Rolf Torring 047 ~ Unter Hereros
doch dem Sergeanten nur recht geben. Dieses abgefeimte Mörderpaar verdiente wahrlich keine Schonung.
Wir schlugen ein recht flottes Tempo an, das jedoch unser Pongo bestimmte, der mit seiner schweren Last so schnell lief, als trüge er ein Federkissen.
In zehn Minuten erreichten wir die Stadt, und ein Pfiff des Sergeanten rief vier Polizisten zusammen, von denen zwei unserem Pongo den Bewußtlosen abnahmen, während die anderen das Mädchen zwischen sich weiterführten.
Diesmal ging es nicht zur Polizeistation, sondern zum Gefängnis, einem zwar kleinen, aber wohlvergitterten Haus. Kamha wurde sofort in die Krankenabteilung getragen, und bald erschienen, von Thomson telephonisch benachrichtigt, der Gerichtsarzt und der Polizeichef.
Während Thomson das Protokoll niederschrieb, sprach der Chef uns seinen Dank aus und fügte hinzu, daß er uns ein Schreiben mitgeben würde, das uns jede Tür öffnen sollte. Auch wollte er telephonisch und telegraphisch alle Polizeistationen benachrichtigen, in deren Nähe wir auf dem Weitermarsch kommen würden. Das war uns eine sehr wertvolle Unterstützung, und so nahmen wir die halbe Stunde, die wir noch warten mußten, bis Thomson mit seinem Bericht fertig war, gern hin.
Als wir das Protokoll unterschrieben hatten, trat Allison, der inzwischen verschwunden war, wieder ein. Er hatte sein seelisches Gleichgewicht wiedergefunden, bedankte sich herzlichst für unsere Hilfe und schenkte jedem von uns einen wunderbaren Diamanten als Andenken. Wir nahmen das Geschenk gern an, war es doch ein Andenken an ein sehr gefährliches, aber interessantes Abenteuer.
Auch der Arzt trat ein und sagte:
«Bei Kamha gibt es keine Rettung mehr. Sein kräftiger Riesenkörper wird sich vielleicht noch kurze Zeit gegen den Tod wehren, aber die Kugeln haben seine Lungen zerrissen, so daß jede Rettung unmöglich ist. Den Arm dieser Blessie habe ich geschient, so gut ich es konnte, er wird auch nicht zu retten sein. Wenn sie nicht bald gehenkt wird, muß ich ihn abnehmen. Es muß ein ganz furchtbarer Hieb gewesen sein, den sie bekommen hat."
Der Polizeichef sagte nur kurz:
„Wir werden einen sehr schnellen Prozeß machen. Das Mädchen soll nicht lange leiden. Morgen nachmittag muß sie gerichtet sein. Hat Kamha etwas gesagt?"
„Ja, er will ein Geständnis ablegen, obgleich es ja nicht mehr notwendig ist. Aber vielleicht können Sie erfahren, wo er die geraubten Sachen gelassen hat. Denn er war es wohl, der die Getöteten stets ausgeplündert hat."
„Natürlich war er das," fiel Rolf ein, „sonst hätte er doch diese Untaten gar nicht zu begehen brauchen. Dürften wir mitkommen und sein Geständnis anhören? Es interessiert mich sehr."
„Aber bitte, meine Herren," rief der Polizeichef höflich, „Ihnen gebührt doch das erste Anrecht darauf."
Er ließ uns den Vortritt, und wir schritten durch einen schmalen Gang ins Krankenzimmer des Gefängnisses. Lehutitang hatte eigne Kraftstation, und die elektrische Lampe erhellte das häßliche Gesicht des Negers, der in einem der Betten lag.
Ja, dieses Gesicht war vom Tod gezeichnet, und jeder andere Mensch hätte es sicher schon überstanden gehabt. Wir traten ans Lager und Kamha sagte in gutem Englisch, mit schwacher Stimme:
„Kamha viele Leute töten. Allen Schmuck an Jim Rändle geben, der Tochter herschicken. Tochter heute auch hier, noch in Kamhas Haus."
Diese wenigen Worte hatten ihn schon überanstrengt, denn er stöhnte auf, und sein erhobener Kopf fiel auf das Kissen zurück.
Nur mit Mühe konnte ich einen erstaunten Ausruf unterdrücken. Dieses Mädchen, das ich nachts mitten im Urwald getroffen hatte, war noch in der Stadt. Dasselbe Mädchen, das uns als Mitglieder der Bande ihres Vaters bezeichnet hatte? Das wäre ein ganz großartiger Fang.
Auch Thomson war aufgeregt.
„Herr Torring," bat er, „da müssen Sie doch mitmachen. Das wird dasselbe Mädchen sein, das Sie bei uns denunziert hat. Kamhas Haus liegt in der Nähe, gleich an dem großen Naturpark, der sich in der Mitte der Stadt befindet. Ich werde das ganze Anwesen sofort umzingeln lassen."
„Gut, ich mache mit," erklärte Rolf nach kurzem Besinnen, „jetzt kommt es auf eine halbe Stunde auch nicht mehr an. Rändle ist uns sehr wichtig, weil auch er nach dieser Statue strebt. Kommen Sie, wir wollen es möglichst schnell erledigen."
4.
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