Wände aber wieder mit bizarren Malereien bedeckt waren
In der Mitte des Fußbodens gähnte ein großes Loch, aus dem eine Leiter ragte.
„Dort hinunter!" befahl der Priester.
Mehrere Lamas stiegen voraus, wir wurden gezwungen, ebenfalls hinunterzuklettern, wobei uns gestattet wurde, mit dem Gesicht nach vorn zu klettern, da wir uns dann mit den auf dem Rücken gefesselten Händen halten konnten.
Unten war ein kleiner Raum, dessen Wände aus riesigen Felsquadern bestanden. Hier war an ein Ausbrechen allerdings kaum zu denken, denn die Leiter war die einzige Möglichkeit, zu entkommen. Und da die Höhe des Raumes wenigstens acht Meter betrug, konnte ohne sie niemand hinausgelangen.
In einer Ecke wurde jetzt Stroh aufgeschüttet, das zwei Lamas gebracht hatten. Der höhere Priester deutete darauf und sagte:
„Hier können Sie ruhen. Morgen früh werden Sie hier unten Ihr Urteil vernehmen. Eine Flucht ist völlig ausgeschlossen, geben Sie sich also keine Mühe."
Er nickte uns mit spöttischem Lächeln zu, rief seinen Leuten einen kurzen Befehl zu und stieg die Leiter empor. In mehreren eisernen Ringen waren Fackeln an den Wänden befestigt. Diese wurden jetzt ausgelöscht, doch fiel durch die große Deckenöffnung genügend Licht hinunter, um unseren Kerker notdürftig zu erhellen.
In der
Weitere Kostenlose Bücher