Rolf Torring 025 - Der Herr der Riesen
wir uns als Fremde in diese Händel einmischen wollten, dann wären uns einige Kugeln ganz sicher gewesen.
Der Wirt bat uns jetzt in ein kleines Nebenzimmer, um eine Erfrischung nach der langen Fahrt einzunehmen und ich verspürte auch tatsächlich großen Hunger. Das Zimmer war wirklich gemütlich eingerichtet, mit hohem Holzpaneel, großem Kachelofen und mächtigen Eichenmöbeln. Offenbar durften nur besonders bevorzugte Gäste eintreten, denn nur drei ältere Digger in sehr sauberer Kleidung saßen an einem Tisch in der Nähe des Ofens und unterhielten sich halblaut
Bei unserem Eintritt verstummten sie und blickten Sykes erwartungsvoll an.
„Zwei deutsche Herren," sagte der Wirt "die mir von Herrn Berger sehr empfohlen sind. Die Herren wollen Land und Leute kennen lernen."
„Die deutschen sind gute Leute," brummte der älteste Digger, eine hohe, hagere Gestalt, mit schneeweißem Haar und langem Vollbart, „freue mich, meine Herren. Kommen Sie an unseren Tisch; ich heiße Mac Sullivan."
Wir stellten uns vor und erfuhren auch die Namen der beiden anderen Digger, Stokes und Norton. Kaum hatten wir Platz genommen, da trug ein junger, adretter Indianer eine mächtige Schüssel Wildbraten auf, wahrend der Wirt selbst mit einigen Flaschen sehr guten Rotweins kam.
Wir ließen es uns sehr gut schmecken, dann, als der Boy das Geschirr abgeräumt hatte, entkorkte Sykes die zweite Flasche und fragte:
„Nun, meine Herren, Harlan sagte mir zwar, daß Sie nur Land und Leute kennen lernen wollen. Mag sein und ist auch ganz schön. Kann aber auch sein, daß Sie einen anderen Zweck haben. Na, wir wissen hier gut Bescheid, wurden Ihnen gern behilflich sein. Sind auch verschwiegen."
Bekräftigend nickten die drei alten Digger dazu, und Mac Sullivan setzte hinzu:
„Wollen Sie nicht zwingen, können ruhig Geheimnisse haben. Kalkuliere aber, daß wir Ihnen helfen können. Bin nun schon zwanzig Jahre hier, bin wohl der Älteste."
Rolf besann sich keinen Augenblick.
„Ich traue Ihnen vollkommen, meine Herren, und glaube auch, daß Sie uns manchen Rat geben können. Und da es auch Herr Berger und ein Advokat Eavens wissen, sehe ich nicht ein, weshalb ich Ihnen den Zweck unserer Reise vorenthalten soll. Wir kommen direkt aus Indien, im Auftrage des Lord Bird, um seine Nichte, Maud Gallagher, in zivilisierte Länder zurückzuholen."
Hätte vor den Männern ein Blitz in den Tisch geschlagen, die Wirkung hätte nicht größer sein können. Alle, außer uns beiden, sprangen auf, starrten uns einige Augenblicke groß an, dann schmetterte der alte Sullivan seine Faust auf den Tisch und rief:
„Herr, wenn Sie das fertig bringen, dann haben Sie wirklich ein gutes Werk getan. Aber ich glaube nicht, daß Tim Gallagher seine Tochter fortlassen wird. Irgendwo dort drüben haust er, jenseits des Yukons, in den Bärenwäldern. War ein guter Junge, der Tim, bis die verdammte Ratte, dieser Henderson, ihm sein Glück stahl."
„Nun," sagte Rolf ruhig, „ich bin fest überzeugt, daß ich ihn dazu bewegen kann, mir seine Tochter anzuvertrauen. Ja, vielleicht kann ich ihn sogar selbst veranlassen, mitzukommen.'
„Wenn Sie das fertig bekommen, Herr," sagte der Alte ernst, „dann können Sie zaubern. Tim Gallagher wird nie unter die Menschen zurückkommen. Das Kraut, das ihm die Ratte gab, hat seinen Geist teilweise verwirrt, das enttäuschte Vertrauen tat sein Übriges. Sechzehn Jahre ist er jetzt Einsiedler, nie hat einer von uns ihn wieder gesehen, und da wollen Sie ihn als Fremder aus seiner Einöde herausholen?'
„Wissen Sie denn bestimmt, daß er noch lebt?" fragte Rolf jetzt,
„Weil er jeden Monat einen Indianer mit Fellen hierher schickt, der dafür Gold und Lebensmittel eintauscht. Durch diesen Indianer erfuhren wir auch, daß Ellen Gallagher gestorben ist, die lustige Ellen, als die wir sie noch kannten."
Die beiden anderen Alten nickten wehmütig vor sich hin. Sie mochten an die Zeiten zurückdenken, in denen es vielleicht besser und schöner war als jetzt.
„Ja, Herr," fuhr Sullivan fort, „es wird Ihnen nicht möglich sein, Tim zum Verlassen seines Gebietes zu bewegen. Vielleicht werden Sie ihn gar nicht zu Gesicht bekommen. Vielleicht ist es besser, Sie warten hier einige Tage, dann muß der Indianer kommen. Dem geben Sie dann einen Brief mit. Das ist entschieden sicherer."
„Ich habe mir auch schon überlegt wie ich Gallagher aus seiner selbstgewählten Einöde herausholen könnte," sagte Rolf ruhig, „und ich
Weitere Kostenlose Bücher