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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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auch wenn es schwerfiel. Marie sollte sehen, wie viel Spaß das brachte und wie hilfreich es für das Selbstwertgefühl war. Tja, nun war Knotschi weg.
    Wieder kam frischer Kaffee, das wurde auch Zeit, und wieder frische Baguettes. Marie hatte Glück, denn dank ihrer exponierten Position direkt an der Wand vor dem Holzschanktisch war sie dieses Mal diejenige, die die Folie vom Tablett entfernen konnte. Sie überblickte es konzentriert und entschied sich für ein halbes Käsebaguette. Doch als sie sich vor dem Hineinbeißen den Brötchenbeleger vom Dienst vorstellte und die Wahrscheinlichkeit, dass er sich nach jedem Toilettengang die Hände wusch, legte sie es wieder aufs Tablett.
    Nur noch neun Komparsen lungerten herum. Es waren Leseplätze frei, Lesen war aber mittlerweile abwegig geworden, denn um diese Stunde wurden Intimitäten ausgetauscht, die Marie sich gerne anhörte, solange sie sich nicht selbst in dieses nutzlose Geseiere einbringen musste. Selbst die Grammattos und Hühner wurden mit einemmal menschlich. Ein fünfzigjähriger Pfleger erzählte, er besuche normalerweisemittwochs seinen Töpferkurs. Den habe er als Therapie verschrieben bekommen. Eine Russin sagte indes, ihr helfe immer Putzen. Wobei denn helfen?, dachte Marie. Gehen die hier alle zu einer Therapie? Am Ende ist es normal, sich therapieren zu lassen!
    Ein Arzt, der aussah wie ein entlaufener Kinderschänder, fragte in die Runde, in welchem Takt die S-Bahn fahre, und bekam verschiedene Antworten. Kann man nur hoffen, dass alle Kinder schon zu Hause sind, wenn der zur S-Bahn geht, dachte Marie. Sie bekam große Lust, jetzt sofort mit einer Freundin in eine verrauchte Cocktailbar zu gehen und Zwanzig-Euro-Cocktails zu trinken.
    Letzte Einstellung. Der Regisseur erklärte ihr, sie sei unheimlich sauer auf die Hauptdarstellerin, die hier vier Jahre lang hochgestapelt habe. Marie war fünfzehn Mal sauer auf die Hochstaplerin. Ihr Kitteltaschendaumen war schon so professionell, dass er automatisch nonchalant und stinksauer nach unten zeigte. Frau Dr. Mager-Wichtig, die Anorexe, hatte beleidigt ihr Handy ausgestellt und gab dem Regisseur einige Regieanweisungen, zum Beispiel dass es sicher besser sei, sie laufe von rechts nach links statt umgekehrt und insgesamt etwas langsamer. Der Regisseur, ein untersetzter Mann mit Brille, nicht geneigt loszubrüllen, machte weiter seine Arbeit. Marie hätte schwören können, dass die Anorexe beinahe gesagt hätte, so könne sie nicht arbeiten und überhaupt sei sie hier nur von Schwachmaten umgeben.
    Das Team dankte den Komparsen, die wieder einmal Großes geleistet hätten. Da hat es recht, das Team, dachte sie.
    Marie betrat die Garderobe und stieg in ihre Jeans. Gott, sah es hier aus – nicht auf einer einzigen Kleiderstange waren die Sachen nach Farben sortiert. In einer Kiste lagen kreuz und quer mindestens einhundert Paar weiße Socken. Marie war froh, diesen Schlampenpfuhl in Kürze verlassenzu dürfen. Sie bedankte sich bei der liederlichen Garderobiere für die nette Betreuung, was sie sogleich bereute, weil nette Betreuung seitens der Garderobiere ja wohl das Mindeste war, und ging zu dem hoffnungsvollen Mädchen, das für die Komparserie zuständig war. Der Gagenzettel musste noch ausgefüllt und unterschrieben werden.
    Eine kleine Schlange hatte sich gebildet, und sie kam noch einmal mit Schwester Monika ins Gespräch. Monika gab, da sie nicht mehr arbeiten durfte, seit ein paar Monaten Gitarrenunterricht und war außerdem im Begriff, mit ihrem Mann zusammen eine kleine Galerie aufzubauen. Ah, dachte Marie, noch so eine bescheuerte, sinnlos vor sich hin dümpelnde kleine Galerie mit Kindergekrakel von Erwachsenen und begleitendem Aromakaffee-Ausschank. Sie wünschte Monika alles Gute für die Entbindung, die Galerie und überhaupt alles und wimmerte ein bisschen, weil jetzt alle nach Hause gingen, vorbei an der Pathologie, die vielleicht nur heute wegen des Feiertags geschlossen war.
    Übermorgen würde Marie zu ihrer ersten Psychotherapiesitzung gehen – Martin hatte das ungefragt für sie organisiert. Und obwohl Marie fand, das sei eigentlich zu viel Einmischung vonseiten eines Ehemannes in die inneren Angelegenheiten seiner Frau, wollte sie es versuchen. Sie glaubte zwar nicht, dass ihr das irgendwie helfen könne, und wünschte im Grunde auch nicht, dass jemand ihr ihre beständige Todessehnsucht nahm, aber schließlich war es für Martin und besonders die Kinder eine Zumutung, dass Marie

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