Rolf Torring 122 - Tibetanische Geheimnisse
Abgrund, wenn wir hier weiter vorstoßen."
Wir liefen zur Höhle zurück. Professor Kennt stand im Eingang und erwartete uns.
„Ich wußte, daß Sie unverrichteterdinge zurückkehren würden," sagte er. „Deshalb habe ich lieber die Höhle bewacht. Pongo ist übrigens nach rechts gelaufen, obwohl die Gestalt sich nach links entfernte. Ich weiß nur nicht, was Maha hatte."
Rolf streichelte den Gepard und klopfte ihm das Fell leise, um ihn ruhiger zu machen. Das Tier zitterte noch immer am ganzen Körper und blickte unausgesetzt nach dem Eingang, als ob es von dort etwas erwarte.
Wo nur Pongo blieb! Er hätte auch längst zurück sein müssen!
„Wollen wir Pongo suchen?" fragte ich Rolf.
„Nein," entschied er. „Pongo wird sich nicht so leicht überlisten lassen."
„Wo soll deiner Ansicht nach die Gestalt geblieben sein, Rolf?"
„Vielleicht ist sie auf den Felsen geklettert. Es kann da einen gangbaren Pfad geben, den wir übersehen haben. Vielleicht hat man ihr auch von oben ein Seil zugeworfen. Professor Hunter meinte zwar, daß der Pfad bis zur Höhle, in der wir jetzt sind, ungefährlich wäre, aber die Leute werden uns schon eine ganze Zeitlang beobachtet haben."
„Hat dir der Professor auch eine Erklärung dafür gegeben, Rolf, aus welchem Grunde die Höhle hier so warm ist?"
„Er glaubt, daß irgendwo in der Nähe heiße Quellen entspringen, die die Höhle heizen. Vielleicht haben sich die Banditen den Unterschlupf deshalb in dieser Gegend gesucht."
Wir hatten uns in der Nähe des Eingangs niedergelassen und hielten die Pistolen schußbereit. Bald darauf begann Maha wieder unruhig zu werden und ängstlich zu winseln. Abermals erschien die helle Gestalt und wollte am Eingang vorbei schreiten, ohne einen Blick in die Höhle zu werfen. Wieder waren wir wie gelähmt, wie hypnotisiert. Ich sah aber, daß dicht hinter der weißen Gestalt ein dunkler Schatten geschlichen kam.
Da ertönte ein greller Pfiff. Die weiße Gestalt zuckte zusammen und wollte sich rasch umdrehen. Aber Pongo — kein anderer war der schwarze Schatten gewesen — faßte blitzschnell zu — nein, er machte nur eine Bewegung, um zuzufassen — überraschend hielt er mitten in der Bewegung inne und blieb, zur Salzsäule erstarrt, stehen.
Die weiße Gestalt machte kehrt und verschwand nach links.
Wie lange wir noch in der Erstarrung gesessen haben, kann ich nicht angeben. Man hat in solchen Situationen kein Zeitgefühl. Ziemlich gleichzeitig jedoch sprangen Rolf und ich auf die Beine und eilten auf den noch immer bewegungslos dastehenden Pongo zu. Erst als Rolf ihn am Arm packte und rüttelte, wachte er auf. Erstaunt blickte er uns an.
„Pongo nicht wissen, was geschehen," sagte er langsam. „Weiße Gestalt fangen wollen, plötzlich nicht mehr können."
Rolf beruhigte unseren schwarzen Freund.
„Es ist alles ganz natürlich zugegangen. Sicher wollte uns ein tibetanischer Mönch oder Priester eins seiner Kunststücke vorführen. Die Gestalt hat dich wie uns für kurze Zeit hypnotisiert. Der Mann beherrscht die Kunst übrigens ausgezeichnet."
„Ein sicheres und immer wirksames Mittel, seine Gegner mattzusetzen," meinte ich.
„Ob es immer wirksam ist, weiß ich nicht, Hans," erwiderte Rolf. „Wir waren beide Male nicht darauf vorbereitet. Vielleicht kann man sich bei der entsprechenden Willensanspannung dagegen wehren."
Wir waren inzwischen tiefer in die Höhle hineingegangen, wo Professor Kennt noch immer auf seiner Decke saß und so tat, als ob ihn die ganze Sache nichts anginge. Als wir uns neben ihn gesetzt hatten, meinte er leise:
„Der Kerl arbeitet mit Hypnose. Seine Helfer sind wahrscheinlich über uns, sie werden ihn an einem Seil auf den Saumpfad hinab gelassen haben. Ich bin unempfänglich für Hypnose, habe aber absichtlich zunächst so getan, als ob auch ich unter dem fremden Willenszwang stände. Haben Sie schon beschlossen, was Sie jetzt tun wollen?"
„Wir müssen versuchen, die Gestalt doch zu fangen. Pongo hatte sich auf dem Pfad versteckt und sah plötzlich die weiße Gestalt vor sich. Obwohl er Geistern gegenüber sonst sehr vorsichtig ist, schlich er doch hinter der Gestalt her, erlag aber auch ihrem Willen. Wenn sie ein drittes Mal hier auftaucht, müssen wir versuchen, sie zu überrumpeln."
„Vorsichtig, vorsichtig!" mahnte der Professor. „Die Leute
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