Romana Extra Band 8 (German Edition)
Hinsicht war sie ganz offen.
Viel offener als er zu ihr.
Jared hatte plötzlich einen bitteren Geschmack im Mund. Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten, als er auf den Slip blickte, den sie nach ihm geworfen hatte. Er hätte sie heute Nacht in den Armen halten können.
Jetzt bereute er, es nicht getan zu haben. Auch wenn es vielleicht nicht sehr klug war, er wollte Mimi. Er wollte spüren, was ihre Blicke versprachen. Viel zu lange schon war sein Bett leer.
Jared schloss die Hand um den Slip und stieß einen Seufzer aus. Er hatte das ungute Gefühl, dass er selbst dann noch kalt würde duschen müssen, wenn Mimi die Ranch längst verlassen hätte.
Zwei Tage später saß Michelina abends in Jack Ravens Fischrestaurant und wartete voller Ungeduld. Sie hatte den Kellner gefragt, ob sie mit dem Besitzer sprechen könnte. Das Restaurant war voll besetzt, griechische Musik spielte im Hintergrund, und die Kellner eilten geschäftig hin und her. Ihr war ganz flau im Magen. Gleich würde sie zum ersten Mal ihren Bruder sehen.
Ein gehetzt wirkender Mann mit dunklem Haar kam aus der Küche. Sein Blick fiel auf sie. Er nickte ihr zu und lächelte. Ihr Herz raste. War das ihr Bruder? Er sah eher wie Mitte dreißig aus als wie Ende zwanzig. Wenn sie erst einmal seine Augen sehen könnte, dann wäre alles klar.
Er kam an ihren Tisch und streckte die Hand aus. „Hallo, ich bin Jack Raven. Wir sind sehr erfreut, dass Sie uns heute Abend die Ehre erweisen. Ihr Kellner hat gesagt, Sie wollten mich sprechen.“ Er blickte auf ihren noch halb vollen Teller und runzelte die Stirn. „Schmeckt es Ihnen nicht?“
Michelina schüttelte den Kopf. „Oh doch, es war köstlich, aber zu viel. Ein Kompliment an die Küche.“ Sie versuchte zu erkennen, welche Farbe seine Augen hatten, doch das Licht war zu schummerig. Sie hielt es nicht mehr aus und stand auf, um besser sehen zu können. Braune Augen. Schade. Dieser Mann hatte braune Augen. Jacques hatte jedoch die typischen Dumontschen Silberaugen.
Er lächelte freundlich. „Das ist sehr nett von Ihnen, danke. Bitte kommen Sie wieder. Übrigens … Ihr Akzent … Sie sind wohl nicht von hier?“
„Sie auch nicht“, erwiderte sie und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
Jacques lachte herzlich. „Eins zu null für Sie, Miss …“
„Deerman“, sagte sie. „Mimi Deerman.“
„Mimi Deerman“, wiederholte er. „Sie haben sehr schöne Augen. Bitte beehren Sie uns bald wieder. Ich werde dafür sorgen, dass unser Chefkoch etwas ganz Besonderes für Sie bereithält.“
„Danke.“ Wie freundlich und herzlich der Mann war! Wenn er doch nur ihr Bruder wäre! Wenn es doch so einfach gewesen wäre! Michelina blickte ihm nach, als er wieder in die Küche ging, und seufzte. Was jetzt? Sie bat um die Rechnung, und kurz darauf saß sie wieder in ihrem Truck und fuhr zurück zur Ranch.
Als sie dort ankam, parkte sie ein Stück vom Haus entfernt. Sie zögerte, auszusteigen und hineinzugehen. Jared wäre bestimmt da und würde sie entweder triezen oder versuchen, sie auszufragen. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, wie er sie vor zwei Tagen behandelt hatte, wurde ihr heiß vor Scham. Es war so demütigend.
Sie öffnete das Fenster und dachte an alles, was in den letzten Wochen schiefgelaufen war. Sie fühlte sich wie eine Versagerin auf ganzer Linie. Vor etwas mehr als zwei Wochen war sie ihrer Sicherheitseskorte entkommen und hatte sich mit großartigen Visionen auf den Weg gemacht. Was hatte sie bis jetzt erreicht?
Immerhin wusste sie jetzt, wie man eine Windel wechselte und PBJ-Sandwiches machte. Immerhin hatten Jareds Nichten die Betreuung unbeschadet überstanden. Andererseits hatte sie ihren Truck kaputt gefahren, hatte sich dazu erpressen lassen, Kindermädchen zu spielen, und bei der Gelegenheit, ihre Fechtkünste zu verbessern, feststellen müssen, dass sie eine Niete war. Sie hatte es nicht geschafft, ihren Bruder zu finden. Sie hatte es nicht geschafft, Jared zu verführen.
Die grässlichen Ängste, die sie immer tief in ihrem Inneren verbarg, brachen sich Bahn. Was wäre, wenn sie wirklich überhaupt nichts im Leben zustande bringen würde? Was wäre, wenn sie nicht einmal für sich selbst sorgen könnte? Was wäre, wenn sie zu gar nichts nütze war außer zu Fototerminen?
Die Kehle war ihr wie zugeschnürt, und hinter ihren Augen verspürte Michelina einen Druck, der immer stärker wurde. Schließlich legte sie einfach den Kopf aufs
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