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Rot Weiß Tot

Titel: Rot Weiß Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Salomon
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helfen?«, fragte ihn eine der beiden Kellnerinnen, die identische schwarze Kleider und weiße Schürzchen trugen und sich mit den Jahrzehnten in dem Lokal auch sonst ähnlich wie Schwestern geworden waren.
    »Nein danke.«
    Albin hatte Gregoritsch schon entdeckt. Der Lektor kauerte in einer Fensternische im hintersten Teil des Cafés. Offenbar hatte er seine Krankheit noch nicht ganz überwunden. Er sah schlecht aus. Sein Schädel kam Albin größer vor als beim letzten Mal. Seine Haut schien dünner geworden zu sein und die Falten in seiner blassen Stirn waren gerötet. »Danke für die Zeit, die Sie sich nehmen«, sagte Albin, als er ihm gegenüber Platz nahm. »Nichts zu danken.« Gregoritschs Blick war leicht wässrig. »Ich habe mich aufgedrängt. Diese Sache mit Marko geht mir doch sehr an die Nieren.«
    Das klang ehrlich. Albin nickte. »Es geht um das tote Schwein auf der Luftmatratze.«
    »Dahinter verbirgt sich kein großes Geheimnis.«
    »Irgendwo muss sich ein Geheimnis verbergen, und dieses Schwein taucht immer wieder auf.«
    »Es war ein Wettbewerb, den wir alle drei nicht richtig ernst genommen haben. Zimmermann noch am ehesten. Ich traue ihm zu, dass er heimlich daheim gesessen und Seite um Seite geschrieben hat. Irgendwann dürfte ihm selbst gedämmert haben, dass er Mist produziert. Markovics war von Anfang an nicht dafür zu begeistern. Er hat überlegt, ob er einen Werbefilm mit so einem Schwein machen könnte, doch dafür war es zu ungustiös.«
    »Und Sie? Haben Sie mit dem Roman angefangen?«
    Gregoritsch lachte. »Mit mir und der Kunst ist es wie gesagt ein Dilemma. Ich habe Ideen, aber ich mache keine Literatur daraus. Obwohl ich das einmal wollte. Mit siebzehn, in dem Alter, in dem alle Dichter werden wollen. Es wurde nichts daraus. Vielleicht mangelte es mir an Engagement, vielleicht auch an Schmerz.«
    »Das Schwein war Ihr allerletzter Versuch?«
    »Das wäre zu viel gesagt. Es war nur ein Denksport. Ich habe kein Wort geschrieben, nur ein bisschen herumkonstruiert. Auch da bin ich nicht weit gekommen.«
    »Zimmermann hat mir Ihre Version erzählt.«
    »Die Mafia-Variante. Sie ist zu plump. Vor kurzem habe ich eine bessere Version entwickelt: Ein Mann fühlt sich von der Welt vergessen. Er will seine Umgebung durch verstörende Inszenierungen aufrütteln. Er legt das Schwein mit der aufgeschlitzten Kehle auf eine Luftmatratze und lässt es über den See treiben. Doch es funktioniert nicht. Die Dumpfheit der Menschen scheint undurchdringlich. Schließlich beginnt er zu morden. Selbst das bleibt unbeachtet. Also werden seine Taten immer grauenvoller.«
    »Das klingt wirklich gut.«
    »Nicht wahr? Richtig erzählt gäbe das einen spannenden Krimi ab.«
    »Warum schreiben Sie ihn nicht?«
    »Ich habe die Idee gerade wieder ausgeplappert, statt ein Kunstwerk daraus zu machen. Anscheinend ist das ein Prinzip meines Lebens. Es ist wohl zu spät, das noch zu ändern.«
    »Picasso hat mit achtzig noch die ganze junge Generation in den Schatten gestellt. Sie sind noch nicht einmal sechzig.«
    Gregoritsch zuckte die Schultern. »Solche Sprüche hatte ich mit fünfundzwanzig auch im Repertoire. Ich brauche keinen Trost. Ich lebe in dem Gefühl, die Dinge getan zu haben und noch zu tun, die ich immer tun wollte.«
    »Kennen Sie jemanden, der sich von der Welt vergessen fühlt?«
    »Schauen Sie sich um. Warum gehen die Menschen in Kaffeehäuser? Weil sie sich daheim von der Welt vergessen fühlen. Manche, wie wir beide, werden sogar in Kaffeehäusern von ihr vergessen. Seit zehn Minuten warte ich auf die Kellnerin.« Er winkte in Richtung des lächelnden Cafetiers hinter der Kasse.
    Albin lachte nur der Form halber über Gregoritschs Ironie. »Ich befasse mich nun schon seit einigen Tagen mit den Heidentor-Morden, doch ich kann mir noch immer nicht den geringsten Reim darauf machen«, grübelte er.
    Gregoritsch ließ den gläsernen Aschenbecher zwischen seinen Fingern kreisen. »Vielleicht sind Ihre Überlegungen einfach zu trivial. Ich zum Beispiel dachte bei dem Mord an Olga Dacia sofort an eine künstlerische Installation.«
    »Wer könnte etwas so Abartiges tun?«
    Gregoritsch stellte den Aschenbecher hin und lehnte sich wieder zurück. »Was nehmen Sie?«, fragte er.
    Albin hatte die Kellnerin übersehen, die mit Block und Bleistift neben ihnen stand.
    »Sie müssen den Apfelstrudel probieren«, sagte Gregoritsch. »Manchmal sind die Äpfel zu roh. Dann zerfällt der Strudel beim Anstechen. Heute

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