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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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schnaufend den Palast erbauten, mit diesem Lächeln geboren wurden. Man lebte dem Tag, dem Augenblick, wirklich dem Augen-Blick, der nicht fragt, wem die Schönheiten gehören, woher die Welt kommt und wohin sie geht. Nichts zeugt von historischem Bewußtsein. Nirgends ist auch nur der Rest eines Denkmals, nirgends ein Grabstein gefunden worden, der einen Namen trüge.
    Μαχάρων νήδος, glückliches Kreta — eine Mozart-Ouvertüre der griechischen Geschichte. Die Sache ist dummerweise nur die: Die Kreter waren gar keine Griechen, und ihr Land war gar nicht Hellas, sondern jene große Insel, die auf halbem Wege zwischen Griechenland und Ägypten liegt. Allerdings waren die Kreter mit den Urbewohnern des Festlandes wenigstens verwandt. Andererseits waren wiederum diese Ureinwohner nicht im mindesten Hellenen. Diese vielmehr schliefen noch genau wie wir unter Schaffellen und Strohdächern, am schönen, aber weit entfernten Strand der Donau oder der Theiß. So kompliziert wird die griechische Geschichte nun bis zum letzten Atemzug bleiben, was sehr verheißungsvoll ist.
    Wenn dennoch kein Schulbuch und keine wissenschaftliche Abhandlung auf die kretische Vorgeschichte verzichten, so hat das natürlich seinen Grund. Sie werden ihn verstehen, wenn Sie sich vorstellen, daß eine Ouvertüre und eine Oper von zwei verschiedenen Komponisten stammen und dennoch zusammen gespielt zu werden pflegen, weil der Opernkomponist sich für den ganzen ersten Akt der Melodien der Ouvertüre bedient.
    Ein vortreffliches Wort. Es wird erst so recht plastisch, wenn ganze Völker »sich bedienen«. Wir wissen es.
    Das geschah mit Kreta um 1400. Den Rest haben wir ausgegraben.
    Die Katastrophe brach anscheinend über Nacht herein. Ein einziger Windstoß fegte die Blütenpracht hinweg.
    Es erhebt sich nun die Frage: Woher wissen wir, wer die Leute waren, die Kreta ein Ende bereiteten? Kein Dokument, keine Inschrift, keine Sage berichtet von jenen schrecklichen Tagen. Ab 1400 erscheinen auf ägyptischen Darstellungen keine Kreter mehr — eine unheimliche Wahrnehmung. Die beiden Völker waren befreundet gewesen. Nun war eines untergegangen. Es ergeht uns wie der Kriminalpolizei: Die Täter haben keine Spuren zurückgelassen, man kann nur hoffen, daß das Diebesgut einmal auftauchen werde.
    Es tauchte auf.
    1876 entdeckte es Heinrich Schliemann in den Grabkammern von Mykene.
    Wir müssen gedanklich einen weiten Sprung machen. Mykene liegt auf dem griechischen Festland, im Nordosten des Peloponnes über der in Richtung Kreta geöffneten großen Bucht der Landschaft Argolis. Es ist ein schönes Land, nichts für kleine Leute, sondern für Herren, für Aristokraten, für Ritter, die auf jedem der vielen Bergkegel ihre Burg und in dem weiten Tal ihre Pferdekoppeln haben. Homer schwärmt von den herrlichen Rossen der Argolis und ihren Feudalherren. Wenn man Homer glauben darf, so war Mykene die Burg des sagenhaften Agamemnon, des Siegers im Trojanischen Kriege.
    Schliemann glaubte Homer. Er nahm Hacke und Spaten und grub zwischen den Mauerresten von Mykene.
    Eine Märchenwelt trat zutage. Und als er die Kuppelgrabkammer und die sechs in Fels gehauenen Grabschächte entdeckte und öffnete, da passierte es: halb Knossos kam nach oben. Verzeihen Sie, daß der Polizeibericht mit mir durchgeht; vielleicht war es nur ein Bruchteil dessen, was die Fürsten Kretas einst besessen hatten, aber immer noch genug, um Schliemann den Atem stocken zu lassen. Da lag die Pracht des Goldschmucks von Knossos, unverkennbar Knossos, als Toten-Beigabe, in wahllosem Durcheinander und Nebeneinander mit den groben einheimischen Prunkstücken. Die Täter waren gefunden.
    Es waren Griechen. Zum erstenmal in der Geschichte tauchen sie hier auf. Nicht gerade auf die feinste Weise, aber sie sind wenigstens endlich da.
    Um diese Zeit — um 1400 — hätte man noch überall die Urbevölkerung (jene Verwandten der Kreter) finden können, sie hob sich durch Typ, Bräuche und Sprache wahrscheinlich noch deutlich ab; aber sie bildete schon lange nicht mehr die Herrenschicht des Landes. Mit dem Schub einer großen Völkerwanderung waren im zweiten Jahrtausend, also als Kreta noch in voller Blüte stand, von Norden her Fremde in das Land eingesickert: die ersten Griechen. Man weiß nicht, ob es schwere Kämpfe gegeben hat; möglicherweise nicht. Man weiß auch nicht, ob dieser Vorgang damals von Kreta aus beobachtet worden ist; wahrscheinlich ja. Aber was sich die Herren in

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