ROMANA EXKLUSIV Band 0179
beugte sich vor, um besser aus dem Fenster blicken zu können. Die Schattierungen, die von Tiefblau bis zu hellem Türkis gingen, waren wirklich unbeschreiblich. Zusammen mit den dunklen Felsen und rosa getönten Stränden boten sie ein Bild unverdorbener Schönheit.
„Ja, es ist wirklich sehr hübsch hier“, stimmte Victoria ihr nach kurzem Zögern zu. „Ich kann mir nicht vorstellen, an einem anderen Ort der Welt zu leben.“
„Haben Sie immer hier gelebt?“, erkundigte Helen sich und hoffte insgeheim, damit nicht wieder ein heikles Thema angeschnitten zu haben.
Victoria nickte. „Ja, mit Ausnahme von ein paar Jahren, als Jonathan klein war“, antwortete sie und achtete gar nicht auf Jons warnende Blicke. „Als mein Bruder und seine Frau sich vor zehn Jahren trennten, kehrte ich nach Hause zurück, um … vermutlich, um meinem Bruder zu helfen. Er hat jemanden gebraucht, der sich um alles kümmerte, und ich war froh, diese Aufgabe zu übernehmen.“
Vor zehn Jahren! Helen zuckte zusammen. Damals hatte sie ihre schwerste Zeit durchgemacht! Vor zehn Jahren hatte sie Dianas Vater kennengelernt.
Inzwischen näherten sie sich Hamilton. Die Straßenschilder zeigten an, dass die Inselhauptstadt nur wenige Kilometer entfernt war. Bevor sie die Stadt erreichten, bogen sie jedoch in die Harbour Road ein. Auf der anderen Seite der schmalen Bucht konnte Helen die Häuser entlang der Front Street sehen. Am Kai hatte ein riesiges Kreuzfahrtschiff angelegt.
„Das ist aber hübsch!“, rief Helen und bewunderte die rosafarbenen und weißen Dächer der Stadt und den sonnenbeschienenen Bootshafen. Sie hatte erwartet, dass die Bermudas exotisch aussehen würden, aber die verschwenderische Schönheit überwältigte sie.
„Gefällt es dir?“, wollte Jon wissen, und Helen nickte eifrig.
„Wem würde es hier nicht gefallen? Diana würde es bestimmt traumhaft finden“, fügte sie dann lächelnd hinzu.
„Diana?“, fragte Victoria neugierig und zog die Hutkrempe etwas tiefer. „Wer ist Diana? Ihre Schwester?“
„Diana ist Helens Tochter“, erklärte Jon kühl, und Helen sah sofort den Ausdruck des Misstrauens in Victorias Augen. Sicher überlegt sie gerade, ob Diana auch Jons Tochter ist. Helen wünschte sich, besser aufgepasst zu haben. Eigentlich hatte sie Diana überhaupt nicht erwähnen wollen. Nun würde sie Erklärungen abgeben müssen, und Victoria Savage würde sicherlich wenig Verständnis für ihre Lage haben.
„Sie haben eine Tochter, Miss … Caldwell?“
Jon seufzte. „Nenn sie doch bitte Helen“, rief er und warf seiner Tante einen vorwurfsvollen Blick zu. „Ja, sie hat eine Tochter. Eine neunjährige Tochter sogar. Ich bin also keinesfalls der Vater, auch wenn dich das zutiefst enttäuschen wird.“
Victorias Wagen überzogen sich mit flammender Röte. „Wirklich, Jonathan, ich glaube nicht, dass ich danach gefragt habe.“
„Nicht? Nun, dann haben wir zumindest klare Verhältnisse geschaffen, und du musst dir keine Gedanken machen, wie du es Dad beibringen wirst. Helen ist für Diana verantwortlich, damit haben wir nichts zu tun. Obwohl ich zugeben muss, ich hätte nichts dagegen einzuwenden, Diana zur Tochter zu haben.“
Vermutlich sollte ich Jon für diese Bemerkung dankbar sein, überlegte Helen. Dennoch wünschte sie, er hätte nicht so provozierend mit seiner Tante gesprochen. Victoria würde nun bestimmt nachrechnen und herausfinden, dass Helen älter war als Jonathan – sonst hätte sie Diana schon im Alter von dreizehn Jahren zur Welt gebracht.
Da der Chauffeur den Wagen von der Hauptstraße in eine schmale Seitenstraße lenkte, schien die Fahrt sich ihrem Ende zu nähern. Gelegentlich konnte Helen hinter den Häusern oder Hecken das Meer aufblitzen sehen. Sie konnte es kaum erwarten, Victorias forschenden Blick und neugierigen Fragen zu entkommen. Gleichzeitig versuchte sie sich einzureden, dass sie auf das Haus gespannt war, in dem Jon aufgewachsen war. Sie würde den Aufenthalt auf dieser schönen Insel genießen. Aber etwas, eine Art Instinkt, warnte sie, dass der Urlaub nicht so harmonisch verlaufen würde, wie sie gehofft hatte.
Trotz der Art, wie Jon seine Tante behandelte, vermutete Helen, dass Victoria Savages Äußeres keine Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit zuließ. Sie mochte geschmacklos angezogen sein und nicht allzu klug wirken, aber Helen war sicher, dass Tante Vicki eine intelligente Frau war. Dass sie die vergangenen zehn Jahre erfolgreich den
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