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Ronja Räubertochter

Ronja Räubertochter

Titel: Ronja Räubertochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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schrie sie:
    »Kommst du her, dann hau ich dir eins aufs Maul, daß dir die Nase abfliegt!«
    »Haha!« rief Birk, und mit einem Satz war er über die Kluft hinweg. »Mach's nach, wenn du's kannst«, sagte er mit einem kleinen Grinsen.
    Das hätte er nicht sagen dürfen, das war zuviel. Es reichte, daß er und seine Hosenschisser sich eine Feste in der Mattisburg verschafft hatten, aber kein Borkaräuber sollte hier irgendwelche Sprünge machen, die ein Mattisräuber nicht nachmachen konnte!
    Und sie tat es. Sie wußte selbst nicht recht, wie es zuging, aber plötzlich flog sie über den Höllenschlund und landete auf der ändern Seite.
    »Du bist gar nicht so ungelenk«, sagte Birk und sprang ihr sofort nach. Aber Ronja wartete nicht auf ihn. Mit einem neuen Sprung flog sie zurück über die Kluft. Da konnte er stehen und ihr nachglotzen, soviel er wollte!
    »Du wolltest mir doch eins aufs Maul hauen, warum tust du es denn nicht?« rief Birk. »Jetzt komme ich!«
    »Das seh ich«, sagte Ronja. Und er kam wirklich. Aber auch diesmal wartete sie nicht auf ihn. Wieder sprang sie, und springen würde sie, um ihm zu entkommen, so lange, bis ihr der Atem ausging.
    Danach sagte keiner von beiden mehr etwas. Sie sprangen nur. Verbissen und wie besessen sprangen sie über den Höllenschlund hin und her. Außer ihrem Keuchen war nichts zu hören. Nur die Krähen, die auf den Zinnen hockten, krächzten ab und zu. Sonst war alles schauervoll still. Es war, als halte die ganze Mattisburg auf ihrem Berg den Atem an vor etwas Grauenvollem und Entsetzlichem, das gleich geschehen würde.
    Ja, gleich landen wir wohl im Höllenschlund, wir beide, dachte Ronja. Aber dann hat dieses ewige Gehopse wenigstens ein Ende!
    Wieder kam Birk ihr über die Schlucht entgegengeflogen, und wieder setzte auch sie zum Sprung an. Zum wievieltenmal, wußte sie nicht. Ihr war, als hätte sie nie etwas anderes getan als über Abgründe springen, um Borkalümmeln zu entkommen.
    Da sah sie, wie Birk, gerade als er aufsetzte, auf einem Stein ausrutschte, der lose am Rande lag. Und sie hörte seinen Aufschrei, bevor er in der Tiefe verschwand.
    Danach hörte sie nur noch die Krähen. Sie schloß die Augen und wünschte, diesen Tag hätte es nie gegeben. Sie wünschte, diesen Birk hätte es nie gegeben!
    Und sie wünschte, daß sie beide nie gesprungen wären.
    Schließlich kroch sie bäuchlings bis an den Rand vor und spähte hinab in die Schlucht. Und da sah sie Birk. Er stand unmittelbar unter ihr auf einem Stein oder Balken oder was es nun war, das aus der geborstenen Mauer ragte. Nur gerade so weit, daß seine Füße dort Platz fanden, aber auch nicht mehr. Dort stand er, den tiefen Höllenschlund unter sich, und seine Hände suchten verzweifelt nach einem Halt, nach irgend etwas, woran er sich festhalten konnte, etwas, das ihn davor bewahrte, in den Abgrund zu stürzen. Und er wußte, und auch Ronja wußte es, daß er ohne Hilfe nicht herauskommen konnte. Er würde dort stehen müssen, bis seine Kräfte versagten, das wußten beide, und danach würde es keinen Birk Borkasohn mehr geben.
    »Bleib da stehen!« rief Ronja, und er antwortete mit einem kleinen Grinsen:
    »Ja, was anderes kann man hier schlecht tun!« Aber Angst hatte er, das sah sie ihm an. Ronja riß sich den geflochtenen Lederriemen ab, den sie stets zu einem Knäuel zusammengerollt am Gürtel trug. Er hatte ihr in ihrem Waldleben bei allem Klettern und Hangeln oft gute Dienste getan. Jetzt machte sie eine große Schlinge in das eine Ende des Riemens und knotete sich das andere um den Leib.
    Danach ließ sie den Riemen zu Birk hinab, und sie sah es in seinen Augen aufleuchten, als die Schlinge zu ihm hinuntergebaumelt kam. Ja, der Riemen reichte gerade so weit, wie es nötig war, stellte sie fest, und das war ein rechtes Glück für diesen Borkalümmel.
    »Streif dir die Schlinge über, wenn du kannst«, sagte sie. »Aber klettre erst los, wenn ich rufe! Nicht früher!« Der Blitz, der in jener Nacht ihrer Geburt eingeschlagen hatte, hatte auch einen Steinblock aus der Mauerkrone gerissen.
    Nun lag dieser Brocken recht günstig nur ein kleines Stück vom Rand der Schlucht entfernt. Ronja warf sich dahinter platt auf den Bauch, und dann rief sie:
    »Los jetzt!«
    Gleich darauf spürte sie, wie sich der Riemen um ihren Bauch schnürte. Es tat weh. Jeder Ruck am Riemen, wenn Birk höher kletterte, ließ sie aufstöhnen.
    Bald breche ich wohl mittendurch wie die Mattisburg, dachte sie und biß

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