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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
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Mordanschläge auf dich gab«, fiel ihr schließlich wieder ein, und – o nein – es ging schon wieder los. »Mein armes Baby.« Heul, heul. »Ich habe
versucht,
dich zu warnen. Ich habe versucht, es dir begreiflich zu machen.« Schnief, schnaub. »Wir müssen dich hier rausholen und nach Hause bringen.«
    Erstaunlich, wie kurz ich nur mit meiner Mutter telefonieren musste, bis »Zuhause« für mich wie ein Schimpfwort klang. Ich wollte nicht mit Mom nach Hause, und ich wollte nicht mit Dad in Avalon bleiben. Wenn mir doch nur eine dritte Lösung eingefallen wäre. (Das heißt, eine andere, als von einer Königin Faeries umgebracht zu werden.)
    Ich bemühte mich, Moms nächsten hysterischen Anfall abzuwarten. Aber wenn ich ihrem Weinen noch eine Minute länger lauschen müsste, würde ich vermutlich Amok laufen. »Ich kann das hier jetzt nicht«, erklärte ich also mit hohler, kalter Stimme. »Ruf mich an, wenn du wieder nüchtern bist, dann können wir reden.«
    Mom heulte noch immer, als ich auflegte.
    Ein paarmal versuchte sie noch, mich zu erreichen, doch ich nahm nicht ab. Finn kam nach dem ersten Anruf nach oben und fragte mich, ob er rangehen solle, falls sie es wieder probierte. Das Mitleid in seinen Augen, als er mich ansah, ließ mich zusammenzucken. Hatte Dad ihm erzählt, dass meine Mom Alkoholikerin war? Oder – was noch schlimmer war – hatte er mein Telefonat belauscht? Er war ein netter Kerl, aber es hätte mich nicht gewundert, wenn Dad ihm Anweisungen gegeben hätte, die nichts damit zu tun hatten, mich nur zu beschützen.
    »Beachte sie einfach gar nicht, okay?«, bat ich ihn.
    Er machte den Mund auf, als wolle er etwas sagen, entschied sich dann jedoch offensichtlich anders. »Wie du willst«, entgegnete er, schlüpfte aus der Tür und überließ mich meinem Kummer.
     
    Den Rest des Tages versteckte ich mich in meinem Zimmer und versuchte, nicht immer und immer wieder über die schmerzliche Wiedervereinigung mit meiner Mom nachzugrübeln. Allerdings gelang mir das nicht besonders gut.
    Gegen fünf Uhr hörte ich das leise Geräusch des sich öffnenden Garagentors. Dad war zu Hause. Und ich hatte
überhaupt keine
Lust auf das Drama, das sich nun abspielen würde.
    Ich hatte eigentlich angenommen, dass Mom die nächsten Stunden damit zubringen würde, sich sinnlos zu betrinken, was bedeutet hätte, dass ich mich frühestens am nächsten Tag wieder mit ihr hätte auseinandersetzen müssen. Doch als ich den Kopf aus der Schlafzimmertür steckte, hörte ich sofort streitende Stimmen, von denen eine meiner Mutter gehörte. Stöhn. Die Vorstellung, mich einfach weiterhin in meinem Zimmer versteckt zu halten, war unerhört reizvoll, aber es war vermutlich keine gute Idee, dass ich die beiden über meine Zukunft diskutieren ließ – denn über was sollten sie sonst gerade reden? –, ohne mich selbst dazu zu äußern.
    Langsam schlich ich die Treppe hinunter und hoffte, vielleicht etwas aufzuschnappen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Dinge standen, ehe ich ins Wohnzimmer platzte. Leider wurden ihre Stimmen durch die Wände so weit gedämpft, dass ich ihre Worte nicht verstehen konnte. Am Fuße der Treppe blieb ich stehen und horchte, doch meine Eltern schwiegen. Ich musste wohl unvorbereitet hineingehen.
    Ich schob die Tür auf und erblickte etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte: meine Mutter und meinen Vater in ein und demselben Zimmer.
    Meine Mutter saß auf dem Sofa und umklammerte mit den Händen ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit, während mein Vater von ihr abgewandt vor dem Fenster stand und mit hinter dem Rücken verschränkten Händen hinausstarrte. Er drehte sich nicht zu mir um, als meine Mom meinen Namen ausrief und aufsprang, wobei etwas von ihrem Drink über den Rand des Glases schwappte. Offenbar hatte sie eigentlich zu mir laufen wollen, um mich mütterlich zu umarmen und abzuküssen, aber der Ausdruck auf meinem Gesicht schien sie davon abzuhalten.
    »Du hast ihr Alkohol gegeben?«, schrie ich den Rücken meines Vaters an und war so außer mir, dass ich das Gefühl hatte, jeden Moment in tausend Stücke zu zerspringen.
    Dad wandte sich um, und sein bohrender Blick ließ mich verstummen. Es war keine Magie im Spiel, nur die erdrückende Last seiner Missbilligung. Objektiv betrachtet sah er noch immer jung genug aus, um der Sohn meiner Mutter zu sein – sie war nicht gerade würdevoll gealtert –, doch die elterliche Autorität in seinem

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