Rolf Torring 039 - Auf der Flucht
1. Kapitel Gegen übermächtige Feinde.
Ungefähr vierhundertfünfzig Kilometer mußten wir noch durch das Kongogebiet, ehe wir an den Tanganjikasee stießen, den wir überqueren mußten, um auf das Gebiet des früheren Deutsch-Ostafrika zu gelangen.
Wir blickten der jungen Gertrud Wessel, die wir unter abenteuerlichen Umständen aus dem Hause des reichen Sklavenhändlers Omar ibn Fara in Lupungu befreit hatten, noch lange nach. Sie ging jetzt auf das Städtchen Gandu zu, in dem ihr Bruder wohnte.
„Hoffentlich verlassen die Geschwister auch recht bald das Kongogebiet," meinte Rolf, „Omar ibn Fara hat ja die Polizei in Lupungu bestochen und kann das junge Mädchen leicht wieder in seine Gewalt bekommen. Denn eigentlich ist sie ja kontraktbrüchig geworden."
„Ja, das ist sie allerdings, gab ich zu, „sie hätte noch ein Jahr als Erzieherin seiner Kinder im Hause bleiben müssen. Und wir können ihr nicht bezeugen, daß sie dort bedroht war, denn wir werden ja von der Polizei selbst gesucht."
„Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, als ich Afrika betrat," lachte Rolf. „Na, jetzt werden uns die Belgier hoffentlich nicht mehr einholen."
„Nein, ich glaube auch, daß sie ziemlich verwirrt sind," gab ich zu, „die Giftpfeile der Zwergneger werden ihnen viele Verluste zugefügt haben."
„Hoffentlich ist Leutnant Gaston von der Verfolgung ausgeschaltet," meinte Rolf, „der Anprall der beiden Neger, die Pongo vom Baum herab auf ihn warf, war ja sehr stark. Er ist ein ganz unerbittlicher energischer Verfolger."
„Wir haben ihm auch ziemlich schlecht mitgespielt," lachte ich, „da kann man es ihm kaum verdenken. Doch wir wollen losgehen, bis zum Abend können wir noch eine weite Strecke zurücklegen."
„Ja, und hier können wir leicht von Leuten, die zur Stadt gehen oder aus ihr kommen, gesehen werden," stimmte Rolf bei, „unser Mittagessen können wir uns vielleicht in einer Stunde besorgen, dann sind wir weit genug entfernt, um sogar schießen zu können."
„Was gibt es, Pongo?" fragte ich unseren treuen, schwarzen Begleiter, der sich mit den befreiten Sklaven lebhaft unterhalten hatte.
„Leute wollen nach Libatta zurück," erklärte Pongo, „sagen, daß nicht mehr gefangen werden."
„Nun, wenn sie es glauben, dann sollen sie ruhig gehen," meinte Rolf, „für uns ist es ja auch vielleicht besser, wenn wir allein sind, dann fallen wir weniger auf und können uns auch schneller vorwärtsbewegen."
Pongo sprach wieder auf die Neger ein, die sich darauf von uns dankend verabschiedeten. Hatten wir sie doch von einem furchtbaren Los befreit. Dann schlugen sie den Weg nach Westen ein, während wir uns in eiligen Marsch nach Osten setzten.
Leider war die Steppe hier nur mit sehr kurzem Gras bestanden, und auch Büsche und kleine Mimosengruppen, die sonst wohltuend die heißen Grasflächen Afrikas unterbrechen, fehlten vorläufig vollkommen.
So waren wir weithin zu sehen, konnten wir selbst doch verschiedene Antilopenrudel auf sehr große Entfernungen entdecken.
„Wenn Gaston mit seinen Leuten uns wirklich gefolgt sein sollte, wird er uns bald entdecken," meinte ich mißmutig, als nach einer halben Stunde scharfen Marsches noch kein Strauch auftauchte, der uns etwas geschützt hätte.
„Ja, es ist eine gefährliche Strecke, die wir durchwandern," stimmte Rolf bei. „aber ich hoffe, daß wir bald wieder auf Wald stoßen werden, denn wir nähern uns ja mit jedem Schritt dem Wassernetz des Luabala, wie der Kongo im Mündungsgebiet heißt."
„Na, das werden immerhin noch über dreißig Kilometer sein," meinte ich, „bis wir auf den ersten der Zuflüsse stoßen. Und das bedeutet einen Tagesmarsch, wenn nicht noch mehr, über diese furchtbare Steppe. Denn die Glut wird uns bald zwingen, langsamer zu gehen."
„Das müssen wir leider," gab Rolf zu, „denn dieses Tempo werden wir nicht lange durchhalten. Na, nach einer halben Stunde wollen wir uns ein Stück Wild schießen und Mittag essen. Tee haben wir ja, Gott sei Dank, noch genügend bei uns, so daß wir bis zum nächsten Fluß noch reichen werden, wenn wir uns etwas einschränken."
„Was allerdings bei dieser Hitze sehr angenehm ist," meinte ich trocken, „ich verspüre wenigstens schon einen furchtbaren Durst."
„Na, mir geht es auch nicht besser," lachte Rolf, „aber das muß eben ertragen werden. Doch still, was ist das für ein eigentümliches Geräusch?"
Wir blieben sofort stehen und lauschten. Ja, Rolf hatte recht, da
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