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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zumute, aber du
machst jetzt deine Übungen. Du machst dich locker. Du reißt dich
zusammen, und dann tust du, was du zu tun hast: Du machst dich auf
die Suche. Der Eckenpinkler ist im Vorteil, er hat die besseren
Karten, aber er hat noch nicht gewonnen.
    Sie
stapfte auf den Eingang des Hotels zu und öffnete die Tür zum
Gastraum. Außer einem dünnen, rotgesichtigen Mann, der an der Theke
vor seinem Bier saß, war niemand zu sehen. Der Mann hatte
Arbeitskleidung an und trug einen Hut aus Kunstleder. Eine Zigarette
klemmte zwischen seinen Fingern, eine andere verglühte im
Aschenbecher neben dem leeren Schnapsglas.
    «Ist
hier gerade ein Mann reingekommen?», fragte Anna. «Um die sechzig,
dunkle Haare, bulliger Typ.»
    Der
Kunstlederhut drehte sich schwerfällig zu ihr um. Sein
    Blick
war glasig. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, Anna in die
Augen zu schauen. Er starrte gleich auf ihren Busen.
    «Enschulljung?»,
fragte er mit schwerer Stimme.
    «Ich
habe gefragt, ob hier vor kurzem ein Mann reingekommen ist?»
    «Nee,
war keiner da», sagte er und glotzte weiter.
    «Wollen
Sie mal anfassen?», fragte Anna.
    «Hä?»
Der Kopf des Mannes wankte vor Überraschung.
    «Nichts!»,
sagte Anna. «Schade, dass man Bier nicht flicken kann!»

    Sie
verließ das Hotel und schaute nach rechts.
    Ortmanns
Wagen war nicht bewegt worden. «Was ist jetzt mit dir?», fragte
Anna leise. «Spielst du Verstecken mit mir?»
    Sie
überquerte den Parkplatz und folgte der schmalen, abschüssigen
Straße, die angeblich in einer Sackgasse endete.
    Ein
Mann und ein etwa zehnjähriges Mädchen kamen ihr entgegen. Sie
schoben ihre Fahrräder den Hügel hinauf. Das Mädchen schnaufte.
    «Entschuldigung»,
sagte Anna, «können Sie mir sagen, wo die Straße hinführt?»
    Die
beiden blieben stehen.
    «Da
runter?», sagte der Mann. «Da geht's auf den Radweg!»
    «Und
in den Tunnel!», ergänzte das Mädchen. «In den Tunnel?», fragte
Anna.
    «Ja»,
sagte der Mann. «Früher gab es hier eine kleine Bahnstrecke, die
schon vor Jahrzehnten stillgelegt wurde. Die Schienen hat man
abgebaut, jetzt ist der alte Milseburgtunnel ein Teil des Radwegs.
Sie müssen ihn sich wirklich anschauen. Er ist kaum breiter als drei
Meter, aber über einen Kilometer lang.»
    «Und
dunkel und gruslig», sagte das Mädchen und riss vor Begeisterung
die Augen auf. «Da gibt es sogar Fledermäuse. Und einen Riesen.»
    Anna
lachte. «Einen Riesen auch noch?»
    «Das
hat die Kleine gerade im Religionsunterricht gelernt», sagte der
Mann. «Aber wir halten Sie sicher nur auf!»
    «Nein,
überhaupt nicht!», sagte Anna und warf einen Blick auf die Ausfahrt
des Hotelparkplatzes.
    «Hier
auf dem Berg hat nämlich der böse Riese Müs gewohnt»,
erzählte das Mädchen. «Der war mit dem Teufel im Bund. Dann kam
der heilige Gangold und hat ihn besiegt. Und der Riese hat sich das
Leben genommen. Da hat ihn dann der Teufel unter den dicken Felsen
begraben.»
    «Das
ist ja ziemlich aufregend», sagte Anna.
    «Ja,
und fast hätten wir auch noch einen Unfall gebaut.»
    «Nun
übertreib mal nicht», sagte der Vater. Und als Anna ihn fragend
ansah: «Am anderen Ende des Tunnels hat es einen Felssturz
gegeben. Wir werden auf dem Rückweg auf der Polizeistation in
Hilders Bescheid sagen. Es liegen ein paar große Brocken auf der
Strecke.»
    «Die
hat bestimmt der Teufel geworfen», sagte Anna.
    Das
Mädchen schaute sie mit offenem Mund an. Dann lachte es: «Aber den
Teufel gibt's doch gar nicht!»
    «Ist
Ihnen gerade jemand begegnet?», fragte Anna. «Ein Fußgänger im
schwarzen Anzug?»
    «Nein»,
sagte der Mann und zeigte auf die dunkle Wolkenfront, die sich
am Himmel gebildet hatte. «Es ist Regen angesagt, da bleiben die
Leute lieber zu Hause.»
    «Los,
Papa», sagte das Mädchen. «Ich will auch nicht nass werden.»
    Anna
sah den beiden nach, die ihre Räder den Berg hinaufschoben,
schließlich aufstiegen und hinter einer Kurve verschwanden.
    Langsam
ging sie die kleine Anhöhe zum Parkplatz hinauf. Hinter einem Baum
blieb sie stehen. Sie spähte hinüber zu dem Weg zwischen den beiden
Wirtschaftsgebäuden. Der schwarze Cayenne stand immer noch dort.
Plötzlich merkte Anna, wie sich ihr Nacken versteifte. Sie meinte,
im Innenraum hinter den getönten Scheiben eine Bewegung und ein
kurzes Leuchten bemerkt zu haben. Es war, als habe sich jemand eine
Zigarette angesteckt. Dann war sie sicher: Ortmann saß in
seinem Porsche und rauchte.
    Anna
duckte sich und lief zu ihrem Wagen.

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