Romana Extra Band 8 (German Edition)
so leicht in Rage zu versetzen? Es sollte für sie ein Leichtes sein, ihn als bedeutungslos abzutun, wie sie es mit so vielen Männern getan hatte. Ihre Brüder schienen nie ein Problem damit zu haben, Frauen erst zu genießen und danach zu vergessen. Sie blickte auf ihre Hände und stellte fest, dass sie ihre Liste zerknüllt hatte. Sie brauchte unbedingt eine Art Training, wenn sie wirklich ihren Brüdern nacheifern wollte.
Michelina holte tief Luft und blickte zur Tür, die jetzt offen stand. Warum kein Fechttraining, verdammt?
Sie ging die Treppe hinab und wappnete sich innerlich gegen einen weiteren Punkteverlust. Jared suchte sich gerade ein Florett aus, als sie den Raum betrat.
„Hast du schon einmal über Hanteltraining nachgedacht?“, fragte er, als er ihr Brustpanzer und Handschuh reichte.
„Wozu? Ich dachte, beim Fechten kommt es nur auf Geschicklichkeit an.“
„Ein bisschen Krafttraining würde deine Hand stärker machen, dann würdest du nicht so schnell ermüden. Falls du Lust hast, im Nebenraum sind ein paar Hanteln.“ Sie verspürte ein Prickeln am ganzen Körper, nur weil Jareds Blick über sie glitt.
„Wärmen wir uns erst einmal auf, dann arbeiten wir an der Schlusslinie und an der Riposte.“
Das kam ihrer Stimmung sehr entgegen. Bisher hatte er das Hauptgewicht immer auf Verteidigungstechniken gelegt. Die Riposte war ein rascher Gegenschlag unmittelbar nach dem Parieren eines Angriffs. Wenn sie Glück hatte, konnte sie jetzt eine Stunde lang Jared McNeil mit ihrem Florett pieksen.
Fünfundvierzig Minuten später war Michelina in Hochstimmung und schweißgebadet. Jedes Mal, wenn Jared ihr eine Anweisung gab, tat sie das Richtige, kaum dass er es ausgesprochen hatte. Sie verstand seine Körpersprache intuitiv und konnte zum Teil schon vorhersagen, was er als Nächstes tun würde.
„Du machst dich gut“, stellte er fest.
„Danke. Müssen wir schon aufhören?“
„Noch drei Versuche?“
Sie nickte und tänzelte hin und her.
„Wer gewinnt, bekommt eine Runde Wahrheit oder Pflicht“, sagte Jared und ging in Position.
Michelina tat es ihm ganz automatisch gleich. „Wahrheit oder Pflicht?“, fragte sie.
„Ein albernes Spiel. Total harmlos“, erwiderte er. „En garde.“
Sie machte es ihm nicht leicht und entschied sogar den ersten Schlagabtausch für sich. Außer sich vor Glück, versuchte sie es gleich noch einmal, doch Jared ließ sich nicht den Schneid abkaufen und bald war sie wieder in der Defensive. Die nächsten beiden Male gewann er.
Er schob seine Maske zurück und pfiff durch die Zähne. „Du wirst immer besser. Immer schneller.“
Michelina schob ebenfalls ihre Maske zurück. „Du hast mich aber nicht gewinnen lassen, oder?“
Eine Weile betrachtete er sie schweigend, dann begann er zu lachen. „Eine arme, hilflose Frau gewinnen lassen? Das ist nicht mein Stil. Außerdem bist du nicht hilflos.“
Sie war erleichtert. „Dann habe ich dich eben tatsächlich geschlagen?“
„Einmal“, erwiderte er schnell.
Vor Freude hätte sie in die Luft springen können. „Ja, aber immerhin.“
„Nur einmal“, wiederholte er, dann grinste er und nahm ihr das Florett ab. „Gewinnen macht Spaß, nicht wahr, Prinzessin?“
„Gegen dich zu gewinnen, das bedeutet schon etwas. Ich glaube nicht, dass dein Riesen…ego Streicheleinheiten braucht. Aber du weißt ja wohl, dass du gut bist.“
„Gut genug, um zwei von drei Gefechten für mich zu entscheiden. Jetzt schuldest du mir also eine Runde Wahrheit oder Pflicht.“
Michelina machte eine wegwerfende Geste. „Was auch immer.“
„Also Wahrheit? Oder Pflicht?“
Ihr wurde ein wenig unbehaglich zumute, als sie das Funkeln in seinen Augen sah. Sie kannte die Regeln dieses Spiels nicht genau, aber sie wusste, dass sie keine Fragen von Jared beantworten wollte. „Pflicht.“
Er nickte und trat an sie heran. „Küss mich“, sagte er. „Fünf Minuten lang.“
Fassungslos starrte sie ihn an. „Fünf Minuten?“ Dabei würde sie völlig die Kontrolle verlieren. „Und was ist, wenn ich mich doch für Wahrheit entscheide?“
Jared schüttelte den Kopf. „Wenn man sich einmal entschieden hat, gilt das. Aber ich will mal nicht so sein. Wen hast du in Jack Ravens Fischrestaurant gesucht und nicht gefunden?“
Michelina stellte fest, dass sie ihn weder küssen noch seine Fragen beantworten wollte. Allerdings würde sie wohl nicht darum herumkommen, zumindest eines davon zu tun. Sie blickte auf seinen Mund, doch
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