Romana Exklusiv 0186
durch die Halle, über den Begrüßungsstein hinweg und weiter. Mit wild klopfendem Herzen stürmte sie die Stufen hinauf. Erst als sie ihr Zimmer erreicht hatte, brachen sich ihre aufgewühlten Gefühle Bahn, und sie ließ sich laut schluchzend auf das Bett sinken.
Heiße Tränen rollten ihr über die Wangen, und als sie schließlich aufstand, fühlte sie sich kraftlos und leer.
Es kostete sie große Anstrengung, das Kleid auszuziehen. Müde ging sie ins Bad, um sich das tränenverschmierte Gesicht zu waschen.
Ihr war, als hätte sie um die ganzen traurigen Erlebnisse in ihrem Leben geweint, als hätten sie sich in ihr angestaut und auf ihre Freisetzung gewartet. Jetzt hatte sie keine Verpflichtungen mehr, was Cathlamet betraf. Auf seinem Scheiterhaufen waren alle ihre Schulden zurückgezahlt worden, und sie wusste genau, was sie tun würde, wenn der neue Tag anbrach.
Als sie zurück ins Schlafzimmer kam, fand sie ein Tablett vor, das man ihr gebracht hatte. Darauf standen eine Kanne Tee, eine Tasse und Untertasse, Sahne und Zucker und Kekse.
Da sie in ihrem Morgenmantel leicht fröstelte, goss sie sich eine Tasse Tee ein und gab viel Zucker hinzu. Der heiße Tee half ihr, den erlittenen Schock etwas zu überwinden. Sie setzte sich in einen Sessel am Fenster, so weit wie möglich von dem entfernt, in dem Lukas gesessen und sich an ihr als seinem Besitz erfreut hatte. Das war alles, was sie ihm bedeutete, etwas, das er besaß, etwas, das er gern in Seide und Spitze sah, das seine Blicke und seine Leidenschaft zufrieden stellte.
Wieder brannten ihr Tränen in den Augen. Sie drängte sie zurück, trank Tee in kleinen Schlucken, um die Flut quälender Gedanken einzudämmen. Entschlossen sagte sie sich, dass sie für eine Nacht genug geweint habe und sich jetzt eine Strategie überlegen müsse, um von dieser Insel wegzukommen.
Lukas höflich zu bitten, sie freizugeben, würde nichts nützen. Es würde ihn nur auf ihre Absichten aufmerksam machen. Sobald er darauf käme, dass sie ihre Flucht von Dovima plante, würde er sein Personal veranlassen, alles zu tun, um das zu verhindern. Also blieb nur der eine Weg, der in einem Boot.
Bliss hatte ein Ass im Ärmel. Sie wusste, Aspasia war über sie verärgert. Und sie war jetzt froh, Lukas gegenüber nichts von ihrem Verdacht erwähnt zu haben, dass die Dienerin seiner Mutter sie ausspionierte, sie wie eine Katze die Maus belauerte, um damit letztlich Unfrieden zu stiften.
Nachdem Bliss ihren Tee getrunken hatte, machte sie sich daran, einige unentbehrliche Sachen einzupacken, um sie für ihre Abreise bereitzuhalten. Sie legte Unterwäsche und eine Bluse zusammen in eine Tasche und sah nach, ob sie Geld in ihrer Börse hatte. Sie versteckte die Tasche im Kleiderschrank und öffnete dann leise die Schlafzimmertür.
Niemand war zu sehen. Sie hatte sich schon gedacht, dass Lukas sie in Ruhe ausweinen oder schmollen lassen würde. Sie ging in Richtung von Aspasias Zimmer, das auf dem Stockwerk über der Hauptgalerie lag.
Leise, aber entschlossen klopfte sie an die Schlafzimmertür der Hausangestellten, die daraufhin geöffnet wurde. Aspasia stand vor ihr und band den Gürtel ihres Hausmantels zu. Sie trug das schwarze Haar offen, das ihr wie ein wallender Umhang über die Schultern fiel. Das Zartrosa ihres Hausmantels ließ sie weicher und freundlicher erscheinen.
Aber Bliss ließ sich nicht täuschen. Früher am Abend war sie mit der wahren Aspasia konfrontiert worden, und sie bezweifelte nicht, dass sie die Person war, die sie ansprechen musste, wenn ihre Flucht von Dovima gelingen sollte.
„Wünschen Sie etwas von mir, Madame?“
„Ja – darf ich hereinkommen? Ich möchte nicht gesehen werden.“
Aspasia sah sie scharf an und öffnete die Tür ein Stück weiter, damit Bliss eintreten konnte, dann schloss sie die Tür und stand mit dem Rücken zu ihr, den fragenden Blick auf ihre Herrin gerichtet.
„Ich will, dass man mich bei Tagesanbruch aufs Festland bringt.“ Bliss hatte beschlossen, ohne Umschweife zur Sache zu kommen. „Kannst du jemanden auftreiben, der mich hinüberbringt? Ich habe Geld und kann die Überfahrt bezahlen.“
Nach außen hin war Aspasia nicht im Geringsten anzumerken, ob diese Bitte sie erstaunte oder nicht. Und sie sah kein bisschen bestürzt aus. Sie ließ den Blick über Bliss gleiten, die unter ihrem Morgenmantel ein pfirsichfarbenes Negligé trug, das Lukas ihr zusammen mit den anderen wunderschönen eleganten Kleidungsstücken
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