Rosehill 01 - Die Tochter des Lords
Dann erzähl ich’s euch.«
Douglas meldete sich zu Wort. »Endlich verstehe ich, warum wir die Pferde aus dem Mietstall auf die Ranch geholt haben. Du wolltest, dass Lionel und Reginald Adderley in der Stadt festsitzen, nicht wahr, Harrison?«
»Und wieso wusstest du, wie grässlich sie Blue Belle finden würden?«, fragte Cole.
»Adam erzählte mir, die Adderleys seien an Luxus gewöhnt. Deshalb machten ihnen die Stadtbewohner das Leben so schwer wie nur möglich. Billie servierte ihnen ein abscheuliches Essen, und Ghost steuerte seinen Fusel bei. Natürlich beschwerten sie sich lauthals, und jedes schlechte Wort, das sie über Blue Belle und die Leute sagten, wurde gewissenhaft notiert. Diese Aussagen konnte ich bei der Verhandlung gut gebrauchen.«
Elliott stand auf. »Jetzt werde ich mich ein bisschen ausruhen. Wahrscheinlich musst du uns in einer Woche Mitchells Zeugenaussage erklären, Harrison. Von selber werden wir wohl nicht draufkommen. Aber da ich dich kenne, weiß ich, dass du nichts Unlauteres getan hast, mein Sohn.«
»Eine Woche müsst ihr euch noch gedulden. Adam, wie fühlt man sich als freier Mann? Die Henkerschlinge hat lange genug über deinem Kopf geschwebt.«
»Allerdings, und nun komme ich mir vor wie neu geboren. Irgendwie kann ich’s immer noch nicht glauben, dass ich gerettet bin.«
Harrison sah seiner Frau an, wie müde sie war. Nach einer Weile verabschiedeten sie sich von den anderen und gingen in die Baracke. Erschöpft setzte sie sich aufs Bett, und er kniete vor ihr nieder. »Deiner Mama Rose geht’s gut«, versicherte er und ergriff ihre Hände. »Alfred Mitchell hat im Zeugenstand nicht gelogen.«
»Das weiß ich. Niemals hättest du ihn um eine Lüge gebeten.«
»Deine Brüder belog ich nur, weil sie an der Wahrheit zweifeln sollten, solange sie in der Nähe der Männer saßen, die ihre Mutter verletzt hatten. Wer weiß, was sonst geschehen wäre …«
»Und was wird aus Livonia, wenn ihre Söhne nach Hause kommen?«
»Liebling, sie liegt im Sterben. Einer von Mitchells Brüdern wird uns telegraphieren, wenn sie tot ist. Tag und Nacht wird sie von einem Mann bewacht, den Alfred engagiert hat. Aber ich glaube, Reginald und Lionel werden vorerst nicht nach Hause reisen. Immerhin droht ihnen eine Mordanklage.«
»Und warum hast du das meinen Brüdern auf der Veranda nicht erklärt?«
»Was glaubst du, was Cole tun würde, wenn er die Wahrheit wüsste?«
»Er würde den Adderleys nachreiten.«
»Deshalb gebe ich Livonias Söhnen eine Woche Zeit, um zu verschwinden. Sonst würde dein Bruder wegen zweifachen Mordes vor Gericht stehen, und ich müsste ihn auch noch verteidigen.«
Mary Rose entzog ihm eine Hand und strich sanft über seine Wange. »Ja, sicher würde Cole eine Dummheit machen. Was du getan hast, war völlig richtig.«
»Danke für dein Vertrauen.«
»Dafür musst du mir nicht danken. Ich werde immer an dich glauben. Jetzt sind wir alle eine Familie. Wir werden streiten und uns küssen, einander um Verzeihung bitten – so wie es in allen Familien üblich ist. Und die Liebe wird uns immer Kraft geben.«
Liebe Kinder, jetzt ruht Livonia in Frieden. Letzte Woche wurde sie begraben. Während der Totenmesse wartete ich vor der Kirche, dann folgte ich meiner alten Freundin auf den Friedhof. Nachdem die anderen gegangen waren, blieb ich am Grab stehen und verabschiedete mich von ihr. Ich werde sie sehr vermissen.
Ich habe eine Reisegefährtin gefunden, und jetzt komme ich endlich zu euch. In Kansas gibt es eine Stadt, wo viele Schwarze leben, die den Süden verlassen haben. Dort werde ich mich ein paar Tage ausruhen und alte Freunde wiedersehen, bevor ich die Fahrt fortsetze. Gott sei mit euch, bald werden wir uns umarmen.
Eure Mama Rose
PS: Liebster Adam, ich bringe deine Braut mit.
Weitere Kostenlose Bücher