Ronja Räubertochter
schädlich für die Gesundheit, beteuerte Fjosok. Doch Lovis blieb unerbittlich.
Jetzt müsse der Wintermuff ausgetrieben werden, sagte sie, und wenn dabei jeder einzelne Räuber draufgehe. Ohne Erbarmen trieb sie alle hinaus in den Schnee, und bald rollten überall auf den beschneiten Hängen splitternackte und wild johlende Räuber zur Wolfsklamm hinunter.
Sie fluchten und wetterten über Lovis' unmenschliche Härte, aber sie schrubbten sich, wie sie es befohlen hatte. Etwas anderes wagten sie nicht.
Nur Glatzen-Per weigerte sich standhaft, im Schnee herumzurollen. »Sterben tu ich sowieso«, sagte er, »und das will ich mit all dem Dreck, den ich hab.«
»Meinetwegen«, sagte Lovis. »Aber vorher kannst du wenigstens den ändern Streithammeln Haar und Bart stutzen.« Das tue er gern, sagte Glatzen-Per. Er war geschickt mit der Wollschere bei der Schaf- und Lämmerschur, also konnte er auch Streithammel stutzen.
»Aber meine eigenen paar Zotteln geb ich nicht her. Keine unnötigen Umstände, denn ich komm ja sowieso bald unter die Erde«, sagte er und strich sich zufrieden über seinen kahlen Schädel.
Da schlang Mattis seine gewaltigen Arme um ihn und hob ihn ein gutes Stück hoch.
»Das Sterben läßt du schön bleiben.Noch habe ich keinen einzigen Tag meines Erdenlebens ohne dich verbracht, du alter Narr. Du darfst dich nicht einfach heimlich hinlegen und mir wegsterben, das begreifst du wohl!« »Na, mein Jung, wir wollen's abwarten«, meinte Glatzen-Per und schmunzelte vergnügt.
Den restlichen Tag wusch Lovis im Burghof die verdreckten Räubersachen.
Währenddessen suchten sich die Räuber in der Kleiderkammer alte Kleidungsstücke heraus, fast alles Sachen, die schon Mattis' Großvater einst von seinen Raubzügen angeschleppt hatte. Wie konnte sich ein Mensch bei gesundem Verstand nur so aufgetakelt haben, meinte Fjosok verwundert und zog sich widerstrebend ein rotes Hemd über den Kopf. Er kam noch gut davon, denn schlimmer erging es Knotas und Klein-Klipp. Sie mußten mit Leibchen und Röcken vorliebnehmen, weil keine Männerkleidung mehr übrig war, als sie kamen. Das machte ihre Laune nicht gerade besser, dafür aber hatten Mattis und Ronja eine gute Weile ihren Spaß.
Um die Räuber wieder zu versöhnen, tischte Lovis an diesem Abend Hühnersuppe auf. Murrend und maulend hockte die ganze Schar an der langen Tafel, sauber geschrubbt und frisch gestutzt und kaum wiederzuerkennen. Selbst ihr Geruch war anders geworden.
Als sich dann der leckere Duft von Lovis' Hühnersuppe verbreitete, hörte auch das Gemurre und Gemaule der Räuber auf. Und nach dem Essen sangen und tanzten sie alle wie üblich, wenn auch etwas zahmer als sonst. Besonders Knotas und Klein-Klipp verzichteten auf alle wilden Sprünge.
8.
UND DANN BRACH DER FRÜHLING WIE EIN JUBELSCHREI über die Wälder um die Mattisburg herein. Der Schnee schmolz. In Strömen rann er von allen Bergwänden herab und suchte sich den Weg zum Fluß. Und der Fluß brauste und schäumte mit allen seinen Strudeln und Wirbeln und sang ein wildes Frühlingslied, das nie verstummte. Ronja hörte es in jeder wachen Stunde und selbst noch in den nächtlichen Träumen. Der lange, schreckliche Winter war vorüber. Die Wolfsklamm war schon seit langem schneefrei. Dort floß jetzt ein rauschender Bach, und sein Wasser spritzte um die Pferdehufe, als Mattis und seine Räuber eines Morgens im Frühling durch den engen Paß ritten. Sie sangen und pfiffen, während sie ritten, hoho, jetzt begann endlich wieder das herrliche Räuberleben!
Und endlich konnte auch Ronja wieder in ihren Wald, nach dem sie sich so sehr gesehnt hatte. Schon längst hätte sie dasein und sehen wollen, was in ihrem Wald geschehen war,seit der Schnee geschmolzen und alles Eis getaut war. Aber Mattis war unerbittlich gewesen, er hatte sie nicht aus der Burg gelassen. Der Vorfrühlingswald sei voller Gefahren, behauptete er.
Und erst als es für ihn selber an der Zeit war, mit seinen Räubern auszuziehen, ließ er auch sie hinaus. »Dann lauf«, sagte er. »Aber daß du mir nicht in einem tückischen Tümpel ersäufst!«
»Doch, das werd ich tun«, sagte Ronja. »Damit du endlich was zum Zetern hast.«
Mattis sah sie betrübt an.
»Ach, Ronjakind«, sagte er mit einem Seufzer. Und dann schwang er sich in den Sattel und preschte an der Spitze seiner Räuber die Hänge hinab und verschwand.
Kaum hatte Ronja den letzten Pferdehintern in der Wolfsklamm verschwinden sehen, stürmte sie
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