Rosendorn
deprimierende Liste von Wünschen, und ich war drauf und dran, in Selbstmitleid zu versinken, als ich plötzlich einen Geistesblitz hatte. Unter keinen Umständen würde ich all das bekommen, was ich wollte, aber vielleicht könnte ich ja zumindest
ein paar Ziele
erreichen.
Mom hatte deutlich gemacht, dass sie mich aus Avalon herausholen wollte. Dad hatte ihr zwar schon einen Haufen Steine in den Weg gelegt, doch ich bezweifelte, dass sie bereit war, so einfach aufzugeben. Was sie allerdings bei ihren Plänen ganz sicher nicht bedacht hatte, war die Möglichkeit, dass ich mich auf die Seite meines Dads schlagen und dass es mein Wunsch sein könnte, in Avalon zu bleiben.
Was würde sie mir versprechen, was würde sie tatsächlich
tun,
wenn ich mich selbst als Druckmittel verwendete? Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden.
Ich grübelte nicht lange nach, ehe ich den Telefonhörer in die Hand nahm, die Liste der eingegangenen Anrufe durchging und die Nummer des
Hilton
fand.
Mom klang deutlich betrunkener, als sie sich nun meldete. »Hallo?«
»Hi, Mom.«
»Dana! Süße, ist alles in Ordnung?«
»Ja, alles in Ordnung.« Ich hätte beinahe gelacht. Wem machte ich etwas vor? »Ich habe einen Vorschlag für dich, und ich möchte, dass du mir zuhörst, bis ich dir alles erzählt habe.«
Sie zögerte. »Okay«, stimmte sie schließlich argwöhnisch zu.
Ich holte tief Luft, ehe ich fortfuhr. »Du wirst mich nie aus Avalon wegbringen können, wenn ich nicht mit dir zusammenarbeite.«
»Dana!«, flüsterte sie schockiert.
»Vergiss nicht, dass du versprochen hast, mir zuzuhören.« Na ja, vielleicht war »versprochen« ein zu starker Ausdruck, aber es überzeugte Mom genug, um zurückzurudern.
»Also gut«, entgegnete sie mit bebender Stimme.
»Ich werde mit dir nach Hause kommen – doch du musst mir hoch und heilig versprechen, dass du dich in eine Entzugsklinik einweisen lässt, sobald wir zurück sind. Und wenn du jetzt leugnest, ein Alkoholproblem zu haben, dann werde ich auflegen und nicht mehr nach Hause zurückkommen. Niemals!«
Ich konnte fast spüren, wie verzweifelt meine Mutter sich wünschte, mir wieder die alte Lüge aufzutischen, mir wieder zu erklären, dass sie kein Problem hätte. Aber ich glaube, es drang selbst bis in ihr umnebeltes Gehirn vor, wie todernst es mir war. Bisher war mein Leben in Avalon ätzend gewesen. Doch nachdem Mom nun hier war und mich eindrucksvoll daran erinnerte, wie es war, mit ihr zusammenzuleben, war ich mir nicht mehr so sicher, ob mein Leben zu Hause weniger ätzend war. Es war nur anders schlimm.
»Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich mich in eine Entzugsklinik einweisen lasse, sobald wir nach Hause kommen. Aber bitte, komm mit mir zurück. Ich brauche dich. Und egal, was auch passiert, Baby, ich liebe dich. Du weißt doch
,
dass ich dich liebe – mehr als alles andere auf der Welt.«
Ich holte noch einmal lange, bedächtig und tief Luft und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Hätte ich meiner Mom tatsächlich glauben können, dass sie ihr Versprechen hielt, wenn ich ihr nicht die sprichwörtliche Pistole auf die Brust gesetzt hätte? Verdammt, nein. Aber vielleicht, ganz vielleicht drang ich ja diesmal zu ihr durch. Dieses Mal würde sie vielleicht wirklich den Entzug machen, trocken werden, wieder menschlich werden. Wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass mein Plan funktionierte,
musste
ich es versuchen.
Natürlich würde es eine schwere Geburt werden, aus Avalon zu verschwinden – selbst wenn ich mitarbeitete. Eigentlich hatte ich im Augenblick noch keinen Schimmer, wie ich es überhaupt anstellen sollte. Doch ich war fest entschlossen, einen Weg zu finden.
»Gut, Mom«, sagte ich. »Ich werde mit dir nach Hause kommen. Aber ich muss erst noch ein paar Dinge erledigen.« Ich hatte nicht vor, ihr die Liste mit den Hindernissen vorzulesen, die zwischen mir und der Freiheit standen. Wahrscheinlich würde sie sowieso weitertrinken, sobald ich aufgelegt hatte, doch es bestand kein Grund, bewusst noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
»Damit meinst du deinen Vater«, stellte sie mit einem Hicksen fest.
»Ja, das ist eine der Angelegenheiten, um die ich mich kümmern muss«, entgegnete ich.
»Falls Seamus Stuart glaubt, er könnte meine Tochter von mir fernhalten, ist er auf dem Holzweg!«
Ja, genau. Als wäre Mom in der Verfassung, Dad entgegenzutreten.
»Bitte, Mom. Ich kümmere mich um Dad. Ich glaube, ich weiß, wie ich ihn dazu
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