Romana Gold Band 11
Mindestens eine Woche wollte ich im Ort bleiben, ohne dass mich jemand erkennt. Dann hätte Ron mir glauben müssen.“
„Und du hast gehofft, dass er dir dann erlaubt, Schauspielerin zu werden?“, fragte Jamsey und dachte daran, wie oft Sara schon weggelaufen war, um ihren Kopf durchzusetzen.
„Ja. Aber er will nicht einmal mit mir darüber sprechen. Er ist so altmodisch“, erwiderte Sara seufzend.
„Gibt es für mich auch Kaffee?“ Ron unterbrach ihre Unterhaltung. Er sah Sara durchdringend an. Schnell sprang sie auf. Ihr Gesicht hatte sich bei seinem Blick gerötet.
„Ich hol dir eine Tasse.“ Offensichtlich war sie froh, ihm zu entkommen. Jamsey wäre ihr am liebsten nachgelaufen. Nervös umklammerte sie ihre Kaffeetasse und hoffte verzweifelt, er würde ihren Ausflug nicht erwähnen. Nur zu deutlich spürte sie die Kraft, die von ihm ausging. Seine Gegenwart verwirrte und erregte sie zugleich.
„Gefällt dir das Zimmer?“, fragte er kurz angebunden und sah sie langsam an. Jamsey schluckte. Dann hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen. Ihr Herz klopfte heftig.
„Vielen Dank. Es ist wunderschön“, brachte sie heraus und senkte dann den Blick wieder.
„Gut“, erwiderte er kühl und ging zum Fenster. Schweigend blickte er hinaus auf die grünen Hügel. Jamsey betrachtete ihn vorsichtig von der Seite. Ihr Puls raste, wenn Ron in ihrer Nähe war. Er wirkte auf sie wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
„Hier ist dein Kaffee.“ Sara unterbrach das gespannte Schweigen und reichte ihm eine Tasse. „Ron, es tut mir leid …“, begann sie zögernd, doch er brachte sie mit einer heftigen Handbewegung zum Schweigen. Seine steinerne Miene zeigte deutlich seinen Ärger.
„Wir sprechen später miteinander“, sagte er kühl und ging mit langen Schritten zur Tür. Sara stiegen Tränen in die Augen, und Jamsey fühlte mit ihr. Sie musste wieder an das Wochenende mit Ted denken. Um ihm zu gefallen, hatte sie beinahe alles getan. Sie war so jung und unerfahren gewesen, und er hatte auf sie einen so reifen und erwachsenen Eindruck gemacht. Jetzt war sie dankbar, dass sie sein wahres Wesen erkannt hatte, aber damals war es sehr schmerzlich gewesen. Sein Bild tauchte vor ihr auf. Wütend hatte er sie angefunkelt und behauptet, sie wäre frigide. Dann hatte er eine andere Frau mit ins Zimmer gebracht. Mit Tränen in den Augen war sie, Jamsey, weggelaufen – wieder einmal war sie verletzt und zurückgewiesen worden. Auch auf Saras Gesicht sah sie jetzt einen Ausdruck der Enttäuschung.
„Nimm es nicht so schwer; er beruhigt sich bestimmt wieder“, sagte sie und versuchte, ihre Stimme überzeugend klingen zu lassen.
„Ich habe ihn noch nie so wütend gesehen. Das kann doch nicht nur meinetwegen sein“, erwiderte Sara bekümmert und setzte sich neben Jamsey.
„Vielleicht hat er noch andere Sorgen.“ Jamsey biss sich leicht auf die Unterlippe – sie fühlte sich schuldig, und der Gedanke an die Unterredung mit ihm jagte ihr einen Schauder über den Rücken. „Wo sind denn deine Eltern? Sie möchten sicher auch mit dir sprechen.“
Sara schüttelte traurig den Kopf. „Sie sind beide gestorben, als ich noch ein kleines Mädchen war. Ron hat sich immer um mich gekümmert, wenn ich zu Hause war. Die andere Zeit wurde ich in ein Internat gesteckt, weil mich hier niemand haben wollte.“
Jamsey umarmte sie und drückte sie an sich. Sie erinnerte sich an ihre eigene unglückliche Kindheit. „Das glaube ich nicht. Es ist sicher nicht einfach für Ron, und du musst zugeben, dass du nicht immer ganz unkompliziert warst.“
„Ja, das stimmt“, gestand Sara. „Aber er hätte mich sonst gar nicht bemerkt.“
Jamsey musste lachen. Sie nahm sich fest vor, mit Ron darüber zu sprechen. Er musste die Gründe für Saras Verhalten begreifen. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie viele Jahre es dauerte, über Enttäuschungen in der Kindheit hinwegzukommen und Selbstvertrauen aufzubauen. Plötzlich musste sie gähnen.
„Ich bin furchtbar müde“, sagte sie und streckte sich.
„Kein Wunder. Du bist auch schon frühmorgens aufgestanden. Wir sind nicht alle wie Ron – er ist unermüdlich. Warum legst du dich nicht eine Zeit lang hin, damit du für die Strapazen am Abend ausgeruht bist?“, schlug Sara augenzwinkernd vor.
„Vielleicht hast du recht. Macht es dir sicher nichts aus?“ Jamsey wollte nicht unhöflich sein.
„Nein, geh nur hinauf.“
Jamsey lächelte dankbar und stieg leise die Treppe
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