Romana Exklusiv 0172
zurückzugewinnen. Dann versicherte sie Jamie, dass sein Daddy nicht auf ihn zornig sei.
„Es ist meine Schuld“, sagte die Condesa. Ihre Hand zitterte, als sie die Tasse hob. Was war aus der Frau geworden, die Davina damals wie ein Ungeheuer vorgekommen war? Plötzlich sah sie die ältere Dame mit ganz anderen Augen: Sie war eine Mutter, deren Sohn zutiefst verletzt war und sie zurückwies.
„Er ist so stolz, und ich habe solche Angst um ihn“, fuhr die Condesa fort. „Es ist auf der Estancia passiert. Einer der Jungstiere hat ihn praktisch auf die Hörner genommen. Es war ein Unfall. Ein junger Mitarbeiter hat falsch reagiert, und der Stier ist ausgebrochen. Ruy war nur zufällig dabei …“ Sie verstummte, und Davina sah die Tränen in ihren Augen.
Am liebsten hätte Davina auch geweint. Es war unfassbar. Ruy, dieser stolze, kräftige Mann, war auf die Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen. Und dann hatte ihn auch noch die Frau, die er liebte, verlassen. Sie konnte seinen Schmerz nachempfinden. Sie liebte Ruy immer noch, auch wenn körperliche Liebe zwischen ihnen ausgeschlossen war.
„Du begreifst sicher jetzt, warum ich verhindern möchte, dass er auf die Estancia fährt. Aber wenn er mit dir und Jamie zusammen ist, wird er vielleicht nicht …“ Wieder verstummte die ältere Dame.
Davina sah sie entgeistert an. Glaubte ihre Schwiegermutter wirklich, Ruy wolle seinem Leben ein Ende machen? Offenbar ja, deshalb hatte Davina auch plötzlich Angst um ihn. Wenn es sein müsste, würde sie Ruy Tag und Nacht keine Minute allein lassen. Sie würde nicht zulassen, dass er sich etwas antat.
„Es ist einfach unbegreiflich und unverzeihlich, dass Carmelita ihn in dem Moment verlassen hat, als er sie am meisten gebraucht hätte“, sagte Davina ruhig. „Ausgerechnet jetzt Ruys Liebe zurückzuweisen …“
„Davina …“, begann die Condesa langsam und wirkte seltsam verlegen.
In dem Augenblick wollte Jamie etwas von Davina wissen, und als sie sich wieder an ihre Schwiegermutter wandte, erklärte die ältere Dame, sie müssten sich beeilen, wenn sie vor der Siesta in Córdoba sein wollten. Sebastián wolle am Nachmittag mit Rosita zu deren Familie fahren, und wenn Ruy wirklich auf die Estancia fahre, würde sie in der Zeit ihre Schwester in Cadiz besuchen, fügte die Condesa hinzu.
Sie blickte Davina aufmerksam an. „Nachdem du weißt, was mit Ruy passiert ist, möchte ich dich etwas fragen. Wärst du bereit, als seine Frau bei ihm zu bleiben und seine Verbitterung und seinen Zorn für den Rest deines Lebens zu ertragen?“
„Wir sind verheiratet“, erwiderte Davina und hob stolz den Kopf. „Ich liebe ihn immer noch. Natürlich bleibe ich bei ihm.“
Nachdem sie endlich die Wahrheit offen ausgesprochen hatte, fühlte sie sich etwas erleichtert. Es stimmte, sie liebte ihn und hatte nie aufgehört, ihn zu lieben, auch wenn sie sich jahrelang etwas anderes eingeredet hatte. In dem kühlen englischen Klima hat meine Liebe vielleicht einen Winterschlaf gehalten, doch unter Spaniens Sonne und in der Wärme blüht sie wieder auf, überlegte Davina und musste lächeln über den Vergleich. Und wenn sie Ruy überzeugen könnte, dass das Leben trotz seiner Behinderung lebenswert war, könnten sie wieder eine Beziehung aufbauen. Sie würde ihm nie Carmelita ersetzen können, aber sie war die Mutter seines Kindes und liebte ihn. Reichte diese Liebe auch für sie beide? Darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken.
Jamie blieb bei Ruy und Rodriguez, als Davina und die Condesa zum Einkaufen nach Córdoba fuhren. Davina hatte zunächst Bedenken gehabt, den Kleinen so kurz nach der Ankunft in Spanien mit seinem Vater allein zu lassen. Doch Ruy, der es offenbar gespürt hatte, hatte ärgerlich erklärt: „Keine Angst, Rodriguez ist hier und passt auf. Im Gegensatz zu mir kann er ja hinter ihm herlaufen, wenn es sein muss.“
„Er bedeutet mir sehr viel“, erwiderte Davina. Ich habe sonst nichts, was mich an seinen Vater erinnert, fügte sie insgeheim hinzu.
„Das überrascht mich“, entgegnete Ruy hart. „Besonders wenn man bedenkt, dass dir sein Vater und deine Ehe nichts bedeuten.“
Am liebsten hätte sie ihm an den Kopf geworfen, dass er sich täusche, doch das ließ ihr Stolz nicht zu. Er liebte Carmelita und sehnte sich nach ihr, wie hätte sie ihm da ihre Liebe gestehen können?
Córdoba war noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte mit den hübschen Alleen, auf denen die Steine in der Sonne golden
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